Das letzte Theorem
begrüßen. Myra musste zweimal hinsehen, ehe sie ihren
Augen traute, doch dann lächelte sie strahlend. »Dr. De Saram, was für eine freudige Überraschung!«
Nigel De Saram, der einmal als Ranjits Anwalt fungiert hatte und nun Präsident Bandaras Außenminister war, ließ sich von Myra umarmen, dann bedeutete er allen, auf Sesseln um einen langen Tisch Platz zu nehmen. »Wir unterhalten uns während des Fluges«, schlug er vor, während er sich anschnallte. Als die Maschine die Startbahn entlangraste, studierte er den Text der E-Mail, die Myra ihm mitgebracht hatte, und kurz bevor sie die Reiseflughöhe erreichten, war er mit der Prüfung des Inhalts fertig.
Er wandte sich an Natasha. »Ich denke, was getan werden muss, ist klar. Auf dem Hinflug habe ich mir sämtliche US-Gesetze und Gerichtsurteile angesehen, die einen Bezug zu diesem Fall haben. Als Erstes müssen Sie Ihre amerikanische Staatsbürgerschaft aufgeben; die dazu notwendigen Papiere müssten in meinem Büro liegen, wenn wir ankommen. Das hätten Sie schon vor vielen Jahren tun sollen«, setzte er hinzu. »Leider habe ich es versäumt, Sie darauf hinzuweisen.«
»Ist das alles? Mehr müssen wir nicht unternehmen, um diese Angelegenheit aus der Welt zu schaffen?«, wunderte sich Ranjit. Wenn die mächtigste Nation der Welt versuchte, seine Tochter in eine Militäruniform zu stecken, wollte er nicht das geringste Risiko eingehen.
Der alte Anwalt blickte schockiert drein. »Wo denken Sie hin! Das ist erst der Anfang. Die Sache wird vor amerikanischen Gerichten ausgetragen. Aber dieser Vorgang dauert Jahre, und - ich weiß nicht, ob Sie sich in solchen Dingen auf dem Laufenden halten - in Bälde finden in den Vereinigten Staaten Präsidentschaftswahlen statt. Es sieht ganz danach aus, als würde die derzeitige Administration sich nicht halten können. Ich hoffe, die nächste Regierung vertritt eine etwas andere Politik. Und in der Zwischenzeit sollten Sie sich tunlichst nicht in Amerika aufhalten.«
Natasha schlang die Arme um ihn. »Danke!«, atmete sie auf.
Auch Ranjit bedankte sich und setzte hinzu: »Es tut uns leid, wenn wir Ihnen vielleicht Ungelegenheiten bereiten …«
»Keine Ursache«, wiegelte der Anwalt ab. »Im Übrigen möchte Präsident Bandara ohnehin mit Ihnen sprechen - über den ehemaligen Angehörigen der Marines, diesen Orion Bledsoe.«
»Hat er den Plan ausgeheckt, Tashy einzuberufen?«, warf Myra ein.
Der Anwalt schüttelte den Kopf. »Es ließ sich nicht feststellen, ob es seine Idee war oder ob jemand an viel höherer Stelle auf den Gedanken kam. Ich weiß nur, dass er sich zurzeit in Brüssel aufhält, um Gespräche mit Vertretern der Weltbank zu führen.«
Myra blickte besorgt drein. »Und worum geht es?«
»Er überbringt ihnen die Instruktionen der Amerikaner«, erwiderte der Anwalt grimmig. »Man bereitet ein Statement vor, das morgen früh veröffentlicht werden soll. Darin heißt es, dass man es nicht dulden kann, eine derart große Menge Gold in Umlauf zu bringen, denn dadurch geriete die gesamte Finanzstruktur der Welt aus dem Gleichgewicht.«
Ranjit zog die Stirn kraus und spitzte die Lippen. »Das könnte sogar stimmen«, räumte er ein. »Quasi über Nacht würden Billionen von US-Dollar an neuem Kapital in die Märkte gepumpt. So etwas geht nicht ohne ernsthafte Folgen ab. Ganz zu schweigen davon, dass der Weltmarktpreis für Gold abrupt in den Keller fallen würde.« Er zuckte die Achseln. »Ich beneide Sie nicht, Sir. Ich wüsste nicht, wie man dieses Problem lösen könnte.«
Doch der Anwalt schüttelte nur den Kopf. »Der Präsident ist da anderer Ansicht. Zumindest hofft er, dass Sie ihm helfen können - Sie alle. In Kürze wird er Sie empfangen, und dann sollen Sie ihm alles erzählen, was Sie über diesen Orion Bledsoe wissen. Später sollen Sie Ihr Wissen und Ihre Ideen einbringen, wie man die aktuelle prekäre Situation entschärfen könnte.«
Der Präsident von Sri Lanka war nicht der einzige Regierungschef auf der Welt, der eine Art Braintrust initiierte. Überall auf diesem Planeten befassten sich die klügsten und am besten informierten Leute mit denselben Fragen. Pax per Fidem hatte eigene »Ideenschmieden« ins Leben gerufen, und via Satellit ließ man die scharfsinnigsten und originellsten Denker an deren Sitzungen teilnehmen …
Und wer weiß, vielleicht wäre jemand eine wahrhaft brillante Lösung für das anstehende Problem eingefallen, hätten die Amerikaner nicht eigenmächtig
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