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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Nilpferde?«
    Matthias richtete seinen Blick von der Straße auf Dóra. »Sind Sie eifersüchtig?«, fragte er spöttisch.
    »Sind Sie betrunken?«, blaffte sie zurück.
    Schweigend fuhren sie durch die Lava auf den Pass zu. Dóra betrachtete durch die Fensterscheibe die Landschaft. Auch wenn ihr vielleicht nicht viele Leute zustimmen würden, war dies für sie eine der schönsten Gegenden des Landes, vor allem im Sommer, wenn das grüne Moos hell leuchtete und die weichen Umrisse der bemoosten Hügel einen krassen Gegensatz zu der scharfkantigen Lava bildeten. Jetzt war die Gegend tief im Schnee versunken und die Konturen verwischten. Es war nicht ganz so beeindruckend wie im Sommer, aber dennoch lag eine Ruhe über der Landschaft, die Dóra verzauberte. Sie durchbrach das Schweigen. »Ist es nicht wunderschön hier?«
    Matthias wendete seinen Blick für einen Moment von der Straße ab und betrachtete die Umgebung. Es war so gut wie kein Verkehr. »Sehr.« Er lächelte ihr zu, so als wolle er Frieden schließen.
    »Wir sind wohl nicht gerade die besten Kollegen«, bemerkte sie und dachte an die vielen kleinen Streitigkeiten, die sie in der kurzen Zeit schon gehabt hatten. »Vielleicht sollten wir eine neue Taktik ausprobieren.«
    Er lächelte ihr wieder zu. »Finden Sie? Ich bin wunschlos glücklich. Sie sind eine wesentlich nettere Gesellschaft, als ich in meinem Beruf gewöhnt bin. Immer nur Männer, und die wenigen Frauen, mit denen ich zu tun habe, sind so affektiert, dass ihre Fassade zu bröckeln beginnt, wenn man sie nur antippt.«
    Jetzt musste Dóra lächeln. »Sie sind allerdings auch besser als Bella, das muss ich zugeben.« Sie verstummte. »Beantworten Sie mir eine Frage. In der Mappe war ein Ausschnitt aus einer deutschen Tageszeitung, in dem es um den Tod einiger junger Leute bei dieser sexuellen Würgepraktik ging. Warum haben Sie den Artikel in die Mappe getan?«
    »Tjaaa.« Matthias zog das Wort in die Länge. »Ein Unding. Einer der Leute, die in dem Artikel erwähnt werden, war ein guter Freund von Harald. Sie haben sich an der Uni in München kennen gelernt und waren wohl so etwas wie Seelenverwandte. Beide haben sich mit diesem Unsinn beschäftigt. Ich weiß nicht, wer von beiden dieses merkwürdige Spielchen eingeführt hat, aber Harald schwor, sein Freund hätte damit angefangen. Harald war dabei, als der junge Mann starb. Eine Zeit lang wurde er ausgiebig verhört und steckte in erheblichen Schwierigkeiten. Es ist eine Schande, aber ich glaube, er hat sich von einer Strafverfolgung freigekauft. Sie haben vielleicht eine größere Auszahlung aus dieser Zeit bemerkt, die besonders markiert ist?« Dóra bejahte. »Ich habe den Artikel abgeheftet, weil Harald erwürgt wurde. Es könnte möglicherweise von Bedeutung sein. Wer weiß – es ist zwar fragwürdig, aber durchaus denkbar, dass er auf die gleiche Weise starb wie sein Freund.«
    Sie parkten den Wagen vor der Umzäunung am Gefängnis Litla-Hraun und gingen zum Gästeeingang. Ein Gefängniswärter brachte sie in einen kleinen Warteraum in der ersten Etage. »Wir dachten, Sie könnten sich hier aufhalten. Sie werden sich in diesem Raum wesentlich wohler fühlen als im Verhörzimmer«, erklärte er. »Hugi verhält sich ruhig und sollte Ihnen keine Probleme bereiten. Er kommt gleich.«
    »Vielen Dank, das ist gut«, sagte Dóra und betrat den Raum. Sie nahm auf einem braunen Ledersofa Platz und Matthias setzte sich direkt neben sie. Dóra wunderte sich über seine Platzwahl, da es genug Stühle gab.
    Matthias schaute sie an. »Wenn Hugi gegenüber von uns Platz nimmt, sitzen wir am besten so. Ich möchte ihm direkt ins Gesicht sehen.« Er hob zweimal kurz die Augenbrauen. »Außerdem fühlt es sich richtig gut an, so dicht neben Ihnen zu sitzen.«
    Dóra konnte darauf nicht mehr antworten, denn die Tür öffnete sich erneut und Hugi þórisson erschien in Begleitung eines Gefängniswärters. Dieser hatte eine Hand auf die Schulter des jungen Mannes gelegt, der niedergeschlagen vor sich hin starrte. Der Wärter führte ihn durch die Tür. Hugi trug Handschellen. Er kam Dóra so harmlos vor, dass ihr diese Maßnahme völlig überflüssig erschien. Erst als der Wärter Hugi ansprach, blickte der Junge auf. Er strich sich das dichte Haar mit beiden Händen aus den Augen und Dóra sah, dass er sehr hübsch war. Hugi sah ganz anders aus, als sie sich vorgestellt hatte. Er wirkte eher wie 17 als wie 25, hatte dunkle Augenbrauen und große Augen,

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