Das letzte Theorem
alles wieder über den Haufen geworfen. Völlig unverhofft gaben sie eine Verlautbarung heraus. Das Prozedere sollte Routine vorgaukeln, und die Person, die vor die Öffentlichkeit trat, war die übliche Regierungssprecherin. Aber auf die aktuelle Weltlage wirkte sich diese Bekanntmachung aus wie Öl, das man ins Feuer gießt.
Mit demselben unschuldigen, mädchenhaften Lächeln, mit dem die Sprecherin schon hundertmal zuvor die unsäglichsten Beschlüsse ihrer Administration bekanntgegeben hatte, erklärte sie vor laufenden Kameras: »Der Präsident vertritt die Ansicht, dass auch Amerika einen berechtigten Anspruch auf Reparationszahlungen hat. Dieser gründet sich auf die unnötige und mutwillige Zerstörung der Fluggeräte, die in einer Friedensmission unterwegs waren.«
45
Auf der Suche nach einer Lösung
Als Nigel De Saram die Subramanians in das Büro des Präsidenten führte, fiel Ranjit als Erstes auf, wie sehr Dhatusena Bandara gealtert war. Eine Überraschung war dies natürlich nicht, denn der Präsident musste auf die neunzig zugehen. Aber seit Ranjit ihn das letzte Mal anlässlich seiner Amtseinführung gesehen hatte, schien er körperlich stark abgebaut zu haben. Doch als er sie begrüßte, klang seine Stimme klar und kräftig.
Er küsste Myra und Natasha und drückte sowohl Ranjit als auch Robert mit geradezu jugendlichem Elan die Hand. Dann wurden sie von Gamini willkommen geheißen, mit dem Unterschied, dass Gamini die männlichen Subramanians umarmte, anstatt ihnen die Hände zu schütteln.
»Danke, dass ihr gekommen seid«, erklärte Gamini. »Für die Erwachsenen gibt es Tee« - er zwinkerte Natasha zu, die ihn erfreut anlächelte, weil er sie nicht mehr als Kind einstufte -, »und Robert bekommt einen Fruchtsaft. Und wenn es Robert zu langweilig wird, kann er sich mit dem Computer da drüben am Fenster beschäftigen. Er enthält viele Spielprogramme.«
»Wie schön«, sagte Myra. »Er spielt gern 3-D-Schach gegen einen Computer.«
»Fein. Hat Nigel euer Problem mit dem Stellungsbefehl aus der Welt schaffen können?«
»Ich glaube schon. Jedenfalls hoffen wir das«, erwiderte Ranjit.
»Dann sollten wir gleich zur Sache kommen. Der alte Orion Bledsoe macht uns eine Menge Scherereien. Fangen wir mit dem Ärger an, den er euch aufgehalst hat.«
Nigel De Saram stellte kurz und präzise den Sachverhalt dar. Gamini nickte ein paarmal und wandte sich dann wieder an die Subramanians. »Habt ihr euch dafür interessiert, wo er seine Nachricht abgeschickt hat?«
Myra schüttelte den Kopf. Ranjit furchte die Stirn. »Mir fiel tatsächlich etwas auf. Sie kam nicht aus Washington, und auch nicht von seinem Büro in Kalifornien. Ich denke, er hat sie irgendwo in Europa abgeschickt.«
Gamini blickte seinen Vater an, der ein Kopfnicken andeutete. »Richtig. Momentan weilt er in Brüssel. Weil die Amerikaner Druck ausübten, hat die Weltbank die Ägypter angewiesen, das Goldangebot auszuschlagen. Und es war Colonel Bledsoe, der sich persönlich nach Europa bemüht hat, um die Repräsentanten der Weltbank massiv unter Druck zu setzen.«
Gamini Bandara räusperte sich. »Das Ganze ist meine Schuld«, begann er. »Bledsoe schien mir der geeignete Mann zu sein, um Ranjit die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu verschaffen, die er brauchte, um bei Pax per Fidem mitzuwirken. Natürlich war es die amerikanische Regierung, die diese Sicherheitsprüfung verlangte. Man wollte niemanden auch nur ansatzweise in das Projekt Stiller Donner einbinden, der auch nur das geringste Sicherheitsrisiko dargestellt hätte, und damals dachte ich, Bledsoe könnte uns behilflich sein.« Seine Miene verfinsterte sich. »Ich habe eine schlechte Entscheidung getroffen, ich hätte diesen Kerl niemals mit dieser Aufgabe betrauen dürfen. Seitdem hat er nichts als Unannehmlichkeiten verursacht.«
»Sich mit Selbstvorwürfen zu quälen, hat jetzt keinen Sinn«, meinte sein Vater. »Wir müssen einen Weg finden, diesen hochbrisanten Konflikt zu beseitigen. Ägypten braucht Geld.«
Myra hob die Augenbrauen. »Warum hören sie dann auf die Weltbank? Deren Rat ist doch nicht bindend. Wieso nimmt das Land nicht einfach das Angebot der Aliens an?«
»Wenn das so einfach wäre, meine liebe Myra«, seufzte der Präsident. »Angenommen, Ägypten geht auf dieses Angebot
ein. Dann kann die Weltbank gar nicht anders, als restriktive Maßnahmen zu ergreifen, und zwar solcherart, dass selbst die größte Goldmenge nichts mehr nützen würde.«
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