Das Leuchten der Insel
kam mit, aber sie verhielt sich wie ein gefesseltes wildes Tier, während sie alle Orte aufsuchten. Sie lief unruhig herum, verdrehte die Augen und strich sich nervös durch die Haare. Als Quinn schließlich damit begann, auf die Grassorten hinzuweisen, die am Rand der Straße bei der Schule wuchsen, und sie zu benennen, hatte seine Schwester genug.
»Ich halt’s nicht aus«, stöhnte Katie. »Du solltest dich mal selbst hören! Du klingst wie ein hundertjähriger Biologieprofessor. Du glaubst doch wohl nicht, dass sich irgendjemand um die Namen von Gräsern schert. Das ist der Grund, warum dich in Tilton niemand mochte.«
Quinn sah sie wütend an: »Halt den Mund!«
»Es reicht, Katie«, sagte Susannah. »Lass ihn in Ruhe.«
»Oh, natürlich«, meinte Kate. »Sei auf mich sauer. Hast du irgendeine Ahnung davon, was zu Hause mit ihm passiert ist? Oder was ich tun musste, um ihn zu beschützen?«
»Halt den Mund! Ich brauche niemanden, der mich beschützt!«, rief Quinn und funkelte Katie an.
»Was meinst du damit?«
»Er war der Außenseiter der gesamten sechsten Klasse«, sagte Katie. »An der Bushaltestelle haben ihn zwei Mädchen ständig umarmt und sich an ihm gerieben, bis er rot geworden ist, und dann haben alle gelacht, und die Jungs haben ihn herumgeschubst und beleidigt. Ich hab’s ihnen schließlich heimgezahlt, und dann bin ich in Schwierigkeiten gekommen.«
»Hör auf!«, schrie Quinn mit knallrotem Gesicht.
»Du bist in Schwierigkeiten gekommen?«, fragte Susannah.
»Ja!« Katie war jetzt wütend, und die Worte sprudelten aus ihr heraus. »Eines Tages verspätete sich mein Bus, sodass ich immer noch an der Haltestelle stand, als Quinn kam. Und diese Arschlöcher – entschuldige, Mom, diese miesen Typen – haben ihn gehänselt, und ich habe es ihnen schließlich gegeben. Ich habe meinen Bus verpasst, also bin ich zu Fuß Richtung Schule gegangen. Unterwegs bin ich auf Hillary gestoßen, und sie fragte mich, ob ich nicht gemeinsam mit ihr die Schule schwänzen wolle. Ich war so verrückt, ›Klar!‹ zu sagen. Dann habe ich riesige Probleme bekommen. Alles wegen Quinn.« Sie spie seinen Namen regelrecht aus.
Hillary. Das Mädchen, das zwei Mal wegen Drogenhandels verhaftet worden war.
»Ich hasse es, ihn beschützen zu müssen«, erklärte Katie. »Und ich hasse es, dass du so ahnungslos bist.«
Quinn warf Katie einen letzten erbosten Blick zu, dann rannte er quer über den Schulhof und die Schotterstraße und verschwand auf dem Weg, der in den dahinterliegenden Wald führte.
»Quinn!«, rief Matt hinter ihm her. »Quinn!«
»Schon gut«, beruhigte ihn Susannah. »Lass ihn in Ruhe. Der Weg führt nach Hause.«
»Darum habe ich die dämliche Frau von Otis zerschmettert«, sagte Katie. »Ich hatte versucht, mit ihm darüber zu reden, dass er sich am ersten Tag in der Schule hier wie ein normaler Mensch benehmen sollte, aber er hat nicht zugehört. Da bin ich wütend geworden.«
»Ich wusste, dass die Dinge zu Hause nicht gut liefen«, bekannte Susannah, »aber ich habe nicht gemerkt, dass …«
»Du hast doch keine Ahnung von irgendwas!«, entgegnete Katie. »Du sorgst dich um total alberne Dinge wie zum Beispiel, dass Barfuß Marihuana anbaut oder was ich mit Hood mache. Vielleicht solltest du dir mal darüber Sorgen machen, was für ein absolut neurotischer Mensch du bist. Ich kann es nicht ertragen, dich am Hals zu haben. Selbst Dad kann dich nicht ertragen. Darum hat es ihm nichts ausgemacht, dass du hierher gezogen bist.«
Susannah sah Matt an, der mit beiden Händen in den Taschen dastand und unangenehm berührt wirkte.
»Wir müssen dieses Gespräch beenden«, sagte er. Er wandte sich Lila zu. »Es tut mir leid, dass du all dies mit anhören musstest, Lila. Kommt, lasst uns in den Wagen steigen und nach Hause fahren.«
» Matt! «, rief Susannah und lief ein paar Schritte, um ihn einzuholen, bevor er den Wagen erreicht hatte. »Du musst etwas zu ihr sagen. Du musst sie für ihre Unverschämtheit in die Schranken weisen.«
»Susannah.« Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Ich habe meine Kinder sechs Wochen lang nicht gesehen. Ich bin nun zehn Tage hier und habe die meiste Zeit damit verbracht, Katie Strafpredigten über alles zu halten, was sie falsch gemacht hat. Ich reise in ein paar Tagen wieder ab und werde sie dann wieder einen Monat lang nicht sehen. Ich werde ihr nicht jedes Mal zusetzen, wenn sie sich wie ein typischer Teenager verhält und ihren Bruder
Weitere Kostenlose Bücher