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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kowa
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schaute auf ihn.
    Der Priester ließ seinen Blick wieder nach unten gleiten und erschrak. Auf dem mittleren Teil des Sonnendecks stand eine Person. Gut hundert Meter entfernt, in der Nähe der Treppen. Der Wind blies so laut, dass er ihn nicht hatte kommen hören. Der Vikar nahm sein Fernglas und betrachtete den Mann. Kein Zweifel, es war Franz Wismut, der Professor.
    Den Blick auf Wismut gerichtet, öffnete Kunen lautlos seinen Koffer und nahm das goldene Kreuz heraus. Den Koffer versteckte er unter einem der Liegestühle, die wegen des Sturms angekettet waren.
    Mit flinken Händen löste Kunen zwei Schrauben am linken Querbalken des Kreuzes und drückte diesen kräftig gegen den Längsbalken. Schon nach wenigen Millimetern löste sich die Arretierung des Querbalkens. An dessen Stelle blieb ein kleines goldenes Visier zurück. Kunen ertastete die beiden schmalen Vertiefungen an der Unterseite des Längsbalkens und steckte den abgenommenen Querbalken dort so schräg ein, dass es wie das Magazin einer Kalaschnikow vor dem verbliebenen rechten Querbalken ruhte. Daran löste er noch eine Schraube und zog den Abzug heraus. In weniger als einer Minute hatte er das goldene Kreuz in ein Maschinengewehr verwandelt.
    Natürlich hätte es auch eine normale Pistole getan, sie wäre wahrscheinlich sogar besser zu bedienen gewesen. Wer brauchte schon dreihundert Schuss in der Minute? Nur Anfänger. Er konnte zielen. Zwei Kugeln würden reichen.
    Aber eine normale Pistole hätte er weder ins Flugzeug noch an Bord bringen können. So war seine Wahl auf das Maschinengewehr Gottes gefallen. Er musste grinsen. Das Maschinengewehr Gottes. So hatte man früher den deutschen Jesuitenpater Johannes Leppich genannt. Dass es so etwas wirklich gab und nicht nur im übertragenen Sinne, dafür reichte die Fantasie der meisten nicht aus. Zumindest nicht die der Sicherheitskräfte. Und das war gut so. Er blickte auf Wismut. Der Professor stand immer noch an der Reling und betrachtete den Nachthimmel.
    Kunen entsicherte das Gewehr, strich an dem Schornstein vorbei und hastete lautlos die paar Stufen zum Sonnendeck hinunter. Von nun an war er ungeschützt. Wenn der Mann sich umdrehte, war alles verloren. Der Sturm brauste so stark, das Kunen nicht einmal seine eigenen Schritte hören konnte. Aber auch bei Totenstille wäre das schwer genug gewesen, denn er hatte einiges gelernt bei der Legion. Dazu zählte das lautlose Anschleichen. Aber nicht nur das.
    Kunen bewegte sich schnell, zwanzig, dreißig Meter in ein paar Sekunden. Dann verlangsamte er sein Tempo und duckte sich. Wismut hatte sich bewegt. Der Mann stand nun nicht mehr vorgebeugt an der Reling, sondern aufrecht. Er sah aus, als spüre er etwas. Der Vikar hielt inne, bald bemerkte er, was Wismut irritiert hatte. Erst ein, dann zwei und dann wieder ein paar Tropfen. Es begann zu regnen.
    Jetzt kam es auf jede Sekunde an. Der Professor schaute hinauf zum Himmel, danach auf seine Uhr und schließlich wieder auf das dunkle Meer. Er schien noch nicht gehen zu wollen. Der Vikar schlich weiter, durch den immer stärker werdenden Regen.
    Nur noch zehn Meter.
    Wenige Sekunden später stand sein Feind direkt vor ihm.
    Wismut drehte sich erschrocken um. Doch da richtete Kunen schon die Waffe auf ihn.

80
    Alex Pandera war kein Freund von Waffen, trotzdem beruhigte es ihn, dass sein Jackett momentan an der richtigen Stelle ausgebeult war. Schließlich wollte er nachts allein in ein fremdes Zimmer eindringen. Theoretisch hatte er nichts zu befürchten, denn außer den Sicherheitskräften durfte niemand auf dem Schiff bewaffnet sein. Doch ebenso theoretisch waren hier alle in Urlaub.
    Die Kollegen der italienischen Polizei hatten ihm nach dem Verlust seiner Dienstwaffe eine Beretta überlassen. Und da er sich als Polizist ausweisen konnte, hatte das Sicherheitspersonal des Schiffes ihm erlaubt, die Pistole an Bord zu bringen.
    Pandera fragte sich, was Simon Kunen sagen würde, wenn er mitten in der Nacht mit vorgehaltener Waffe an dessen Kabinentür klopfte. Oder wenn er sich nicht mit Anklopfen aufhielt, sondern die Tür einfach öffnete. Wäre es nicht besser, tagsüber in die Kabine zu schleichen? Wenn er Kunen überwacht hatte und sichergehen konnte, dass dieser nicht da war? Oder setzte er auf den Überraschungseffekt und hoffte, Kunen würde ihm freiwillig erzählen, was er hier tat? War das nicht viel zu naiv?
    Aber egal, wie er es anstellte: Es musste etwas geschehen. Und es würde etwas

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