Das Leuchten der Insel
festgeschnallt auf einem Sitz neben Quinns Trage im Hubschrauber. Katie saß ihr gegenüber und ein Arzt auf der anderen Seite.
Im Krankenhaus verlief alles zügig und effizient. Quinn wurde auf eine Bahre gelegt und in einen Fahrstuhl gerollt, der nach unten in die Chirurgie fuhr. Susannah füllte Formulare aus, beantwortete Fragen und sprach mit dem Anästhesisten und dem Chirurgen. Bevor sie Quinn in den OP rollten, beugte sich Susannah über seine kleine schweißnasse Gestalt auf der Bahre, strich ihm die feuchten blonden Haare aus dem Gesicht und küsste seine sommersprossige Stirn.
»Es wird alles gut mit dir, mein Schatz«, sagte sie. »Wenn du aufwachst, werde ich hier sein.«
Die großen Türen schwangen auf, eine Krankenschwester rollte die Bahre hindurch, und Quinn war fort.
28. Kapitel
Susannah 2011
S usannah setzte sich im Warteraum auf eine Couch, deren Farbe eine Mischung aus Beige und Mauve war. Ein ehrenamtlicher Helfer brachte Sandwiches, die Katie hungrig verschlang.
Susannah lehnte sich völlig erschöpft zurück. Sie konnte die Salzkruste auf ihrer Haut fühlen, die von der Gischt des Ozeans stammte, und die steifen Strähnen in ihrem Haar, als sie den Kopf nach hinten an die Wand lehnte. Gott sei Dank gab es hier keinen Spiegel. Vermutlich glich sie einer ihrer aus Abfällen gebastelten Vogelscheuchen. Sie schloss die Augen, aber ihre Gedanken kamen nicht zur Ruhe. Sie fragte sich, ob der Chirurg bereits mit der Operation begonnen hatte und Quinn nun mit winzigen Instrumenten aufschnitt.
Aber es war nicht nur Quinn. Sie konnte nicht aufhören, an Janie, an ihre Mutter, an den Unfall zu denken und darüber nachzugrübeln, wie es sich angefühlt hatte, als sie auf die Welle getroffen war und die Kraft des Aufpralls gespürt hatte.
Sie sah zu Katie hinüber, die sich ihr gegenüber auf der Couch zusammengerollt hatte und schlief. Susannah wusste, dass sie ebenfalls versuchen sollte zu schlafen, aber sie konnte es nicht. Sie stand auf, durchsuchte die Taschen ihrer Jacke nach ihrem Handy und ging auf den Korridor vor dem Wartezimmer. Sie tippte die Nummer ihrer Mutter in das Handy.
»Susie? Wie geht es dir, Schatz?«
»Oje!«, seufzte Susannah, »wo soll ich beginnen?«
»Ich bin ganz Ohr«, sagte Lila.
»Ich bin im Krankenhaus. Quinn ist im OP. Er hat einen Blinddarmdurchbruch.« Ihre Mutter setzte an, etwas zu sagen, aber Susannah unterbrach sie. »Es wird alles gut mit ihm, Mom. Der Chirurg sagt, dass wir ihn noch rechtzeitig hergebracht haben.« Sie hielt inne, bevor sie weitersprach. »Ich musste das Boot fahren, um ihn in die Klinik zu bringen. Und nun muss ich ständig an jenen Tag denken.«
»Du meinst, an den Tag des Unfalls.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
»Ja. Es gibt vieles, worüber wir nie gesprochen haben.«
»Ich weiß.« Die Stimme ihrer Mutter war leise. »Was mit Janie passiert ist, war nicht deine Schuld.«
»Stimmt.« Susannah bemerkte die Bitterkeit in ihrer Stimme und versuchte sie abzumildern. »Du konntest mich an jenem Abend noch nicht einmal ansehen, als wir schließlich nach Hause kamen. Ich hätte es gebraucht, dass du mir vergibst, Mom. Es wäre für mich wichtig gewesen zu wissen, dass du mich noch immer liebst und mich für wert hältst, geliebt zu werden. Aber du hast mich noch nicht einmal angesehen. Du bist zu Bett gegangen . Was glaubst du wohl, wie ich mich da gefühlt habe?«
Sie hörte, wie ihre Mutter tief und langsam einatmete; danach folgte ein Schweigen.
»Warum hast du uns an jenem Tag mit ihm fahren lassen? Warum hast du es zugelassen, dass er mit uns auf dem Boot rausgefahren ist? Du wusstest, dass er trank.«
Ein weiteres langes Schweigen.
»Weißt du, was passiert ist?«, fuhr Susannah fort. »Janie hat rumgequengelt, darum hat ihr Daddy ihre Schwimmweste aufgeschnallt, damit sie den Mund hielt. Er trank und wurde wütend, als wir zurückfahren wollten. Er fuhr sehr schnell mit dem Boot. Ich hielt Janie auf meinem Schoß. Ich hatte beide Arme um sie gelegt, Mom, und sie so fest gehalten, wie ich konnte. Aber er prallte auf eine Heckwelle, und Janie flog aus meinen Armen. Ich konnte sie nicht festhalten.« Susannah kämpfte mit den Tränen. Sie hörte, wie ihre Mutter am anderen Ende der Leitung mehrfach ein- und ausatmete, aber sie fuhr fort: »Ich konnte sie nicht festhalten. Aber Daddy sagte, er sagte: › Wie konntest du sie loslassen ?‹ Es war meine Schuld, dass sie starb. Ich habe sie losge-lassen.«
»Es war
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