Das letzte Theorem
den Gepflogenheiten der Universitäten in der westlichen Welt anzupassen.
Ranjit vermochte diesem Experiment jedoch nichts abzugewinnen. Gamini war nicht da, deshalb hatte er keinen, mit dem er die Ferien genießen konnte, und die internationalen Nachrichten blieben weiterhin schlecht.
Das Frustrierendste daran war, dass eine Zeit lang alles so gut ausgesehen hatte. Ein Treffen der Großmächte war geplant, bei dem man sich einigen wollte, ein paar der verheerenden Kleinkriege, die überall auf dem Globus wüteten, zu beenden. Das gab Anlass zu Hoffnungen, doch dann kam es zu einem Streit über den Ort der Zusammenkunft. Russland schlug Kiew in der Ukraine vor, doch bei der Abstimmung darüber verlor Kiew mit einem Stimmenverhältnis von zwei zu eins. China brachte Ho Chi Minh City in Vietnam ins Gespräch, doch auch das wurde in der gleichen Relation abgelehnt. Dasselbe passierte mit Vancouver in Kanada, empfohlen von den Amerikanern.
Danach stürmten die Vertreter Chinas aus dem Gebäude der Vereinten Nationen hinaus und erklärten, die westlichen Staaten hätten ohnehin kein echtes Interesse daran, den Weltfrieden zu fördern.
Mit dieser Reaktion hatten die amerikanischen und russischen Delegierten gerechnet und bereits ihre Antwort vorbereitet. In gemeinsamen Statements bedauerten sie, dass die Chinesen ihren Nationalstolz über die Notwendigkeit stellten, Frieden zu erzielen, und verkündeten ihre Absicht, ihre oftmals manifestierten und unvereinbaren Gegensätze zu unterdrücken und das Treffen ohne die Chinesen abzuhalten.
Als Ort der Begegnung wählte man das wunderschöne Venedig des Nordens, Schwedens Hauptstadt Stockholm. Und fast hätten ihre Anstrengungen sogar zu einem Erfolg geführt. Man verständigte sich darauf, wie wichtig es sei, den Dauerkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern beizulegen, die Kämpfe zu beenden, die im ehemaligen Jugoslawien zwischen Moslems und einer christlichen Minderheit tobten, für eine Versöhnung zwischen Ecuador und Kolumbien zu sorgen - kurz und gut, weltweit sämtliche erklärten wie nicht erklärten Kriege zwischen den Nationen zu stoppen. Es gab viele solcher Auseinandersetzungen, und zweifelsohne hätten ein paar Raketen an der richtigen Stelle ihnen sofort ein Ende setzen können. Die Amerikaner und die Russen stimmten darin überein, dass sie, als die größten Rowdys im Viertel, geradezu die Pflicht hatten, diesen Job zu übernehmen.
Doch in einem Punkt erzielten sie keine Einigkeit, nämlich auf welche dieser miteinander kämpfenden Nationen sie ihre Raketen richten sollten.
Ranjit Subramanian beschloss, diese Nachrichten nach Möglichkeit zu ignorieren. Sie verdarben ihm nur den Sommer, der für ihn bedeutete, dass er endlich die Zeit fand, seinen ganz persönlichen Interessen zu frönen, und er wusste schon ganz genau, womit er sich beschäftigen wollte. Doch als er Dr.
Christopher Dabare in dessen Büro aufsuchte und ihm seinen Wunsch mitteilte, verhielt sich der Mathematiklehrer ablehnend. »Wenn ich Ihnen schon nicht gestatte, mein Passwort während des Studienjahres zu benutzen, wie kommen Sie da auf den verrückten Gedanken, ich könnte es Ihnen erlauben, wenn ich in Kuwait bin?«
Verdutzt blinzelte Ranjit den Professor an. »Kuwait?«
»Allerdings. Ich habe mich vertraglich dazu verpflichtet, dort im Sommer die Söhne der Ölscheichs zu unterrichten, nebenbei bemerkt gegen ein Gehalt, das ein bisschen beeindruckender ist als die Bezüge, die mir diese Universität für meine Versuche zubilligt, Leuten wie Ihnen simple mathematische Rechenvorgänge einzutrichtern.«
Worauf Ranjit, in dessen Kopf es fieberhaft arbeitete, nur erwiderte: »Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich wusste nicht, dass Sie verreisen würden. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Kuwait.« Danach verließ er das Büro und steuerte auf den nächsten Computer zu. Wenn der verflixte Dr. Dabare ihm nicht freiwillig sein Passwort verriet, dann musste er eben auf andere Möglichkeiten zurückgreifen. Vor allem, wenn ein Lehrer ein paar Tausend Kilometer weit fort war, um irgendwo im Ausland ein Vermögen einzuheimsen, boten sich Wege an, um zu seinem Ziel zu kommen, und Ranjit hatte schon einen Plan entwickelt, wie er sich Dr. Dabares Abwesenheit zunutze machen konnte.
Der erste Schritt war einfach. Von jedem der Universitätsdozenten gab es eine Datei mit dessen Biografie. Im Nu hatte Ranjit die von Dabare aufgerufen und geöffnet. Zehn Minuten später
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