Das letzte Theorem
Bedienstete angeheuert, die Drinks und Snacks herumreichten, damit das fest angestellte Hauspersonal, von dem jeder Einzelne glaubte, er habe in der einen oder anderen Weise mit zu Ranjits Erfolg beigetragen, sich ebenfalls als Gäste fühlen und ausnahmsweise einmal von anderen Leuten bedienen lassen konnte.
Ranjit und Myra saßen Händchen haltend nebeneinander und wirkten überaus glücklich. Alle anderen Gäste schienen
diese fast schon euphorische Stimmung zu teilen, so dass es eigentlich gar nicht mehr nötig gewesen wäre, Champagner zu kredenzen.
Dr. Bandara befand sich schon längst auf dem Rückflug nach New York, natürlich in seiner eigenen BAB-2200. Doch ehe er sich verabschiedet hatte, zog er Ranjit auf die Seite, um mit ihm ein kurzes Gespräch unter vier Augen zu führen. »Ich nehme an, dass du an einer Arbeit interessiert bist«, begann er, und Ranjit nickte.
»Gamini erwähnte etwas in der Richtung, dass ich mit ihm zusammenarbeiten könnte«, erwiderte er.
Dhatusena Bandara nickte. »Ich hoffe, dass es eines Tages dazu kommen wird, aber bis dahin dürfte es noch ein Weilchen dauern. Soweit ich weiß, will die Universität dich als Dozent einstellen. Du sollst fortgeschrittene Semester unterrichten und kannst dich gleichzeitig deinen eignen Forschungen widmen, wenn du das möchtest.«
»Aber ich bin doch kein Professor! Ich habe überhaupt keinen akademischen Grad!«
Dr. Bandara lächelte nachsichtig. »Ein Professor ist auch nur jemand, dem die Universität diesen Titel verliehen hat. Wegen deines noch nicht abgeschlossenen Studiums brauchst du dir keine Sorgen zu machen, das stellt kein Hindernis dar. Jetzt wird man dich mit Titeln geradezu überhäufen. Du bekommst jede akademische Auszeichnung, die du dir nur wünschen kannst.«
Selbstverständlich konnte Ranjit es kaum abwarten, Myra von dieser Unterredung zu erzählen. Aber Beatrix Vorhulst, die an Myras anderer Seite saß, blickte skeptisch drein. »Wissen Sie, Ranjit, ich bin mir gar nicht sicher, ob Sie überhaupt eine Stelle brauchen. Sehen Sie sich nur das hier an.« Sie hielt ein Bündel Computerausdrucke in die Höhe, die ihr persönlicher Sekretär ihr gebracht hatte. Wegen des E-Mail- und Briefverkehrs, den Ranjit verursachte, hatte sie noch eine zusätzliche Bürokraft einstellen müssen. »Sie werden eingeladen, Vorträge
zu halten oder Interviews zu geben. Auf einmal sind Sie schrecklich begehrt, Ranjit, jeder will etwas von Ihnen, und sei es nur, dass Sie verraten, welche Biersorte Sie am liebsten trinken oder welche Hemden Sie tragen. Die Firmen, die ganz erpicht darauf sind, mit Ihnen Werbung zu betreiben, über Sie ihre Produkte zu vermarkten, zahlen natürlich für Ihre Kooperation, und das nicht schlecht. Wenn Sie Reklame für irgendwelche Sportschuhe machen, kriegen Sie dafür eine ganze Menge US-Dollar. Und wenn Sie sich in der Sendung 60 Minutes interviewen lassen, gibt das auch gutes Geld. Die Harvard-Universität zahlt Ihnen ein Honorar, wenn Sie bereit sind, dorthin zu reisen und sich für Gespräche zur Verfügung zu stellen - über die Höhe der Summe steht nichts in dem Schreiben, aber ich denke mir, eine derart renommierte Universität lässt sich nicht lumpen.«
»Meine Güte, Tante Bea!«, fiel Myra lachend ein. »Hab Erbarmen! Ranjit muss ja der Kopf schwirren, nach allem, was plötzlich auf ihn einstürmt. Gib ihm Zeit, sich zu fassen.«
In diesem Moment kam der Sekretär mit einem neuen Ausdruck hereingeeilt, den er Mevrouw Vorhulst reichte. Die las den Text, biss sich auf die Lippe und meinte: »Nun, in diesem Schreiben geht es nicht um Geld, aber es betrifft Sie persönlich, Ranjit. Und dich auch, Myra.«
»Mich?«, fragte Myra verwundert. »Wieso mich?«
Nachdem Ranjit, der eine völlig verdatterte Miene aufsetzte, das Blatt an sie weitergegeben hatte, erfuhr sie den Grund. Das Schreiben stammte von dem alten Mönch im Tempel von Trincomalee, und er teilte Ranjit mit:
Dein Vater wäre genauso stolz und erfreut wie wir alle hier, wenn er von Deiner bevorstehenden Hochzeit erfahren hätte. Bitte, zögere diesen Schritt nicht zu lange hinaus! Warte auf gar keinen Fall bis zu den ungünstigen Monaten Aashad, Bhadrapad oder Shunya. Und heirate bitte nicht an einem Dienstag oder Samstag.
Myra blickte Ranjit an, der verwirrt zurückstarrte. »Habe ich etwas von Heiraten gesagt?«, stotterte er.
Sie errötete ein bisschen. »Nun, du hast ein paar Äußerungen von dir gegeben, die man mit einem bisschen
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