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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kowa
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zu müssen, wie tief er gesunken war. Dann kamen die dunklen Stunden. Und er ergab sich. Jedes Mal.
    Er erinnerte sich daran, wie alles begonnen hatte. Wie er seine Frau kennengelernt hatte. Anna. Damals, in dieser Disco, die fast schon ein Nachtclub gewesen war. Zumindest hatte es dort Frauen gegeben, die für ein paar Scheine alles taten. Zu jener Zeit war er noch unschuldig gewesen, ein blutjunger Doktorand, unerfahren, strebsam, abgebrannt. Seine Kommilitonen hatten ihn mitgeschleppt, damit er mal etwas anderes sah als DNA-Fragmente.
    Und dann hatte er sie gesehen. Bildhübsch, exaltiert. Und so erwachsen. Dabei war sie nur ein Jahr älter gewesen als er. Aber sie schien die Stufen der Erfahrung doppelt so schnell zurückgelegt zu haben wie er. Sie hätte jeden haben können. Und doch hatte sie sich für ihn entschieden. Damals war er darauf stolz gewesen. Heute fragte er sich, warum sie es getan hatte.
    Geld konnte es nicht gewesen sein, er hatte damals nicht mal ein Auto besessen. Erfahrung? Auch die schied aus. Hatte sie eine starke Schulter zum Anlehnen gebraucht? Die hatten auch andere Männer.
    Was war es dann gewesen? Natürlich hatte er nicht übel ausgesehen, vielleicht ein bisschen bleicher als seine Freunde. Nein, sein Aussehen war nur ein Ausschlusskriterium, das genügend andere Männer auch überstanden hatten. War es vielleicht seine Naivität gewesen? Seine Unvoreingenommenheit ihr gegenüber? Erfahrene Männer hätten Anna trotz ihres blendenden Aussehens links liegen gelassen, sie wären vielleicht mit ihr in die Kiste gestiegen, mehr aber nicht. Er hingegen hatte ihr das gegeben, was sie immer gewollt hatte: Sex natürlich auch, aber vor allem Aufmerksamkeit. Ungeteilte Aufmerksamkeit.
    Er massierte sich die Stirn, sein Kopf schmerzte schon wieder. Wie immer, wenn er über die Vergangenheit nachdachte. Trotzdem, was wäre geschehen, wenn damals ein anderer Mann mit Anna mitgegangen wäre? Wenn er später vielleicht eine Frau kennengelernt hätte, die besser zu ihm passte? Die seine guten Seiten hervorgehoben hätte und nicht seine schlechten? Die ihn gestärkt hätte, die mit ihm gekämpft hätte?
    Doch Anna war anders. Intelligent und durchtrieben. Er hätte es schon am ersten Abend wissen müssen. Als sie ihn in ihre Wohnung mitgenommen hatte. Nein, es war keine Studentenbude gewesen wie seine, die er sich mit drei Kommilitonen teilte. Ein Penthouse über den Dächern der Stadt. Mit weißen Designermöbeln, goldenen Armaturen und einer Bar, die selbst eine gut trainierte Fußballmannschaft nicht an einem Abend leertrinken konnte. Das Wasserbett nicht zu vergessen, in dem sie mehr getan hatten, als nur den Rausch auszuschlafen.
    Rausch. Genau darum war es schließlich gegangen. Und darum ging es immer noch. Jeden Tag. Jede Nacht. Er fühlte sich wie Sisyphus. Anfangs merkte man den Stein gar nicht, den man auf den Gipfel mitnahm. Doch mit der Zeit wurde der Stein immer größer, und es kamen die ersten Abstürze. Er hatte sie ignoriert. Und jetzt war es zu spät, jetzt war er längst zum Sklaven geworden.
    In jener Nacht hatte alles begonnen. Mit routinierten Bewegungen hatte sie zwei Linien gezogen und ihm einen Hunderter hingehalten.
    Er hatte nicht Nein gesagt.
    Würde er heute stark bleiben? Wo er endlich zur Einsicht gekommen war, was in seinem Leben verkehrt lief? Aber warum ausgerechnet heute? War morgen nicht auch ein guter Tag, um aufzuhören? Ein letztes Mal noch über die Stränge schlagen und dann für immer Abschied nehmen? Ja, Abschied. Er musste sie verlassen, das war ihm klar geworden. Sonst würde er es nicht schaffen. Niemals!
    Er ging hinaus in die dunkle Nacht.
    Zwei Männer folgten ihm. Er hatte damit gerechnet. Ganz so dumm war die Polizei anscheinend nicht. Aber auch nicht allzu schlau. Er spazierte zum Bahnhof und betrat ihn durch den Haupteingang.
    Gemächlich ging er hinunter zu einem der Bahnsteige und stieg hinten in einen zufällig wartenden Zug mit Doppelstockwagen ein. Er liebte diese Waggons. Auf der oberen Ebene konnte man vom Bahnsteig aus nicht gesehen werden. Oben angekommen lief er los, durch mehrere Waggons, und stieg ganz vorne wieder aus, direkt neben dem zweiten Zugang zu den Gleisen. Er hastete die Treppe hinauf, lief zur Bushaltestelle und stieg in den erstbesten Bus, der gerade ankam. Von seinen Verfolgern war weit und breit nichts zu sehen.
    Kurz vor der Endstation klingelte sein Handy. Er sah auf das Display. Was wollte der Kerl jetzt noch? Er

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