Das Leuchten der Insel
auf.«
Als sie später allein im Bett lag, starrte Susannah in die Dunkelheit und hörte, wie etwas – eine Fledermaus oder Maus? – in der Wand raschelte. Sie lag auf ihrer üblichen Seite im Bett, obwohl Matts Seite leer war. Katie sprach nicht mehr mit ihr. Quinn war schließlich eingeschlafen, nachdem er so heftig an seinen Haaren gedreht hatte, dass eine Handvoll Strähnen auf seinem Kissen verstreut lag.
Sie versank in einen unruhigen Schlaf. Dreimal glaubte sie, jemanden weinen zu hören, und jedes Mal stand sie auf, sah nach den Kindern, fand sie fest schlafend vor und stolperte zurück in ihr Bett. Schließlich kroch sie unter die Decke und blieb mit weit geöffneten Augen auf dem Rücken liegen, bis die Dunkelheit zu weichen begann und der Tag erwachte.
9. Kapitel
Betty 1954
B etty entdeckte die Affäre durch Zufall. Sie war im siebten Monat schwanger und so dick, dass der Arzt eine Zwillingsschwangerschaft in Betracht zog. Eine für Seattle ungewöhnliche Hitzewelle Mitte August hatte zu einer Wasseransammlung in ihrem Körper geführt, und ihre Hände waren derart geschwollen, dass sie nicht mal mehr ihren Ehering tragen konnte.
Als sie eines Morgens aufwachte, war ihr noch heißer und unwohler als sonst. Ihr Rücken schmerzte, sie hatte Krämpfe im Unterbauch, und sie war aufgebläht. Sie beschloss, mit der Fähre von Seattle nach Bainbridge und wieder zurück zu fahren, um auf dem Wasser zu sein und die kühle Brise zu genießen. Ihr gefiel die Vorstellung, etwas so Nutzloses zu tun und nur um der Fahrt willen mit dem Schiff einfach hin- und zurückzufahren. Es hatte etwas frevlerischgenusssüchtiges, auch wenn es nur fünf Cent kostete. Sie versuchte, Bobbie dazu zu bringen, sie zu begleiten, aber ihre Schwester erwartete einen Dekorateur und hatte einen Arzttermin und fand Bettys Vorschlag außerdem etwas verrückt.
Betty sah die beiden erst auf der Rückfahrt. Sie hatte sich eine Außenbank auf der Steuerbordseite ausgesucht, sodass sie während der Fahrt im Schatten des Kabinenaufbaus saß. Der dumpfe Druck in ihrem Kreuz war zu einem hartnäckigen Schmerz geworden, und sie war froh, als sie saß. Die Brise riss an ihrem Kleid, hob ihr Haar und kühlte ihre heiße, geschwollene Haut. Sie betrachtete die Skyline von Seattle und dachte an ihr Baby. Wenn es ein Junge werden würde, wollte ihn Bill Michael nennen, nach einem seiner Kumpel. Aber Michael war ein so häufiger Name. Betty bevorzugte einen ungewöhnlichen Namen wie Grady oder Riley. Wenn es ein Mädchen würde, wollte Bill sie Roxanne nennen. Als er ihr das sagte, hatte Betty herzlich gelacht. Roxie . Das klang mädchenhaft und kämpferisch zugleich, und ihr gefiel es.
Betty war sich allerdings sicher, dass es ein Junge werden würde. Sie fühlte sich erheblich ungezwungener in der Gesellschaft von Männern, auch wenn sie ein enges Verhältnis zu ihren Schwestern hatte, und konnte sich kaum vorstellen, eine Tochter großzuziehen. Und sie liebte Bill so sehr, dass sie sich einen Jungen für ihn und für sich wünschte, weil ein Junge noch sichtbarer ein Teil von Bill sein würde.
Das Baby in ihr trat um sich. Sie spürte einen Stoß gegen ihre Rippen, und dann drehte es sich und erzeugte eine durch ihren Bauch gehende Wellenbewegung. Sie konnte sich das Baby noch immer nicht als Person vorstellen, als jemanden, den sie herzen, ernähren und lieben würde. Und sie konnte sich selbst in ihren wildesten Träumen nicht vorstellen, das Baby mehr zu lieben als Bill.
Seitdem sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte, verhielt er sich anders. Nicht verärgert, nicht traurig, einfach anders. Er stand morgens auf, ging zur Arbeit, kam nach Hause, aß sein Abendessen, lächelte sie an, las die Zeitung, trank ein Bier und ging ins Bett. Sie folgte ihm natürlich, aber selbst dann legte er ihr lediglich eine Hand auf die Hüfte, beugte sich vor, um ihre Wange zu küssen, und drehte sich gähnend zur Wand hin. Die leidenschaftlichen Küsse und der gierige Sex, die den Anfang ihrer Ehe charakterisiert hatten, waren verschwunden. Er hatte nicht mehr mit ihr geschlafen, seit sie ihm erzählt hatte, dass sie schwanger sei. Das sei normal, versicherte ihr der Arzt, und möglicherweise das Beste für das Baby. Aber Betty vermisste Bills glatte Haut an ihrer, und sie vermisste ihn. Er hatte auch Alaska in den vergangenen Monaten kein einziges Mal mehr erwähnt und die topografische Karte von Chugiak weggepackt, die wochenlang ausgebreitet auf
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