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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Ich fürchte, Riemann ist für Studenten viel zu kompliziert. An diesem Stoff beißen sich sogar Berufsmathematiker die Zähne aus. Und welcher durchschnittliche Student interessiert sich schon dafür, wie die Nullen in der Riemann’schen Zetafunktion verteilt sind? Es gibt bessere Themen. Eulers Überarbeitung der Goldbach-Vermutung zum Beispiel. Darin steckt eine Menge Potenzial. ›Alle positiven geraden ganzen Zahlen, die größer sind als vier, können als die Summe zweier Primzahlen ausgedrückt werden.‹ Sechs gleich drei plus drei, acht gleich fünf plus drei, zehn gleich fünf plus fünf - oder sieben plus drei, wenn einem das besser gefällt. Das kann jeder verstehen! Nur hat es noch keiner bewiesen - jedenfalls bis jetzt noch nicht.«
    Davoodbohy dachte den Bruchteil einer Sekunde darüber nach, dann nickte er. »Die Idee finde ich sehr gut, Ranjit. Halten Sie dieses Seminar. Vielleicht nehme ich selbst hin und wieder als Zuhörer teil.«
     
    Von diesem Zeitpunkt an machte Ranjit das Unterrichten viel Spaß. Und daran sollte sich auch im Verlauf der kommenden Jahre nichts ändern. Semester für Semester strömten eifrige Studenten in seine Seminare, einmal im Monat schrieb er seinen Bericht über die Fortschritte, die der Bau des Skyhook machte, und Natasha wuchs von einem jungen, vielversprechenden Mädchen zu einem etwas älteren, vielversprechenden Mädchen heran.
    Falls es außer Myra noch andere Menschen gab, die ihre Besorgnis teilten, die drei Pax-per-Fidem-Sponsoren könnten sich
zu Herrschern über die ganze Welt aufschwingen, so gingen sie mit ihren Bedenken nicht an die Öffentlichkeit. Der Einsatz von Stiller Donner war in Südamerika genauso glatt und erfolgreich verlaufen wie auf der Koreanischen Halbinsel. Es hatte genauso wenig Todesopfer gegeben. Das Problem, die Bevölkerung, die jählings ohne jedwede Form von Elektronik dastand, mit Lebensmitteln und anderen Gütern zu versorgen, wurde auch in diesem Fall rasch gelöst. Die ganze Welt sah zu, diskutierte, und schien einhellig zu dem Schluss zu gelangen, dass Pax per Fidem richtig gehandelt hatte.
    Ranjit wusste, dass alles so gut klappen konnte, weil die vorhergehende Planung so akribisch durchgeführt wurde. Bereits viele Wochen vor dem Angriff entsandte man die letzten zwei noch in Betrieb befindlichen Flugzeugträger der USA vollgestopft mit Versorgungsgütern - die übrigens zum größten Teil aus Russland und China stammten - in den Golf von Mexiko, angeblich um dort Manöver durchzuführen, wie das Verteidigungsministerium verlautbarte. Und fast noch ehe die Schockwellen des EMP abklangen, konnte man mit den Hilfsmaßnahmen für die Bevölkerung beginnen. Selbst Myra musste zugeben, dass die Logistik und Organisation exzellent waren.
    An einem Sonntagvormittag saßen die Subramanians nach einem ausgedehnten Frühstück im Garten. Ranjit prüfte auf seinem Laptop ein paar Dinge, die er im Unterricht durchnehmen konnte, Myra sah sich auf ihrem eigenen Laptop die Nachrichten an, während Natasha, die bald ihren zwölften Geburtstag feiern würde, im Swimmingpool Rückenschwimmen übte. Auf einmal blickte Myra von ihrem Bildschirm hoch und seufzte. »Es sieht ganz danach aus, als kämen sie doch noch zu einer Einigung«, erklärte sie. »Kenia, Sudan, Ägypten und die anderen Länder, die auf das Wasser des Nils angewiesen sind.«
    Ranjit nickte. »Das dachte ich mir«, erwiderte er. In der Tat hatte er gewusst, dass es dazu kommen würde, seit vor einem halben Jahr die beiden mächtigsten Länder aus dieser Gruppe ihre nicht gerade kleinen Armeen mobilisiert hatten. Doch
dann sprach der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine eindringliche Warnung an die Kontrahenten aus, und die Situation entschärfte sich umgehend. »Seit der Sicherheitsrat über Stiller Donner verfügt, scheint man dieses Gremium tatsächlich ernst zu nehmen«, meinte Myra.
    Ranjit bewies, was für ein kluger Ehemann er war, indem er auf eine Bemerkung verzichtete wie: »Siehst du, das habe ich dir doch gleich gesagt …« Er entgegnete nur: »Ich bin erleichtert, dass es nochmal gutgegangen ist. Und jetzt möchte ich dich etwas fragen. Was hältst du davon, wenn ich mein nächstes Seminar über die Collatz-Vermutung halte?«
    Myra schaute verwirrt. »Ich kann mich nicht entsinnen, schon mal davon gehört zu haben.«
    »Das wundert mich nicht«, räumte Ranjit ein. »Selbst in Fachkreisen ist dieses Thema nicht

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