Das Leuchten der Insel
Koffer. Sie wusste, dass es sinnlos gewesen wäre, um einen Untersetzer zu bitten. Barfuß war der Überzeugung, dass man Dinge – selbst kostbare Dinge – benutzen, nicht verehren sollte.
»Sie ist kein böses Kind«, meinte sie. »Sie hat sich auf dem Boot kräftig abgerackert und gute Arbeit geleistet. Außerdem ist sie intelligent.«
Er stand auf, um das Feuer noch einmal zu schüren. »Und diese Mutter von ihr sollte ab und zu mal ein wenig Anti-Ängstlichkeitsmedizin einnehmen. Ich weiß ja nicht, ob sie noch mal ein wenig Marihuana probieren will, aber ich könnte ihr einen guten Beruhigungstee machen.«
Betty lächelte: »Ich mag Susannah. Sie hat ein gutes Herz. Sie würde sich die Arme ausreißen, um jemandem zu helfen. Aber zugleich ist sie eine ständige Grüblerin. Sie ist wie Jim. Sie nimmt alles zu wichtig und denkt zu viel nach.« Betty strich mit der Hand über den glatten weißen Stoff auf der Armlehne. »Manchmal befürchte ich, dass sie sich zu sehr für Jim interessiert. Ich bin froh, dass ihr Mann jetzt hier ist.«
»Wo zum Teufel steckt Fiona?«
»Sie wird rechtzeitig zu Weihnachten wieder da sein.«
Barfuß hob die Brauen. »Das glaub ich, wenn ich’s sehe. Sie ist eine tolle Frau, aber sie sollte Jim und die Jungen nicht für eine so lange Zeit allein lassen.«
»Susannah macht’s genauso.«
»Und sie verhalten sich beide falsch.«
»Es ist das, was Bill getan hat.«
Barfuß schüttelte den Kopf. »Ne, ne, ne, du, in diese Falle werde ich nicht mehr tappen! Ich habe seit dem Tag, an dem dein Sohn seinen Schwimmunterricht beendet hat, kein Wort gegen deinen Mann gesagt, und ich werde jetzt auch nicht damit anfangen.«
Betty lächelte und nickte anerkennend. »Ich hatte meine Vorbehalte gegenüber Fiona, wie du weißt, aber ich glaube, dass sie Jim und die Jungen liebt. Ich glaube, dass sie einfach Platzangst bekommen hat. Wie du weißt, ist sie ein Dutzend Jahre jünger als Jim, und als sie ihn geheiratet hat, war sie zwanzig. Sie hat viele Jahre damit verbracht, hier zu arbeiten und zu leben. Ich gönne ihr diese Auszeit, zumindest inzwischen.« Betty sah zum Fenster, vor dessen Scheiben es dämmerte, und in den endlosen Himmel über der Klippe. »Sie steht täglich per E-Mail mit ihm in Kontakt. Jim hat mir ein paar ihrer Briefe gezeigt. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass sie sich hinreichend klar darüber geworden ist, dass sie es braucht und mag, irgendeiner Arbeit nachzugehen, aber dass Sounder ihr Zuhause ist und dass sie ihren Mann liebt.«
»Um deines Sohnes willen hoffe ich, dass das wahr ist.«
»Du bist schon immer zynisch gewesen.«
»Ich bin schon immer realistisch gewesen, Elizabeth.«
»Ich auch.«
»Das stimmt.«
Er hatte sie ein Mal gebeten, ihn zu heiraten. Das war zwei oder drei Jahre nach Bills Tod gewesen. Sie hatte an einem kühlen Aprilabend Rote Beete gepflanzt, als er mit einem Korb frischer Kräuter und Blattgemüse aus seinem Gewächshaus die Zufahrt heraufstieg. Er kam nie mit leeren Händen zu ihr. Eines Tages hatte er ihr zwei glänzende schwarze Federn mitgebracht, die er oben auf der Klippe gefunden hatte. »Sie stammen von einer Pinselscharbe«, hatte er ihr erklärt. Ein anderes Mal war es eine warme Filzmütze, die er auf einer Reise in der Türkei gekauft hatte.
Er sah ihr zu, bis sie die Reihe fertig gepflanzt hatte. Sie richtete sich auf und drehte sich zu ihm um.
»Ich würde dich heiraten, Elizabeth«, hatte er gesagt.
Sie konnte sich noch an die Zärtlichkeit in seinen blauen Augen und den Ernst in seiner Stimme erinnern.
»Ich weiß, dass du das würdest«, hatte sie geantwortet. »Aber du musst das nicht. Ich brauche es nicht.«
Jetzt ließ ein Klopfen an der Tür beide aufschrecken. Barfuß, der durch die Jahre, die er an wilden entlegenen Orten verbracht hatte, stets wachsam und auf der Hut war, ergriff den schmiedeeisernen Schürhaken, packte ihn schlagbereit und ging damit zur Tür. Als er sie öffnete, sah er Katie mit von der Kälte geröteten Wangen auf der Veranda stehen. Er musterte sie finster.
»Darf ich reinkommen?«, bat Katie. »Bitte?«
Barfuß starrte sie einen Moment lang an und nickte dann: »Aber mach es dir hier nicht zu behaglich.«
Katie trat ein und stand auf dem farbenprächtigen Gebetsteppich bei der Tür. Sie zögerte, ob sie einen Schritt weitergehen sollte. Barfuß schloss die Tür hinter ihr.
»Bist du zu Fuß hergekommen?«
Katie nickte.
»Das ist ein langer, kalter Spaziergang. Wissen
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