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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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natürlich schlecht macht, wenn Sie eine Fortsetzung Ihres Stipendiums beantragen. Aber es wäre immerhin besser, als komplett zu versagen, finden Sie nicht auch?«
    Ranjit sah ein, dass der Dozent Recht hatte, aber er hütete sich, es laut auszusprechen, weil er Dr. Mendis diese Genugtuung nicht gönnte. Als er endlich den Unterrichtsraum verlassen konnte, stand von seiner Klasse nur noch ein Mädchen im Flur; sie gehörte der Schicht der Burghers an, war ein paar Jahre älter als er und ziemlich hübsch. Ranjit wusste, dass sie denselben Soziologiekurs besuchte wie er, doch für ihn gehörte sie einfach mit zum Inventar des Raums. Bis jetzt hatte er noch nie viel mit Burghers zu tun gehabt, die in der sri-lankischen Bevölkerung eine verschwindend geringe Minderheit darstellten und deren Vorfahren größtenteils irgendeiner der europäischen Kolonialmächte angehört hatten. Vor allen Dingen mit den Frauen dieser Minorität war er so gut wie nie zusammengekommen.
    Das Mädchen telefonierte gerade über ihr Handy, klappte es jedoch zu, als er sich ihr näherte. »Mr. Subramanian?«, fragte sie.
    Ranjit blieb stehen; nach müßigem Plaudern war ihm jetzt nicht zumute. »Was ist?«, schnauzte er.

    Sein ruppiger Ton schien sie nicht zu stören. »Ich bin Myra de Soyza. Und zufällig habe ich mitbekommen, was Dr. Mendis zu Ihnen gesagt hat. Werden Sie seinem Rat folgen und den Kurs ohne Prüfung beenden?«
    Sie ging ihm wirklich auf die Nerven. »Ich glaube nicht. Warum sollte ich auch?«
    »Oh, ich bin auch der Meinung, dass Sie sich nicht darauf einlassen dürfen. Sie brauchen nur ein bisschen Nachhilfe. Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, aber ich bekomme nur Bestnoten. Wenn Sie möchten, kann ich Sie unterrichten.«
    Das war das Letzte, womit Ranjit gerechnet hatte, und ihr Angebot erregte sofort sein Misstrauen. »Warum wollen Sie das tun?«, fragte er.
    Welche Antwort auch immer der Wahrheit entsprochen hätte - vielleicht fand sie einfach nur, er sei ein gutaussehender junger Mann -, sie erwiderte: »Weil ich denke, dass Dr. Mendis sich Ihnen gegenüber unfair verhält.« Doch seine Reaktion schien sie zu enttäuschen, sie blickte sogar ein bisschen beleidigt drein. Mit scharfer Stimme fuhr sie fort: »Wenn Sie keine Hilfe möchten, dann brauchen Sie es nur zu sagen. Aber Sie wissen ja, was Dr. Mendis Soziologie nennt, besteht im Wesentlichen darin, das auswendig zu lernen, was in den Büchern steht, hauptsächlich die Passagen über Sri Lanka. Ich könnte Sie im Handumdrehen auf die Klausur vorbereiten.«
    Einen Moment lang spielte Ranjit tatsächlich mit dem Gedanken, ihr Angebot anzunehmen. Doch gleich darauf besann er sich anders. »Vielen Dank, aber ich komme auch allein zurecht.« Er nickte ihr zu, weil es die Höflichkeit gebot, dass er seine Dankbarkeit zu erkennen gab, dann wandte er sich von ihr ab und setzte seinen Weg fort.
    Die junge Frau ließ er einfach stehen, doch über ihre Worte dachte er nach.
    Sie hatte Recht. Wie kam dieser Professor dazu, ihm zu unterstellen, er würde durch das Schlussexamen rasseln? Es gab noch mehr Leute außer einem singhalesischen Lehrer und einer
Burgher-Frau, die sich mit der Geschichte Sri Lankas auskannten. Und es gab einen speziellen Ort, das wusste Ranjit genau, an dem solches Wissen gehortet wurde, und die Hüter dieser Gelehrsamkeit würden ihm gern diese Schätze zur Verfügung stellen.
     
    Er bestand die Klausur. Nicht mit 80 Prozent der möglichen Punkte, eine Leistung, die Dr. Mendis ihm nicht zugetraut hatte, sondern mit 91 Prozent - eines der fünf besten Prüfungsergebnisse in diesem Jahr. Dr. Mendis durfte staunen.
    Ranjit war davon ausgegangen, dass sein Vater ihm seine Hilfe nicht verweigern würde, auch wenn er mit seinem Sohn nicht mehr sprach. Und er hatte sich nicht geirrt. Nachdem er Surash, dem alten Mönch, der seinen Anruf entgegennahm, sein Dilemma erklärt hatte, erhielt er die erwartete Antwort. »Darüber muss ich mich mit dem Obersten Priester beraten«, hatte Surash vorsichtig entgegnet. »Ruf bitte in einer Stunde nochmal an.« Aber Ranjit hegte nicht den geringsten Zweifel daran, wie sein Vater sich entscheiden würde, und ehe er wieder anrief, packte er Zahnbürste, Unterwäsche zum Wechseln und alles, was er sonst noch während seines Aufenthaltes in Trincomalee brauchen konnte, in seinen Rucksack. »Dein Vater ist einverstanden«, hatte der alte Mönch erklärt. »Komm, so schnell du kannst. Wir versorgen dich mit allem,

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