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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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hoch drei ist.«
    »Ja, sicher«, erwiderte er kleinlaut. »Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Trick. Nimm diesen Stock und zeichne so viele Münzen in den Sand, wie du willst. Ich schaue nicht hin. Und wenn du fertig bist, schreibe ich in weniger als zehn Sekunden die genaue Anzahl der möglichen Ergebnisse auf, die eintreten, wenn diese Münzen geworfen werden. Außerdem«, fügte er mit erhobenem Zeigefinger hinzu, »nur um es interessanter zu machen, darfst du so viele Münzen zudecken, wie du willst. Es ist egal, ob du die Münzen am Anfang oder am Ende der Linie verdeckst, es geht nur darum, dass ich nicht wissen soll, wie viele Münzen deine Reihe enthält.«
    Ada, die aufmerksam zugehört hatte, meinte: »Toll! Glaubst du, dass er das kann, Tante Myra?«
    »Nein, das kann er ganz sicher nicht«, behauptete Myra. »Es sei denn, er guckt heimlich doch zu oder mogelt in einer anderen Weise.« Mit fragend erhobenen Brauen wandte sie sich an Ranjit. »Du schaust wirklich nicht hin?«
    »Nein.«
    »Und du weißt nicht, wie viele Münzen in dieser Reihe sind?«
    Er schürzte die Lippen. »Ich habe nicht gesagt, was ich weiß oder was ich nicht weiß . Aber um deine Frage zu beantworten, nein, ich habe keine Ahnung, wie viele Münzen es sind.«

    »Dann kannst du unmöglich vorhersagen, wie das Ergebnis aussieht, wenn man all diese Münzen wirft«, erklärte sie. Doch als Ranjit sie aufforderte, ihn zu testen, bat sie ihn, sich umzudrehen. Ada musste aufpassen, dass er sich die Augen zuhielt und nicht etwas im Spiegelbild eines Fensters sah, was sich hinter seinem Rücken tat. Myra wischte die Münzen, die Ranjit bereits in den Sand gezeichnet hatte, bis auf drei wieder fort. Sie zwinkerte Ada verschwörerisch zu und legte ihr Strandlaken so hin, dass es die beiden letzten Münzen sowie einen Meter Sand bedeckte, der überhaupt keine Kreise enthielt.

    Dann rief sie: »Fertig! Jetzt bist du dran, Ranjit!«
    Langsam drehte Ranjit sich um. Er tat so, als hätte er es überhaupt nicht eilig, während Ada quiekte: »Schnell, Ranjit! Du hast nur zehn Sekunden Zeit! Jetzt sind es noch fünf! Und jetzt höchstens zwei …«
    Er lächelte die Kleine an. »Keine Sorge«, beruhigte er sie. Gemächlich beugte er sich vor und gönnte zum ersten Mal der Stelle, an der die Kreise gezeichnet waren, einen Blick. Er nahm den Stock in die Hand und zog an einem Ende der Reihe einen geraden Strich in den Sand. Als er Myras Strandlaken hochhob, erklärte er: »Da hast du deine Antwort.« Schmunzelnd bewunderte er das Ergebnis. »Huh!«, machte er. »Sehr clever, Myra.« Dann wartete er Myras Reaktion auf die Zeichen im Sand ab.
    1000
     
    Verwirrt starrte Myra eine Weile darauf, und plötzlich erhellte sich ihre Miene. »Oh, mein Gott! Ja! Das ist die Binärzahl für - lass mich rasch nachdenken -, für die Dezimalzahl Acht! Und das ist die richtige Antwort!«
    Ranjit, der von einem Ohr bis zum anderen grinste, nickte und wandte sich ein bisschen unschlüssig an Ada. Sollte er ihr
erläutern, wie das binäre System funktionierte - dass 1, 10, 11, 100 für die Zahlen eins, zwei, drei und vier standen? Er zögerte.
    Aber die Kleine strahlte ihn bereits an. »Du hast nicht gesagt, dass du nach dem Binärsystem vorgehst, Ranjit, aber du hast es auch nicht ausgeschlossen. Deshalb finde ich das in Ordnung, du hast nicht gemogelt. Ein Supertrick!«
    Als Ada ihr Urteil verkündete, wirkte sie so ernsthaft und altklug, dass Ranjit sich ein Lachen nicht verbeißen konnte. Überdies war seine Neugier geweckt. »Verrate mir bitte eines, Ada. Weißt du wirklich, was binäre Zahlen sind?«
    Sie tat so, als sei sie beleidigt. »Selbstverständlich weiß ich das, Ranjit! Und jetzt lass dir von Tante Myra erzählen, warum sie meine Eltern dazu überredet hat, mir den Namen Ada zu geben.«
    Myra bemerkte Ranjits verständnislosen Blick und klärte ihn auf. »Nun, das war so«, begann sie. »Meine Schwester und ihr Mann konnten sich nicht auf einen Namen für das Baby einigen, deshalb schlug ich Ada vor. Ada Lovelace war meine Heldin und mein Vorbild, weißt du. Meine Freundinnen orientierten sich an Frauen wie Shiva, Jeanne d’Arc oder irgendwelchen herausragenden Persönlichkeiten aus der Politik, aber die einzige Frau, der ich nacheiferte, war die Countesse Ada Lovelace. Ich wollte so werden wie sie.«
    »Die Countesse …«, wiederholte Ranjit in fragendem Ton, um gleich darauf mit den Fingern zu schnippen. »Ja, richtig! Lord Byrons Tochter. Sie

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