Das Leuchten der Insel
missbilligend mit der Zunge.
»Was ist?«, fragte sie und drehte sich zu ihm um.
»Können Sie nicht ein gutes Essen genießen und anschließend einfach sitzen bleiben?«, fragte er. »Dieses Geschirr wird am Morgen auch noch da sein, der aufgehende Mond nicht.«
»Am Morgen werden hier aber auch zwei hungrige Jungen sein. Und Hühner, die gefüttert, und Ziegen, die gemolken werden müssen.«
»Da mögen Sie recht haben.«
»Ich habe recht, aber auf eine idiotische Weise«, dachte Betty.
Sie ließ den Spüllappen fallen und ging nach draußen. Barfuß folgte ihr, und sie standen kurz auf der Veranda und beobachteten, wie sich der Himmel von einem hellen in ein dunkles Blau verfärbte und wie sich das erste schwache Funkeln der Sterne zeigte. Sie empfand eine merkwürdige Einsamkeit. Jims Schwimmunterricht war beendet, Barfuß würde in zwei Wochen eine sechsmonatige Reise in den Nahen Osten antreten, und Bill würde nur für vier Wochen nach Hause kommen, bevor er wieder abfahren müsste. Sie fröstelte.
»Mir ist kalt«, sagte sie. »Ich gehe rein.«
Barfuß ging mit ihr ins Haus. »Das war ein leckeres Essen«, sagte er. »Danke! Ich kann den Abwasch für Sie erledigen.«
»Ich bitte Sie«, widersprach Betty. »Machen Sie sich keine Gedanken um das Geschirr. Das ist nicht viel.« Sie streckte ihm ihre Hand entgegen. »Ich kann Ihnen gar nicht genug für den Schwimmunterricht danken. Und noch weniger für all das, was Sie für Jims Selbstbewusstsein getan haben. Sie waren sehr gut zu ihm.«
»Ich war so gut zu ihm, wie er es verdient hat«, antwortete Barfuß.
Er nahm ihre ausgestreckte Hand nicht, und so ließ sie sie wieder sinken. Barfuß sah sie durchdringend an.
»Mein Gott, Sie sind wirklich eine begehrenswerte Frau«, sagte er. »Ich würde jetzt gern mit Ihnen schlafen.«
Seine Direktheit erschreckte und verwirrte sie, und die deutliche Antwort ihres Körpers auf seine Worte nicht minder.
»Was lässt Sie annehmen, dass ich mit Ihnen ins Bett gehen würde?«, erwiderte Betty.
»Was lässt Sie annehmen, dass Ihnen eine Wahl bliebe?«, gab Barfuß zurück.
Sie hatte keine Angst vor ihm. Barfuß war vieles, aber gewiss nicht brutal und rücksichtslos, und sie wusste, dass er sie niemals ohne ihr Einverständnis berühren würde. Aber sein rohes Verlangen nach ihr und seine Verwegenheit erregten sie.
Bill war in Alaska und hatte sie häufiger betrogen, als sie es aufzuzählen vermochte. Warum sollte sie das nicht auch haben – jemanden, der sie in den Armen hielt und befriedigte und ihr etwas von ihrer Einsamkeit nahm?
»Wenn Sie meine Frau wären«, unterbrach Barfuß ihre Gedanken, »würde ich Sie mit absoluter Sicherheit nicht neun Monate im Jahr allein lassen.«
»Ich bin aber nicht Ihre Frau«, sagte Betty.
Barfuß legte seine Hände auf ihre Hüften und zog sie zu sich heran. Betty lehnte sich zurück und sah ihm direkt in die Augen.
»Ich bin keine Betrügerin«, sagte sie. »Ich mach’ so etwas nicht.«
Barfuß lächelte sie an: »Ich bin ebenfalls kein Betrüger«, sagte er. »Ich bin aber auch nicht monogam. Aus diesem Grund habe ich mich – im Gegensatz zu Ihrem Mann – dafür entschieden, nicht zu heiraten.«
»Sie Dreckskerl!«, schrie Betty und riss sich los. »Sie wissen nichts über meinen Mann. Wie können Sie es wagen, über ihn zu urteilen?« Sie war jetzt verärgert und konnte fühlen, wie eine dichte, heiße Wut in ihr hochstieg. Sie starrte Barfuß an, der sie gedankenverloren anlächelte, als genösse er ihre Wut und Verwirrung. Irgendetwas in ihr rastete aus, und sie hob den Arm und schlug ihm mitten ins Gesicht.
Der Schlag traf seine Wange. Seine Hände schossen hoch, und er packte ihre beiden Handgelenke. Sie stand schwer atmend da und sah ihn und den roten Abdruck ihrer Hand auf seiner Wange an. Sie wollte ihn erneut schlagen; sie wollte seinen glühenden Kopf mit beiden Händen umfassen und ihn küssen, heftig, und seinen Körper an ihren ziehen. Sie war so sehr zwischen Wut und Verlangen hin- und hergerissen, dass sie nicht mehr klar denken konnte.
Barfuß wartete ein paar Minuten, die Hände um ihre Gelenke, bis sich ihr Atem verlangsamte und sich ihr Körper entspannte.
»Es tut mir leid, wenn ich Bill beleidigt habe«, sagte er schließlich. »Ich habe mich schlecht benommen. Ich bewundere Sie schon lange, Elizabeth, und hasse es zu sehen, wie hart Sie für so wenig Gegenleistung arbeiten. Sie haben einen wohlgeratenen Sohn, und ich bin sicher, dass
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