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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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Kind hätten sie noch nie gesehen, und dabei meinten sie es absolut ehrlich. Die Hersteller von Babynahrung hätten ein Vermögen dafür gezahlt, wenn man es ihnen erlaubt hätte, ihre Produkte mit Roberts Foto zu schmücken.

    Wenn es überhaupt jemanden gab, der das Baby Robert noch mehr liebte als seine Eltern, dann war es die kleine Natasha, die gar nicht mehr so klein war. Fest stand, dass sie nicht nur eine talentierte Sportlerin war, sondern auch über eine hohe Intelligenz verfügte. Und besonders erfolgreich war sie darin, ihre Eltern um den Finger zu wickeln. Meistens bekam sie von ihnen, was sie wollte.
    Und nun wollte sie sich um ihren kleinen Bruder kümmern.
    Nun ja, natürlich wollte sie nicht komplett seine Pflege übernehmen - das wäre gar nicht gegangen. Und alles, was mit Windelwechseln zu tun hatte, war ihr ein ausgemachtes Gräuel. Aber sie wollte Robert anziehen, ihn im Kinderwagen spazierenfahren und mit ihm spielen. Und nachdem sich Myras anfängliche Bedenken gelegt hatten, ließ sie ihrer Tochter den Willen.
    Natasha stellte sich überaus geschickt an. Wenn Robert weinte oder auch mal kräftig brüllte, schien sie genau zu verstehen, was dem Baby fehlte. Sie diente gewissermaßen als seine Dolmetscherin, die der Mutter sagen konnte, was er gerade brauchte. Und wenn Myra dann den Kleinen übernahm, führte Natasha ihr eigenes, ausgefülltes Leben. Sie ging zur Schule, schwamm täglich im Pool oder hing einfach nur mit ihren Freundinnen herum. Manchmal kombinierte sie beides, das Schwimmen und ihre Freundinnen, und dann war der Pool auf dem Anwesen der Subramanians von jungen Mädchen belagert. Wenn sie ihre Hausaufgaben machte und englische Verben oder die Geschichte Indiens mitsamt seiner Satellitenstaaten lernte, lag nicht selten Robert auf einer Decke neben ihr und schlummerte friedlich.
    Für Myra stellte das eine enorme Entlastung dar. Weil Natasha ihr so viel Arbeit abnahm, fiel sie auf ihrem Forschungsgebiet nicht so drastisch zurück, wie sie befürchtet hatte. Und was Myra guttat, das tat auch Ranjit gut, denn er liebte seine Frau, und er fand sie noch genauso unberechenbar und aufregend wie an dem Tag, als sie geheiratet hatten.

    Alles in allem führte Ranjit Subramanian ein harmonisches, glückliches Leben. Was immer er in die Hand nahm, schien neuerdings zu klappen. Dr. Davoodbhoy hatte gemeint, er brauche pro Semester nur ein einziges Seminar zu geben, allerdings sollte man dann die Anzahl der Teilnehmer erhöhen. Deshalb unterrichtete er in exakt dem riesigen Vorlesungssaal, in dem er als Student voller Spannung Joris Vorhulsts Geschichten über das Sonnensystem gehört hatte.
    Die Zeiten, in denen an die zwanzig Studentinnen und Studenten vor ihm saßen, gehörten der Vergangenheit an. Jetzt sprach er vor hundert jungen Leuten. Dr. Davoodbhoy klärte ihn auf, dass er aufgrund dieses Zulaufs Anspruch auf einen Assistenten hätte - ein Luxus, aber den hatte sich Ranjit verdient -, und seine Assistentin wurde die eifrige junge Frau Ramya Salgado, nun selbst mit Magistertitel, die ihm bei seinem zweiten Seminar besonders aufgefallen war. Ansonsten stand es Ranjit frei, sich mit seinen eigenen »Forschungen« zu beschäftigen. Davoodbhoy deutete an, er könne die Zeit dazu nutzen, sich mit dem jeweiligen Beweis vertraut zu machen, der das Thema seines nächsten Seminars darstellen sollte.
    Aber Ranjit hatte mit dieser extensiven Freizeit seine eigenen Pläne. Er fand, er könne sie ebenso gut dazu nutzen, seine Heimat zu erforschen. Kreuz und quer durch Sri Lanka zu reisen schwebte ihm vor, seit Myra ihn einmal mit seiner Bodenständigkeit aufgezogen hatte.
    Noch vor wenigen Jahren hätte ihn diese Vorstellung, ausgedehnte Reisen zu unternehmen, nicht besonders gereizt. Damals hatte Sri Lanka in manchen Gegenden einem Pulverfass geglichen. Doch nach dem Einsatz von Stiller Donner hatte der Tourismus generell einen Aufschwung erlebt, vor allen Dingen in Ländern, in denen früher ein gewisses Gefahrenpotenzial herrschte. Ranjit liebäugelte auch mit Fernreisen; zum Beispiel konnten sie eine Kreuzfahrt auf dem Nil unternehmen, etwas, wovon Myra geträumt hatte, seit sie zehn Jahre alt war. Sowohl Ägypten als auch Kenia hatten ihre Armeen stark
reduziert, während Ökologen aus sämtlichen Staaten, die auf das Nilwasser angewiesen waren, Pläne zu einer gerechten Verteilung dieser lebenswichtigen Ressource ausarbeiteten.
    Die Subramanians hätten mit ihren Kindern auch nach London,

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