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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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    Ein paar Minuten lang herrschte Schweigen am Tisch. Die Rufe der Kinder, die durch das offene Fenster von draußen hereingedrungen waren, verebbten, und jetzt hörte Susannah ein heftiges Platschen, als bewegte sich etwas im Wasser.
    »Spielen die Kinder noch immer Fangen?«, fragte sie.
    »Sie haben möglicherweise die Kajaks rausgeholt«, sagte Jim. »Der Mond geht auf.«
    »Sie haben in der Nacht die Kajaks rausgeholt?« Susannah erhob sich. Sie fühlte eine plötzliche Panik.
    »Nur in Nächten wie diesen, wenn es totenstill ist und der Mond scheint«, versicherte Jim. »Die phosphoreszierenden Spuren der Boote sind ziemlich beeindruckend.«
    »Ich will nicht, dass meine Kinder nachts auf dem Meer sind«, sagte Susannah. In dieser riesigen Bucht würdest du nie einen einzelnen Körper finden, selbst bei Tageslicht nicht. Und auf keinen Fall in der Nacht.
    Sie öffnete die Tür; ihr Herz raste. Angst hatte sie hier nach Sounder getrieben. Aber es war, als sei sie einem Wolf entkommen, indem sie sich in der Höhle eines Bären verbarg. Sie erinnerte sich an ihre Sehnsucht, auf jener kleinen Insel in der Mitte des Fox River zu leben, die sie vor all den Jahren gespürt hatte, an ihren Wunsch, nur über das nächste Essen, das nächste bisschen Wärme, die nächste Unterkunft nachzudenken, so wie Shackleton. Aber das war eine dumme, kindische Fantasie, und die Realität bestand darin, dass sie sich und ihre Kinder an einen abgelegenen Ort gebracht hatte, der von Wasser umgeben und fern jeder medizinischen Versorgung war.
    Sie spürte eine Hand auf ihrem Arm. »Langsam, junge Frau. Beruhigen Sie sich.« Barfuß’ Hand umschloss ihr Handgelenk mit einem erstaunlich starken Griff und zog sie zurück.
    Susannah drehte ihm ihr kreideweißes Gesicht zu. »Wenn sie rausfallen, werden wir sie nie finden!«
    »Ihre Kinder können schwimmen, oder?«, fragte Jim. »Aber es ist schon gut. Ich werde sie holen.« Er ging nach draußen, und sie hörte einen langen, schrillen Pfiff, der die Nacht durchschnitt, und einen antwortenden Pfiff aus der Bucht. »Kommt rein!«, rief Jim. Ein anderer Pfiff antwortete ihm.
    Jim kam wieder ins Haus. »Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen«, sagte er. »Sie müssen darauf vertrauen, dass wir hier wissen, was wir tun. Meine Jungs sind kluge Kinder. Und sie sind auch ziemlich verantwortungsbewusst.«
    »Ich habe mit dreizehn einen Bootsunfall erlebt«, erklärte Susannah. »Auf dem Lake Michigan. Mit meinem Vater, meinem Bruder und meiner Schwester. Meine Schwester ist dabei ertrunken. Seither habe ich Angst vor Booten. Einer der Gründe, warum ich hergekommen bin, war der zu versuchen, endlich darüber hinwegzukommen. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe.«
    Betty sah sie an. »Das tut mir leid«, sagte sie. Sie betrachtete Susannah lange, und ihre Augen musterten ihr Gesicht, als hätte sie sie noch nie zuvor gesehen. »Wie alt war sie?«
    »Drei. Janie. Sie war drei.«
    Betty schüttelte den Kopf. »Das ist entsetzlich.«
    »Und es ist noch schwerer, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt«, meinte Barfuß und ließ ihr Handgelenk los. »Gütiger Gott, Sie haben Angst vor Booten, und darum haben Sie sich entschlossen, auf eine Insel zu ziehen?«
    »Ich stelle mich meinen Ängsten«, erwiderte Susannah mutiger, als sie sich fühlte.
    Barfuß schlug mit der flachen Hand auf die hölzerne Theke. »Dann ist ja alles klar. Ich muss morgen nach Friday Harbor fahren – und soweit ich weiß, brauchen Sie Lebensmittel. Wir fahren mit meinem Boot. Sie können morgen damit anfangen, drüber hinwegzukommen.«
    Susannah sah Barfuß an. Mit seinen widerborstigen Augenbrauen, seinen stechenden blauen Augen und dem oben um seinen Kopf gebundenen Tuch sah er aus wie ein Verrückter. Aber sie war so müde . Ständige Wachsamkeit war eine schwere, kräftezehrende Anstrengung.
    »Gut«, sagte sie. »Ich fahre gern morgen mit Ihnen. Danke.«
    Atemlos vom Laufen und mit roten Wangen erschienen die Kinder in der Tür.
    »Was ist los?«, fragte Hood. »Warum wolltest du unbedingt, dass wir zurückkommen?«
    »Susannah möchte die Insel erst ein wenig genauer kennenlernen, bevor sie ihre Kinder nachts mit dem Kajak rausfahren lässt«, erklärte Jim. »Und es wird spät. Morgen ist Schule.«
    Susannah nahm ihren Parka vom Haken an der Hintertür. »Ganz herzlichen Dank für das Essen«, sagte sie. »Für alles. Sie

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