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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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dem Couchtisch gelegen hatte.
    Ein helles, glucksendes Lachen erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie drehte den Kopf. Eine Frau in gelbem Kleid lehnte sich mit dem Rücken an die grüne Eisenreling der Fähre. Ihr Kleid wurde in der Taille durch einen weißen Gürtel zusammengerafft, und diese Taille war so schlank, dass der Mann, der ihr gegenüber mit dem Rücken zu Betty stand, sie mit seinen beiden Händen hätte umschließen können. Sie hatte rote Haare und trug einen kecken kleinen grünen Hut, und sie lachte und sah zu dem Mann hoch, als er sich zu ihr beugte, um sie zu küssen. Und irgendetwas an den Schultern des Mannes und dem Winkel seines Nackens, als er sich an die Frau im gelben Kleid lehnte, ließ einen Schock des Erkennens durch Betty fahren.
    »Bill?«
    Er hörte sie nicht.
    Betty bemühte sich aufzustehen. Sie war jetzt so dick, dass sie nicht aufstehen konnte, ohne sich von den Lehnen eines Stuhls abzustoßen oder Bill beide Hände zu reichen, damit er sie hochzog. Aber die Bank, auf der sie saß, hatte keine Lehnen, und Bill wandte ihr den Rücken zu. Sie stützte sich mit beiden Händen seitlich auf der Bank ab und versuchte aufzustehen, aber die rollende Bewegung der Fähre riss sie mit, und sie verlor ihr Gleichgewicht und fiel mit schrecklicher Wucht nach hinten, wobei sie mit dem Steißbein auf der Metallbank aufschlug.
    Bill drehte sich um und sah sie. Und es war kein Zufall, dachte sie damals und auch später, dass genau in dem Augenblick, in dem sich ihre Augen trafen, ein Schmerz durch ihren Bauch schoss.
    Ihre Zwillinge wurden am nächsten Morgen geboren, zwei Monate zu früh, und sie starben noch in der Nacht.
    Bobbie wollte, dass sie ihn verließ. Betty – oder vielmehr der kleine Teil von ihr, der noch rational denken konnte und noch nicht in einem Strudel aus Gram, Wut und Sehnsucht untergegangen war – wusste, dass sie ihn verlassen musste . Aber Bill war am Boden zerstört. Der Tod der Babys, beides Jungen, hatte seine Schuldgefühle derart verstärkt, dass sich Betty um seinen Verstand zu sorgen begann. Er wich eine Woche lang nicht von ihrer Seite und schlief im Krankenhaus auf dem Boden neben ihrem Bett. Die Schwestern warfen ihn nach dem Ende der Besuchszeit hinaus, aber irgendwie gelang es ihm immer, sich wieder hereinzuschleichen, und da lag er dann morgens, auf dem Boden zusammengerollt, den Kopf auf Bettys Reisetasche.
    Er kaufte ihr Blumen. Er kaufte ihr einen Ring mit einem winzigen blauen Saphir als Symbol ehelicher Treue. Er schwor ihr, dass es nur ein Mal gewesen und nicht über ein paar Küsse hinausgegangen sei. Die Frau sei Sekretärin bei Boeing und habe immer wieder mit ihm geflirtet, und er sei schließlich schwach geworden. Das sei jämmerlich, und er wisse nicht, wie das habe geschehen können. Er habe bloß solch schreckliche Angst verspürt vor der Verantwortung, Kinder zu haben, sowie vor der Aussicht, an seinen Schreibtischjob und an Seattle gekettet zu sein und ein ewig gleichförmiges Leben führen zu müssen, das sich bereits wie ein endlos durch die Prärie verlaufender Schienenstrang vor ihm abzeichnete. Aber jetzt sei selbst das nicht so erschreckend wie die Vorstellung, sie zu verlieren. Er liebe sie.
    Die erste Woche dämmerte sie schlafend und von Betäubungsmitteln benommen vor sich hin. Bobbie, aber auch ihre Mutter und Großmutter kamen und gingen. Bill war der Einzige, der ständig da war.
    »Du kannst mit mir nach Hause kommen«, flüsterte ihr Bobbie mehrfach zu.
    Betty schüttelte den Kopf. Wie konnte sie so eine Entscheidung treffen, vor allem jetzt? Sie war zerstört, und Bill war zerstört, und sie waren zerstört. Sie wollte für immer im Krankenhaus bleiben, mit den effizienten Krankenschwestern, dem Geruch von Franzbranntwein und den frisch gestärkten Laken. Sie wollte auf kleinen blauen Pillen entschweben und von anderen Menschen mit Essen versorgt und gebadet und verhätschelt werden wie ein Baby. Wie ein Baby.
    Etwas an diesem Gedanken, zusammen mit der Prallheit ihrer schmerzenden milchgefüllten Brüste, ihrem leeren Bauch und ihren leeren Armen, ließen Bettys Trauer schließlich ausbrechen. Sie lag auf dem Rücken, und die Tränen liefen ihr von den Augenwinkeln in die Ohren. Sie weinte wegen der Babys, wegen Bill, wegen sich selbst, wegen allem.
    Bill schlief auf dem Boden und wachte auf, als er ihr Schluchzen hörte. Er kam zu ihr, kniete neben ihrem Bett, schlang seine Arme um sie und drückte sein Gesicht an ihre

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