Das letzte Zeichen - Die Verschwundenen: Band 2 (German Edition)
ganz normal. Als könnte das Chaos nicht durch das solide Mauerwerk dringen.
Denn da draußen herrschte Chaos. Da draußen … und das machte Devil, ehrlich gesagt, ein bisschen wahnsinnig.
Beim nächsten Mal hatte Thomas eine Kamera mitgebracht. Er hatte Devil gebeten, in die Kamera zu schauen und sich dabei vorzustellen, sein Vater stünde dahinter und er selbst würde eine von den Predigten seines Vaters halten. Zuerst war er sich ziemlich blöd vorgekommen, war von einem Fuß auf den anderen getreten, hatte woandershin geschaut und so etwas gemurmelt wie, er sei nicht Pastor Jones. Aber als Thomas ein finsteres Gesicht gemacht und erklärt hatte, dass Devil wohl doch nicht der Richtige sei für den Job, hatte Devil mir nichts, dir nichts angefangen zu reden. Das Seltsame war, dass er sich Wort für Wort an die Predigten seines Vaters erinnerte, aber nach ein paar Versuchen begann er sie mit seinen eigenen Geschichten und Gedanken auszuschmücken. Und, Mann, das gefiel ihm. Er hatte das Gefühl, er war jemand und er hatte etwas zu sagen.
Allmählich erkannte er, dass Thomas recht hatte, dass die Menschen ihn brauchten. Denn die Welt wurde immer beschissener. Überall explodierten Bomben, Menschen gingen auf die Straße, und die Bereitschaftspolizei schoss auf sie. In Europa brachten sich die Leute mit Maschinengewehren gegenseitig um. Sie drangen in Häuser ein und schlachteten ganze Familien ab. Devil hatte das in den Nachrichten gesehen, auf dem großen Fernsehbildschirm in Thomas’ Büro. Die Menschen schrien vor der Kamera und flehten um Hilfe. Zwei Leute wurden vor laufender Kamera getötet. Echt beschissen. Und jede Woche hielt er eine andere, neu formulierte Predigt für die Anhänger seines Vaters. »Denn du wirst der neue Pastor Jones«, erklärte Thomas ihm. »Du siehst genauso aus wie er. Du wirst die Menschen aus diesem Chaos führen.«
Natürlich wusste man in diesem Gebäude nichts von den Menschen und von der Gewalt. Die Leute liefen auf den dicken Teppichen herum wie immer, in schicken Anzügen, hübsch frisiert, mit leisen, ruhigen Stimmen, und nicht schreiend wie die Menschen da draußen, die gegen die Türen der Banken hämmerten und ihr Geld verlangten.
Devil sah sich in dem Raum um. Diesmal war er nicht allein. Thomas war da und hatte noch jemanden bei sich, einen jüngeren Typen, nur ein paar Jahre älter als Devil. Ein Streber, die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, mit heller Haut und mit Brille, mit dünnen Armen und Beinen, der keinen Schlag landen könnte, wenn er es versuchen würde. Sie tranken Kaffee. In dem Raum stand jetzt ein Fernseher und sie zappten durch die Kanäle und sprachen leise miteinander. Devil saß in der Ecke und beobachtete die beiden.
Plötzlich wandte sich Thomas an Devil. »Also, ich habe da einen Job für dich.«
Der Streber stellte den Fernseher aus und verließ den Raum.
Devil starrte Thomas unverwandt an. »Ich tue, was Sie wollen, Mann.«
»Gut. Und hier ist etwas Geld. Damit solltest du über die Runden kommen.« Thomas zog einen Umschlag aus der Tasche und gab ihn Devil. Devil blätterte schnell die Scheine durch; er wusste, wie man ein Bündel Banknoten nach Augenschein und Gewicht zählte.
Seine Augen blickten gierig. »’ne Million?«
Thomas nickte. »Hör genau zu, Devil. Du machst Folgendes …«
27
L inus sah sich erstaunt um. So etwas hatte er nicht erwartet. Das war … nun, er hätte gesagt, unmöglich, wenn er nicht hier wäre und es mit eigenen Augen sehen würde.
Er ging auf den Bildschirm zu.
»Haben Sie eine Frage?«, meldete sich eine sanfte Frauenstimme, die sexy und entwaffnend zugleich war.
Linus hob eine Augenbraue. »Ich bin nicht sicher, ob du mir antworten wirst«, flüsterte er.
»Probieren Sie es aus«, schlug der Computer vor.
Linus zuckte mit den Schultern. »Okay. Was bist du?«
»Ich bin ein G-4-Benning-8-Modell mit Software-Version 8.9 und einer Million Megabyte Datenspeicher«, antwortete der Computer.
Linus runzelte die Stirn. »Das ist unmöglich«, sagte er. Ihm schwirrte der Kopf, während er überlegte, woran der Name Benning ihn erinnerte. »Ich habe noch nie von dir gehört. Und ich kenne mich aus mit Computern. Ich kenne jeden Computer, der jemals konzipiert oder erfunden wurde.«
»Ich würde das Gegenteil behaupten, denn was Sie sagen, ist unmöglich, da ich existiere und mit Ihnen spreche.«
»Dann kann man mit dir auch über Philosophie reden?«, fragte Linus.
Ȇber philosophische
Weitere Kostenlose Bücher