Das Leuchten der Insel
Blick landete auf Toby, dem schwarzen Labrador, der Barfuß gehörte und der auf einem geflochtenen Läufer neben der Tür schlief.
»Darf Toby mit?«, fragte Quinn.
Beim Klang seines Namens richtete sich Toby auf und wedelte mit dem Schwanz.
»Klar, nimm Toby mit«, sagte Barfuß.
Quinn packte die Taschenlampe von Baker mit einer Hand und legte seine andere Hand auf Tobys Kopf. Er musterte die Taschenlampe und sah dann Susannah an. »Brauch’ ich ein Handdesinfektionsmittel?«, fragte er.
Susannah schüttelte den Kopf.
Nachdem sich die Tür hinter den Kindern geschlossen hatte, fragte Jim mit erhobenen Brauen: »Handdesinfektionsmittel?«
»Er hat Angst vor Keimen«, antwortete Susannah seufzend. »Ein anderer Grund, warum wir hergekommen sind.«
»Weil es auf Sounder keine Keime gibt?«, prustete Barfuß heraus.
»Nein. Natürlich weiß ich, dass es hier Keime gibt. Aber die Keime waren ein Teil des Ganzen. Er hatte Angst, dass ihm in der Schule schlecht würde und er sich übergeben müsste und dass sich dann alle über ihn lustig machen würden. Quinn war schon immer anders als andere, und manchmal wird er ein wenig zum Außenseiter.«
»Haben Sie ihm mal beigebracht, wie man eine anständige Gerade schlägt?«, fragte Barfuß.
Susannah lächelte: »Sie klingen wie mein Mann. Das Problem an einem Ort wie Tilton besteht darin, dass wir, wenn Quinn ein anderes Kind schlüge, selbst dann, wenn das wohlverdient wäre, von dessen Eltern wegen Körperverletzung angezeigt würden.«
»Oh, um Himmels willen«, rief Barfuß. »Mir ist zwei Mal die Nase gebrochen worden.« Er rieb sich den Höcker auf seinem schiefen Nasenrücken. »Und ich habe selbst ein paar Nasen zertrümmert. Ich werde ihm Boxunterricht geben.«
Susannah stellte sich vor, wie eine Faust in Quinns süßem sommersprossigem Gesicht landete, und diese Vorstellung drehte ihr den Magen um. »O Gott, nein! Ich will nicht, dass er kämpft. Er muss einfach lernen, die Sachen leichter an sich abperlen zu lassen, wissen Sie.«
»Hier wird er kein Außenseiter sein«, mischte sich Jim ein. »Die Gruppe ist zu klein. Und mal ehrlich: Leute, die sich dazu entschließen, an einem Ort wie Sounder zu leben und hier ihre Kinder aufzuziehen, neigen ohnehin dazu, ihrem eigenen Kopf zu folgen.« Er grinste: »Hier sind wir alle anders.«
»Da sprichst du wohl von dir selbst«, meinte Barfuß und wandte sich wieder Susannah zu. »Hören Sie, selbst wenn er nie wirklich jemandem das Nasenbein zerschmettert, wäre es gut für ihn zu wissen, dass er es tun könnte . Das stärkt das Selbstbewusstsein. Und da Sie alleinerziehend sind, könnte dem Jungen die Unterstützung eines Mannes in diesem Punkt helfen.«
Eine plötzliche Sehnsucht nach Matt ergriff Susannah. Aus irgendeinem Grund stieg in ihrer Erinnerung ein Bild von Matt hoch, das aus jener Zeit stammte, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte – als Siebenjähriger in Badehose auf dem Sandstrand stehend, dünn und nussbraun, während er zusah, wie sie mit T.C. McNeely um die Wette rannte. »He, neues Mädchen«, hatte er gerufen. »Wetten, dass ich dich schlagen kann?« Sie erinnerte sich an die Tränen der Enttäuschung, die in seine Augen getreten waren, als er stolperte und verlor. Er mied sie anschließend, aber sie behielt ihn im Auge.
Drahtig und athletisch, war er der Beste in den meisten Sportarten, stets der Teamkapitän, besessen von Fairness. Mehr als einmal verließ er nach einer falschen Entscheidung das Baseballfeld. Aber hinter seinen wachsamen Augen und seiner stillen Eindringlichkeit verbarg sich ein weiches Herz. In einem Jahr schenkte er seine gesamten Süßigkeitsvorräte einem Jungen, dessen Eltern ihm den ganzen Monat hindurch nicht einen einzigen Brief geschickt hatten. Und nachts schlich er sich nach draußen, um die Glühwürmchen zu befreien, die von den Kindern in Gläsern gefangen gehalten würden.
In einem Haus aufgewachsen, in dem nichts fair zu sein schien, fühlte sich Susannah zu Matts Integrität und seiner dickköpfigen Beharrlichkeit hingezogen. Nach jenem ersten Sommer, in dem er weinte, nachdem er das Rennen verloren hatte, sah ihn Susannah nie mehr weinen. Jahr für Jahr arbeitete er härter an sich – im Sport, in der Schule, im Verbergen seiner Verlegenheit über die Armut seiner Familie. Er sprach nicht viel und lachte nur selten.
Susannah hingegen sprach und lachte viel in dem Camp, weil sie dort frei war. Zunächst war das Camp eine Erholung von dem
Weitere Kostenlose Bücher