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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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konzentrieren, das Boot gerade zu halten und genau auf die Windrichtung zu achten.
    Katie nahm das Funkgerät. »Ich kann schon mal den Hafen von Friday Harbor anrufen und in Erfahrung bringen, ob sie einen Polizei- oder Krankenwagen schicken können, der uns abholt und in die Klinik bringt.«
    »Gut mitgedacht!« Susannah hatte in der Aufregung gar nicht eingeplant, dass sie, sobald sie Friday Harbor erreicht hatten, Quinn vom Boot zum Arzt transportieren mussten.
    Katie benachrichtigte über Funk kurz die Hafenaufsicht und schaltete das Gerät dann wieder ab.
    »Ich dachte, du hättest Angst vor Booten«, sagte sie.
    »Hab’ ich auch. Oder hatte ich.«
    »Hast du im Moment Angst?«
    »Nein«, versicherte Susannah und hoffte, dass das auch stimmte.
    Es war bereits nach vier Uhr, und es wurde dunkel. Susannah schaltete die Fahrtlichter des Boots an und warf einen Blick auf den Radarschirm.
    »Katie, weißt du, wie man den Radar abliest?«
    »Ja.«
    »Gut. Kannst du bitte den Radar im Auge behalten?«
    »Klar.«
    Susannah fand den kleinen Handschalter für die Scheibenwischer und sah erleichtert, wie sie hin- und hersausten. Als sie in den Kanal einfuhren und das Wetter stürmischer wurde, erfasste Susannah eine immer größere Ruhe. Vielleicht verdankte sie dies der nachklingenden Wirkung von Barfuß’ Herzmedizin oder einfach der Erkenntnis, dass es nichts mehr gab, was sie jetzt noch tun konnte, um den Ausgang dessen, was sich in den nächsten Stunden abspielen würde, zu beeinflussen. Sie beobachtete das Wetter, hielt das Steuerrad fest in ihren Händen und versuchte zu fühlen, wie das Boot auf das Anschwellen des Wassers unter ihnen und die wechselnden Winde reagierte.
    »Du machst das gut, Mom«, sagte Katie. »Wir sind genau auf Kurs. Es sind noch rund fünfundvierzig Minuten bis Friday Harbor.« Sie schwieg eine Minute lang und sagte dann: »Ich bin beeindruckt. Ich meine, ich weiß, dass du keine Boote magst, aber du wirst mit diesem wirklich gut fertig.«
    »Danke. Ich wäre nie imstande gewesen, das allein zu schaffen.«
    Katie lächelte mit einer gewissen Selbstzufriedenheit. »Schon gut.«
    Quinn setzte sich auf und übergab sich.
    Katies Ruhe brach in sich zusammen. »O nein! Igitt!«
    Er stöhnte.
    »Mom!«, rief Katie. »Er ist wirklich sehr krank. Du musst etwas tun. Ruf die Küstenwache!«
    »Die Küstenwache ist für wirkliche Notfälle da, etwa wenn das Boot leckschlägt oder jemand einen Herzinfarkt erleidet. Wir sind in einer halben Stunde in Friday Harbor.«
    »Aber was, wenn wir es nicht schaffen?«
    Susannah achtete einen Moment lang nicht auf die Wellen, gerade lange genug, um ihre Augen auf das Gesicht ihrer Tochter zu heften. »Ich kann das schaffen, Katie«, entgegnete sie. Sie war keine verängstigte Dreizehnjährige mehr, die sich vor der Kritik ihres Vaters und seiner sicheren Überzeugung, dass sie inkompetent wäre, wegduckte. Sie konnte es schaffen. »Mit Quinn wird alles wieder gut. Du machst es großartig. Halte noch ein wenig durch.«
    »Okay«, sagte Katie. »Okay.«
    Im Handschuhfach fand sie eine Rolle Papierhandtücher und warf sie auf den Boden, um das Erbrochene damit aufzunehmen. Sie half Quinn, sich in dem gepolsterten Sessel gegenüber von Susannahs Sitz zusammenzurollen und stellte sich dann hinter Susannah.
    »Wird Quinn sterben?«, fragte sie leise.
    Nein, nein, nein. »Natürlich nicht. Ich glaube, dass er eine Blinddarmentzündung hat. Das ist etwas Ernstes, aber sobald wir ihn nach Friday Harbor gebracht haben, können sie eine sichere Diagnose stellen und ihn mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus bringen, wenn es sein muss. Er wird wieder gesund werden, das verspreche ich!« Er muss es werden.
    Die Wellen erhoben sich nun draußen im Kanal höher, aber sie folgten einem bestimmten Rhythmus, den Susannah langsam erkannte. Sie konnte es. Ihre Zuversicht stieg, und so drückte sie aufs Gaspedal. Das Boot beschleunigte und schoss die nächste Welle hoch, verharrte kurz auf dem Kamm und krachte hinter der Welle mit einer Wucht in das Tal, dass es einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Quinn wurde aus seinem Sitz geschleudert und landete mit einem Schmerzens- und Angstschrei auf dem Boden. Katie flog vor und stürzte auf Quinn. Als sie die nächste Welle hochzufahren begannen, rollten beide Kinder über den Boden auf die Segeltuchplane zu, die an der Rückseite des Steuerhauses vor dem Heckteil des Boots und dem offenen Meer hing.
    »Fahr langsamer!«, brüllte

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