Das letzte Theorem
Relation zum Anwesen der Vorhulsts zu verstehen war. Es lag nur wenige Schritte von einem der herrlichen breiten Strände Sri Lankas entfernt, und das Wasser war so warm und verlockend wie immer.
Zu der Zeit, als sie sich in ihrem neuen Heim eingerichtet hatten, schien die Welt da draußen nicht mehr so bedrohlich zu sein wie früher. Der kleine Robert planschte im flachsten Teil des Swimmingpools, während Natasha im tiefen Wasser ihre beachtlichen (und wie Ranjit meinte, ererbten) Schwimmkünste demonstrierte. Manchmal erteilte ihr ein Nachbar, der einen kleinen »Sunfish« besaß, auch Segelunterricht. Was den Aufenthalt in ihrem neuen Haus besonders angenehm machte,
war die Tatsache, dass Mevrouw Vorhulst ihnen ihre Lieblingsköchin und Natashas Lieblingshausmädchen abgetreten hatte, die Myra die lästigen Haushaltspflichten abnahmen.
Auch Natasha - nun ja, meistens wurde sie Tashy gerufen - bereitete ihrer Mutter keine Probleme. Ganz im Gegenteil, sie stellte für sie sogar eine echte Hilfe dar. Wenn sie nicht gerade dabei war, bei Schwimmwettkämpfen Preise zu gewinnen - noch waren es Wettbewerbe für Kinder, aber die der Erwachsenen beobachtete sie mit Argusaugen und großem Interesse -, ging sie ihrer Mutter zur Hand, egal, womit sie sich gerade beschäftigte. Auf diese Weise konnte Myra genug Zeit erübrigen, um sich kundig zu machen, was sich auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und autonomen Prothesen mittlerweile getan hatte. Sie gierte förmlich danach, ihr Wissen wieder auf den aktuellsten Stand zu bringen.
Das erforderte eine Menge Arbeit, denn gerade in diesen speziellen Wissenschaftszweigen hatte es enorme Fortschritte gegeben. Doch als Myras Schwangerschaft dann so weit gediehen war, dass sie bei jedem Muskelzucken hoffte, es könne bedeuten, dass die Wehen einsetzten, hatte sie den Anschluss fast wieder erreicht.
Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, dass sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes wieder zurückfallen würde. In den Jahren, die vergingen, bis der Kleine so weit wäre, dass er eine gewisse Selbstständigkeit erreicht hätte und zur Schule ginge, würde die Forschung über Künstliche Intelligenz vermutlich mit Riesenschritten vorangetrieben werden, und das bedeutete für Myra, dass sie abermals viel nachzuholen hätte.
Ärgerte sich Myra, dass das Kinderkriegen sie von ihrer wissenschaftlichen Arbeit abhielt? Nun, sie fand das Ganze unfair. Die Natur, die mitunter sehr tyrannisch sein konnte, sah es vor, dass eine Frau, die sich für Kinder entschied, auf so vieles verzichten musste. Während einer längeren Zeitspanne lag ihr Intelligenzpotenzial brach, und die Mutterrolle erhielt absoluten Vorrang. Was die Fortsetzung ihrer wissenschaftlichen
Karriere betraf, gab Myra sich keinen Illusionen hin. Es würde ziemlich lange dauern, bis wieder an eine ernsthafte Forschungstätigkeit zu denken war.
Es war wirklich unfair. Aber auf der Welt ging es nun mal unfair zu, und Myra de Soyza Subramanian hatte keinen Grund, sich zu beklagen. Sich in Selbstmitleid zu suhlen, hätte sie als glatte Zeitverschwendung aufgefasst, dazu war sie auch ein viel zu ungeduldiger Typ. Sie hatte sich bewusst für diese Kinder entschieden, Schwangerschaft und Mutterrolle brachten nun mal bestimmte Pflichten und Verantwortungen mit sich, und Jammern nützte da gar nichts. Anstatt mit ihrem Los zu hadern, freute sie sich schon auf die Zeit, in der ihre Situation sich zum Besseren ändern würde. Wenn ihre Kinder erst einmal junge Erwachsene waren und die Universität besuchten, hätte sie wieder alle Freiheiten, die sie sich nur wünschen konnte. Und vor ihr lägen noch zwanzig, dreißig, vielleicht sogar fünfzig produktive Jahre, um in dem von ihr gewählten Wissenschaftszweig zu revolutionären Erkenntnissen zu gelangen.
Nun, Myra de Soyza Subramanian konnte zurückstecken - für eine gewisse, absehbare Zeitspanne - in dem Bewusstsein, dass eines Tages unweigerlich der Augenblick kommen würde, in dem sie wieder nach Herzenslust loslegen konnte.
Myra und Ranjit waren selig vor Glück, als Robert Ganesh Subramanian auf die Welt kam. Sie fanden, sie hätten zwei wunderbare, gut geratene Kinder. Genau wie Natasha war auch der kleine Robert ein gesundes, unproblematisches Kind. Er entwickelte sich prächtig, und in mancherlei Hinsicht schien er noch frühreifer zu sein als Tashy es in seinem Alter gewesen war. Sämtliche Freunde und Bekannten der Subramanians behaupteten, ein hübscheres
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