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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Alibi ist am wackeligsten. Es ist durchaus denkbar, dass er dieses Kaffibrennslan kurz verlassen, Harald umgebracht und sich dann wieder mit seinem Drink an die Theke gesetzt hat.«
    »An denselben Platz? Im Kaffibrennslan an einem Samstagabend? Wohl kaum«, entgegnete Hugi spöttisch.
    »Und dir fällt sonst niemand ein?«, fragte Dóra.
    Hugi blähte die Wangen und pustete die Luft langsam wieder aus. »Vielleicht jemand von der Uni. Ich weiß es nicht. Oder jemand aus Deutschland.« Er achtete darauf, Matthias nicht anzusehen, während er das sagte, so als sei Matthias überempfindlich, wenn es um seine Landsleute ging. »Ich weiß, dass Harald an diesem Abend etwas feiern wollte. Das hat er mir gesagt. Er wollte Haschisch von mir kaufen, zur Feier des Tages oder so.«
    »Oder so?«, fragte Matthias brüsk. »Du musst konkreter werden. Was hat er genau gesagt?«
    Hugi war verärgert. »Konkreter? Ich kann mich nicht richtig erinnern; es hing mit etwas zusammen, das er endlich gefunden hatte. Er schrie irgendwas auf Deutsch und ballte die Faust. Dann umarmte er mich, drückte mich ganz fest an sich und sagte, ich müsse ihm Ecstasy besorgen, weil er so super Laune hätte und richtig einen draufmachen wolle.«
    »Und dann habt ihr die Party verlassen?«, fragte Dóra. »Nachdem er dich umarmt und nach Ecstasy gefragt hat?«
    »Ja, kurz danach. Ich war schon total durcheinander; ich hatte zu viel getrunken und versucht, mich mit Speed wieder runterzubringen, hat aber nicht funktioniert. Es war alles viel zu viel. Jedenfalls haben wir ein Taxi zu mir nach Hause genommen und ich kann mich nur dran erinnern, dass ich kein Ecstasy finden konnte; ich war total fertig und hätte sogar Schwierigkeiten gehabt, Milch im Kühlschrank zu finden. Harald war ziemlich sauer auf mich und redete davon, was für ein Schwachsinnstrip das Ganze sei. Ich weiß noch, dass ich mich aufs Sofa legte, weil sich vor meinen Augen alles drehte.«
    Dóra fiel Hugi ins Wort. »Hast du gesagt, du hättest ihm kein Ecstasy gegeben?«
    »Ich hab’s nicht gefunden«, entgegnete Hugi. »Ich war drauf, hab ich doch gesagt.«
    Dóra warf Matthias einen Blick zu, sagte aber nichts. Dem Obduktionsbericht nach waren in Haralds Blut Spuren von Ecstasy gefunden worden. Er musste es also irgendwann genommen haben. »Ist es möglich, dass er schon früher am Abend was genommen hatte? Oder bei dir zu Hause was gefunden hat, nachdem du eingeschlafen warst?«
    »Bei der Party hat er kein Ecstasy genommen, ausgeschlossen. Er kann auch bei mir zu Hause nichts aufgetrieben haben, denn die Bullen haben das Zeug bei der Hausdurchsuchung in meiner Abstellkammer entdeckt. Ich hatte es da versteckt und hatte den Schlüssel in der Hosentasche. Harald hätte wohl kaum in der Abstellkammer gesucht; er wusste wahrscheinlich überhaupt nicht von ihr. Vielleicht ist er nach Hause gefahren und hat da was genommen. Warum wollt ihr das alles wissen?«
    »Bist du sicher, dass Harald nicht in deine Tasche gegriffen und den Schlüssel rausgeholt hat? Vielleicht weißt du es nicht mehr genau, aber du könntest dich ja an die Abstellkammer erinnert und ihm davon erzählt haben?«, fragte Matthias. »Versuch dich zu erinnern. Du liegst auf dem Sofa und alles dreht sich – und was dann?«
    Hugi schloss die Augen und versuchte krampfhaft, sich zu erinnern. Auf einmal schlug er die Augen auf und schaute die beiden verwirrt an. »Doch, ich erinnere mich. Ich hab nichts gesagt, aber Harald. Er hat mir was ins Ohr geflüstert. Ich erinnere mich dran, dass ich ihm unbedingt antworten und ihn bitten wollte, auf mich zu warten, aber es ging nicht.«
    »Was? Was hat er gesagt?«, fragte Matthias ungeduldig.
    Hugi schaute sie zweifelnd an. »Vielleicht bringe ich da was durcheinander, aber ich glaube, er hat gesagt: Schlaf schön, mein Lieber. Wir feiern das später. Ich bin nach Island gekommen, um die Hölle zu suchen, und weißt du was? Ich hab sie gefunden! «

14. KAPITEL
    »Benimm dich nicht so idiotisch.« Marta Maria spitze die Lippen und blies eine lange Rauchsäule aus. Sie klopfte die Asche der halbgerauchten Zigarette in den Aschenbecher. Dann drückte sie die Zigarette aus; sie hatte genug. »Damit machst du alles nur noch schlimmer. Glaub bloß nicht, du würdest damit irgendjemandem einen Gefallen tun.« Sie schaute den jungen Mann, der auf dem Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches saß, oder besser gesagt hockte, verärgert mit ihren grünen, mandelförmigen Augen

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