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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kowa
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konnte man mit der richtigen Software die Datenbereiche vergleichen und eine Masterkarte bauen, die Zugriff auf alle Kabinen des Schiffes bot.
    Deswegen hatte er den Bordausweis am Pool mitgehen lassen. Die Amerikanerin würde an der Rezeption einen neuen bekommen. Und sein eigener Ausweis war der zweite, den er zum Abgleich der Daten brauchte. Eine halbe Stunde später hatte Pandera die Ausweise umprogrammiert. Nun besaß er Zugangsberechtigung für das gesamte Schiff. Sogar die Kabine des Kapitäns hätte er damit betreten können, doch der interessierte ihn nicht, das war eh nur ein besserer Busfahrer im weißen Anzug.
    Noch eine halbe Stunde später hatte er Arnold überzeugt, seine Kollegen nach Simon Kunens Zimmernummer zu fragen. Arnold war so erfreut gewesen, den Kommissar wiederzusehen, dass er sich ohne Zögern darauf eingelassen hatte. Das einzige Problem war, dass der Steward warten musste, bis die Passagiere zu Bett gegangen waren, denn erst dann trafen sich die Bediensteten in ihrem Aufenthaltsraum tief unten im Schiff, um nach dem langen Arbeitstag ein wenig zu entspannen.
    Gegen ein Uhr in der Nacht kam Arnold zurück und brachte Pandera einen Whisky Sour. Unter dem Glas lag ein Zettel.
    Der Kommissar sah ihn erwartungsvoll an. »Haben Sie es geschafft?«
    Arnold strahlte Pandera an und sprudelte los. »In einer Kabine ist junges, lustiges Paar, das will heirate, aber beide Eltern dagege «, habe er zu den anderen gesagt. » Sie wille heirate spontan auf Schiff, aber sie katholisch und sie mich gefragt, ob Priester an Bord. Weiß einer, ob Priester da? – Bei mir einer, der hat Priestergewand in Schrank , sagt Kollege. Aber sieht nicht aus wie ein Priester, mehr wie Schwarzenegger ohne Haare. Kann sein, diese Priester habe komische Bart um Mund?, frage ich und Kollege habe genickt. – Und wie heiße? , ich frage. Dann ich kann bitte, zu traue Paar.«
    » Und was hat er gesagt?«, fragte Pandera.
    »Das Antwort.« Arnold zeigte auf den Zettel.
    Pandera nahm ihn. Soliere, Zimmer 434 stand darauf.
    Soliere. Ist das nicht der Name, den Tamara mir genannt hat?
    Pandera bedankte sich und wollte Arnold ein Trinkgeld geben.
    »Reise immer noch nicht zu Ende«, sagte Arnold und lehnte ab.
    Pandera lächelte. »Stimmt, vielleicht brauche ich dich noch einmal.« Er nippte an dem Whisky Sour. Der Drink schmeckte verdammt gut, aber Pandera wollte lieber nüchtern bleiben. Denn jetzt konnte es endlich losgehen.

79
    Der Wind peitschte über die See, als sei er auf der Jagd. Wem hetzte er hinterher? Der schon lange untergegangenen Sonne? Oder den Menschen, den Feinden der Natur?
    Der Mensch war für die Natur zu mächtig geworden, er hatte Schiffe gebaut, die selbst im stärksten Sturm nicht mehr untergingen. Die MS Atlantis war ein solches Schiff, groß, wuchtig und unsinkbar, sofern man das nach der Titanic noch von einem Schiff behaupten konnte. Außerdem war das Mittelmeer nun mal kein Ozean mit Eisbergen, sondern eher ein Tümpel, selbst wenn die Seefahrer es früher zu den sieben Weltmeeren gezählt hatten. Aber das war schon lange Geschichte.
    Genau das war es, was den Mittelmeerraum heute noch auszeichnete: seine Vergangenheit. Die große Herrscher, große Kulturen und große Religionen hervorgebracht hatte. Simon Kunen spürte, dass es nicht der Zufall gewesen war, der ihn hierhergeführt hatte.
    Er klappte das Revers seines Jacketts hoch. Es war eine kalte, eine stürmische Nacht. Eine, in der man außer dem Pfeifen des Windes und dem Schlagen der Wellen nicht viel hören konnte. Genau wie gestern stand er auf dem Oberdeck. Doch gestern war heute schon Geschichte. Er korrigierte sich. Es war Vergangenheit. Geschichte würde das werden, was er heute Nacht tun würde.
    Schon seit zwei Stunden wartete der Vikar am Heck des Schiffes. Er fragte sich, ob der Professor heute wirklich kommen würde, schließlich gab es gemütlichere Orte auf dem Schiff. Andererseits hatte Wismut wie jemand gewirkt, der das Deck nicht deshalb aufsuchte, weil es ihm gefiel, sondern weil er es musste. Weil ihn etwas bedrückte. Weil er eine Bürde zu tragen hatte. Wenigstens das hatte er mit ihm, Kunen, gemeinsam.
    Der Vikar blickte nach oben. Der dunkle Rauch des Schornsteins vermischte sich mit den dichten Wolken der stürmischen Nacht. Kein Stern war zu erkennen, kein Licht deutete darauf hin, dass über den Wolken noch jemand lebte. Doch natürlich herrschte Er dort und schaute auf die Erde und ihre Bewohner herunter. Und Er

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