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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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nannte, ausführen. Oder sie sah ihn auf dem Schulhof, wo er an der stählernen Querstange der Schaukel Klimmzüge machte, oder auf den Fahrwegen von Sounder, die er mit schwerem Rucksack entlangjoggte.
    Als ihn Betty das erste Mal auf der Straße rennen sah, nur mit langen Baumwollshorts bekleidet und schwerem Gepäck auf dem Rücken (er trug nicht einmal Schuhe!), vermutete sie noch, dass er es eilig hätte, nach Hause zu kommen. Darum drosselte sie ihren Motor, fuhr im Kriechtempo zu ihm hin und bot ihm an, ihn mit dem Wagen zu fahren. Er funkelte sie mit seinen strahlend blauen Augen an und entgegnete: »Warum soll ich fahren, wenn ich zwei starke Beine zum Laufen habe?« Dann rannte er vor ihr weg auf der Straße davon.
    Betty kannte Lem nicht genauer. Sie wusste nur, was sie gehört hatte. Und das war, dass er vor ein paar Jahren mit großem Engagement zum Bau der neuen Schule beigetragen hatte: Er hatte Bäume gefällt und den Boden gerodet, um eine freie Fläche zu schaffen, und die Bruchsteinmauer zu errichten geholfen, die das Schulgelände von der Straße abschirmte. Sie hatte außerdem gehört, dass er Marie Doucette, die tödlich an Krebs erkrankt war, jeden Abend nach dem Essen einen speziellen Tee bereitete und ihr vorbeibrachte, um ihre Schmerzen zu lindern. Ferner hatte sie erfahren, dass er seit sechs Jahren kein Wort mehr mit George Hamlin sprach, weil er über eine beiläufige Bemerkung von George so verärgert war, dass er ihn als Dummkopf abgeschrieben hatte.
    »Glaubst du, dass Lem Jacobsen bereit wäre, Jim das Schwimmen beizubringen?«, fragte sie Claire.
    Sie waren draußen auf der Wiese neben dem weißen Cottage und hängten die frisch gewaschene Wäsche auf die Leine, während die Kinder in der Nähe spielten.
    »Die Kinder nennen ihn inzwischen ›Barfuß‹«, sagte Claire und schob ihre dunklen Haare hinter das Ohr, »weil ihn noch nie jemand in Schuhen gesehen hat.«
    Claire war klein, hatte ein herzförmiges Gesicht, glänzende braune Haare und braune Augen. Es war Betty schwergefallen, ihr trotz ihres guten Aussehens als Freundin zu vertrauen, denn eigentlich achtete sie darauf, möglichst keine Frauen in ihrer Nähe zu haben, die Bills Aufmerksamkeit erregen konnten.
    »Wie auch immer man ihn nennen mag, er ist ein hervorragender Schwimmer. Glaubst du, dass er die nötige Geduld aufbringen würde, Jim zu unterrichten?«
    »Barfuß ist nicht für seine Geduld bekannt«, erwiderte Claire. »Aber vielleicht macht er es ja. Er mag Kinder, obwohl ich bezweifle, dass er je selbst welche haben wird.«
    »Warum? Er kann nicht viel älter sein als ich.«
    »Das ist er auch nicht. Aber er ist keiner, der heiraten würde.«
    »Was heißt das?«
    »Ich weiß nicht. Er ist die ganze Zeit auf Reisen. Dieses Jahr war er sechs Monate im Iran, und letztes Jahr war er in der Ukraine. Er hat noch nie eine Frau auf der Insel auch nur eines zweiten Blickes gewürdigt, wobei es hier zugegebenermaßen nicht viele alleinstehende Frauen gibt.« Claire sah Betty mit einem durchtriebenen Lächeln an: »Und Barfuß sieht weiß Gott gut aus. Hast du ihn gesehen, wenn er Klimmzüge an der Schaukel macht?«
    Betty streckte sich, um die Ecke eines großen weißen Lakens an der Wäscheleine festzuklammern. Der Wind fuhr unter das Laken, hob es an und ließ es wieder gegen sie zurückschlagen.
    »Natürlich habe ich ihn gesehen. Allerdings kann ich nicht behaupten, dass ich ihn auf die gleiche Weise wahrgenommen habe wie du.«
    »Vor ein paar Jahren erzählte man sich, er habe eine Frau in Tibet. Er reist dort jedes Jahr für zwei oder drei Monate hin. Aber dann sagte jemand anders, er sei geschieden. Ich persönlich glaube, dass er wie Heathcliff ist – du weißt schon, unsterblich verliebt in eine Frau, die er nicht bekommen kann, weshalb er allen anderen abgeschworen hat.«
    Betty verdrehte die Augen. »Mir ist es egal, ob er sechs Frauen oder eine tote Geliebte oder vierzehn vaterlose Kinder hat. Ich muss dafür sorgen, dass Jim schwimmen lernt.«
    »Dann frag ihn.«
    »Das werde ich.« Sie grinste Claire an: »Soll ich ihm sagen, wie sehr du seinen Körperbau bewunderst?«
    Claire errötete sittsam. »Nein danke. Schließlich bin ich verheiratet.«
    »Ich weiß«, sagte Betty. »Schön, dass du dich daran erinnert hast.«
    Sie erzählte es Claire nicht, aber als sie das nächste Mal wieder an der Post vorbeiging und Barfuß auf dem Platz Liegestütze machen sah (wobei er nur Shorts, kein Hemd und keine Schuhe

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