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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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drangsaliert oder frech zu dir ist. Quinn muss lernen, ihr Kontra zu geben und sich selbst zu verteidigen, und du musst das, offen gesagt, ebenfalls lernen.«
    »Was?« Susannah war außer sich vor blinder Wut. » Nein , das muss ich nicht. Du bist dermaßen stocksteif und verkrampft, dass du überhaupt nicht begreifst, was es heißt, wenn deine Gefühle verletzt werden.«
    »Machst du Witze?«, fragte Matt ungläubig.
    »Nichts dringt zu dir durch, nichts berührt dich. Es stört dich nicht, wenn Quinn schikaniert wird oder Katie gemein ist oder wir uns entschließen zu gehen …«
    »Das ist doch nicht zu fassen!«
    »Glaubst du, ich wäre hierher gefahren, wenn du mich auch nur ein Mal in die Arme genommen und gesagt hättest: ›Geh nicht!‹?«
    Aber natürlich hatte er das nicht getan. Niemand, niemand konnte sie so sehr lieben.
    »Und wenn ich das getan hätte, wärst du wütend auf mich gewesen, weil ich dich zurückgehalten hätte. Ich kann nicht gewinnen. Was glaubst du, wie es sich anfühlt, derjenige zu sein, der zurückbleibt? Dies ist schließlich nicht das erste Mal, dass du weggelaufen bist.«
    »Ach, komm. Ich bin für ein paar Tage weggegangen, als wir noch nicht verheiratet waren.«
    »Und wirst du das nächste Mal, wenn es Probleme gibt, wieder gehen?«
    Lila und Katie hatten sie eingeholt, und Lila legte eine Hand auf Susannahs Schulter.
    »Susie?«, fragte sie. »Was ist los?«
    Susannah wirbelte zu ihr herum. »Als wenn dich das interessieren würde! Ist es nicht komisch, dass ich jemanden geheiratet habe, der genau wie du ist – jemanden, der meint, ich sei es nicht wert, beschützt zu werden?«
    Nachdem sie das ausgesprochen hatte, rannte Susannah am Wagen vorbei in den Wald und auf den nach Hause führenden Pfad. Sie rannte, bis ihre Lungen schmerzten und sie nicht mehr rennen konnte, woraufhin sie ihr Laufen zu einem Gehen verlangsamte. Sie blieb kurz stehen und beugte sich, die frische Luft tief einatmend, mit den Händen auf den Knien nach vorn. Direkt neben dem Weg hüpfte eine Drossel mit ihrer bräunlich-orangefarbenen Kehle auf dem Boden. Aus dem Stumpf einer umgefallenen Zeder wuchs dickes grünes Moos, das sich leuchtend von der graubraunen Borke abhob. Sie richtete sich auf. Dies alles zu betrachten, beruhigte sie auf merkwürdige Weise. Sie war von Verfall umgeben – dem verrottenden Baumstumpf, den verwesenden Blättern, dem lehmigen Boden –, doch all das bildete den Nährboden für neues Leben.
    Katies brüske Haltung während des vergangenen Jahres hatte alte Wunden bei ihr aufgerissen. Irgendwie hatten sich Katie und ihr Vater miteinander vermischt, und Katies verletzende Kritik erinnerte sie an all ihre Versäumnisse und Schwächen. Lila war nie für sie eingetreten, und Matt würde nicht für sie eintreten. Vor Katies Pubertät hatte Susannah nie daran gezweifelt, dass Matt auf ihrer Seite stand, selbst wenn sie es als schwierig empfunden hatte, auf ihrer Seite zu sein.
    Sie dachte an ihren Hochzeitstag, als er vor allen in der Kirche Anwesenden ihrem Vater die Stirn geboten hatte. Sie hatte geplant, sich von beiden Elternteilen zum Altar führen zu lassen, um so ihre Mutter zu würdigen, ohne ihren Vater auszuschließen. Aber ihr Vater – noch immer Alkoholiker mit dem für Alkoholiker typischen Jähzorn und einer Überempfindlichkeit gegenüber jeder vermeintlichen Herabsetzung – war wütend, weil er sich seines Rechts beraubt fühlte, seine einzige Tochter ihrem Ehemann zuzuführen. »Schließlich werde ich Janie nie zum Altar führen.«
    Am Tag der Hochzeit erschien er betrunken. Zwar lallte er nicht, aber er war betrunken genug, um eine boshafte Wut durch sein Lächeln funkeln zu lassen. Hinten in der Kirche hatte er, bevor die Musik einsetzte, Lila mit den Ellenbogen weggestoßen und gesagt: »Ich führe meine Tochter allein zum Altar.« Lila hatte Susannah einen Blick zugeworfen, zu ihrem Exmann hinübergesehen und war zur Seite getreten. »Sie will auf meiner Hochzeit keine Szene machen«, hatte Susannah gedacht. »Ich will auf meiner Hochzeit auch keine Szene machen. Und dieser Bastard weiß es, er kennt uns beide gut genug.« Sie hatte angesetzt, zu ihrem Vater zu sagen: »Dad, wir hatten doch vereinbart …«, aber ihre Mutter hatte den Kopf geschüttelt und geflüstert: »Nicht!«
    Die Musik begann zu spielen, die Brautjungfern setzten sich in Bewegung, und die Gäste drehten sich erwartungsvoll in ihren Sitzen um. Susannahs Vater nahm ihren Arm und

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