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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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Ordnung«, sagte Susannah. »In Ordnung. Ich werde Mutter einladen.«
    »Fein«, sagte Matt. »Ich muss los.«
    »Aber wir haben nur ein paar Minuten miteinander telefoniert. Du fehlst mir, Mattie.«
    »Gut. Ich muss trotzdem los.«
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Was meinst du?«
    »Wir reden einfach nicht viel miteinander. Ich meine, dass es schwer ist, dich telefonisch zu erreichen, und wenn wir dann miteinander sprechen, erscheinst du stets irgendwie distanziert. Was ist los?«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, entgegnete Matt.
    »Du fehlst mir«, sagte Susannah.
    »Nun, vielleicht hättest du darüber nachdenken sollen, bevor du fast fünftausend Kilometer weit weggezogen bist.«
    Diese Aussage hing nun zwischen ihnen in der Luft. Susannah hörte auf, den Teig zu rühren.
    »Ich dachte, wir seien einer Meinung darüber gewesen, dass dies das Beste für die Kinder und für unsere Familie ist.«
    » Du bist dieser Meinung gewesen, Susannah. Um ehrlich zu sein, kann ich es nicht fassen, dass du da draußen bist mit unseren Kindern, die auch meine Kinder sind, während ich hier allein bin und im Schweiße meines Angesichts das Geld verdiene, damit du deine kleine Fluchtfantasie ausleben kannst.«
    Der Zorn in seiner Stimme überraschte Susannah sehr. »Wir sollten vielleicht besser später darüber sprechen. Ich will …«
    »Vergiss es. Es ist, wie es ist, und du bist nun da draußen, und wir werden das Beste daraus machen. Zumindest hoffe ich, dass wir das Beste daraus machen werden. Aber erwarte nicht von mir, dass es mir gefällt. Ich muss los.«
    »Du hoffst , dass wir das Beste daraus machen? Was soll das heißen?«
    »Denk einfach dran, was vor unserer Hochzeit passiert ist.«
    »Matt! Das ist hiermit nicht zu vergleichen.«
    Sie hatten in dem Jahr geheiratet, in dem sie beide neunundzwanzig wurden. Susannah war zwei Monate vor ihrer Hochzeit zu Matt nach Chicago gezogen. Obwohl sie einander seit so vielen Jahren kannten, hatten sie nie zuvor tagein, tagaus zusammengewohnt. Susannah hatte mehr Angst davor, als sie zugeben mochte. Ihr Vater war inzwischen zum dritten Mal verheiratet, und ihre Mutter hatte sich in eine Schale aus distanzierter Wohlanständigkeit zurückgezogen. Und sie selbst spürte eine fast uferlose Sehnsucht nach Liebe und Zuwendung, die sie zu verschlingen drohte.
    An einem Morgen, an dem sie einen weiteren langen, leeren Tag vor sich hatte, während Matt im Institut war, befiel sie Panik. Matt war so stabil, so sicher – und sie? Sie hatte ihre Arbeit aufgegeben, um nach Chicago zu ziehen, und wusste nicht, ob sie in der Lage sein würde, eine neue Stelle zu finden. Die Ehe ihrer Eltern war bestenfalls schwierig gewesen, bis Janies Tod sie gänzlich zerstört hatte.
    Susannah wusste nicht, wie sie eine gute Ehefrau und Mutter würde sein können, und Matt wünschte sich Kinder. Was, wenn sie ihn und ihre noch ungeborenen Kinder enttäuschte?
    Sie verließ die Wohnung, ging zur Bushaltestelle und fuhr mit dem Bus zum nördlich gelegenen Ann Arbor, wo sie das College besucht hatte. Sie verbrachte dort eine Woche in einer kleinen Pension, streifte durch die Buchläden und las voller Begeisterung all die Geschichten von Leuten, die Kriege, Flugzeugabstürze, Hungersnöte, Drogenabhängigkeiten, Entführungen und Schiffbrüche überlebt hatten, also erheblich verheerendere Dinge, als sie durchstehen musste. Matt hatte sie eine nichtssagende Notiz hinterlassen, dass sie etwas Zeit und Raum für sich brauche. Aber was sie wirklich benötigte, war die Überzeugung, dass sie wirklich und wahrhaftig seiner wert war. Sie erlangte diese Überzeugung in Ann Arbor zwar nicht, aber sie heiratete ihn trotzdem.
    »Mattie«, sagte sie. »Das war etwas anderes!«
    »Du bist weggelaufen«, erwiderte er. »Und fraglos fühlt es sich jetzt genauso an.«
    Sie hörte es klicken. Er hatte aufgelegt.
    Am nächsten Morgen kamen Hood und Baker vorbei, um Katie und Quinn zur Schule abzuholen. Hood trug ein grünes T-Shirt mit der Aufschrift »Ich übergebe mich – an Thoreau«.
    »Herrlich«, meinte Susannah.
    Hood grinste sie augenzwinkernd an. »Thoreau war nun wirklich ein toller Schriftsteller.«
    Als sie an jenem Nachmittag zur Schule ging, hatte sie den frischen, noch warmen Apfelmuskuchen bei sich. Goldgelbe und rote Blätter des Großblättrigen Ahorns bedeckten den Boden, und noch immer hingen ein paar späte, von Vögeln angepickte Früchte in den obersten Ästen der Apfelbäume. In diesem Jahr hatte

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