Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
interessiert ihn bestimmt nicht.«
»Wie kommt es eigentlich, dass du gar nichts über Großtante Bette und ihr Leben im Dschungel weißt?«
»Mmmm. Das Buch ist entstanden, lange nachdem Mutter und ich aus Malaya fort waren. Und, wie gesagt, konnte Mutter ihre Schwester nie erwähnen, ohne sie gleichzeitig herunterzumachen. Immer hieß es nur: ›Dieses grässliche Weib, das Schande über die Familie gebracht hat‹, und so weiter.«
»War das nicht ein komisches Familienleben, du und deine Mutter hier in Brisbane und dein Vater und dein Bruder in Malaya?«, fragte Julie.
»So haben wir das nicht gesehen. Als Mutter zurück nach Brisbane wollte, war Philip in England im Internat – er war zehn Jahre älter als ich –, also blieb er dort, und ich kam hierher. Und als er dann mit der Schule fertig war, wollte er bei Vater in Malaysia leben. Daher habe ich ihn nie richtig kennengelernt. Natürlich kenne ich nur Mutters Sicht der Dinge, wahrscheinlich fehlen mir ein paar Puzzleteile.«
»Glaubst du, dass der Krieg etwas mit eurer Familientrennung zu tun hatte?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht. Ich glaube, Vater hat die meiste Zeit des Krieges in Indien verbracht, und Mutter hat ihn in Brisbane durchgestanden. Aber danach sind beide zurück nach Malaysia, sonst wäre ich nicht auf der Welt. Das verrät uns aber noch nichts über Bette, oder?«
»Vielleicht weiß Dr. Cooper ja mehr. Ich meine, immerhin hat er von ihrem Buch erfahren.«
»Ich denke, er hat über die Eingeborenen in Borneo geforscht, nicht über unsere Familie!«
»Ja, schon klar. Aber es tut doch nicht weh, sich mal mit ihm zu unterhalten. Er hat versprochen, mir Bettes Buch zu leihen.«
Caroline zuckte die Schultern. »Na gut, dann lad ihn zum Tee ein. Vielleicht will er ja einen Blick auf die Fotos werfen. Jammerschade, dass Mutter nicht wenigstens die Namen hintendrauf geschrieben hat«, empörte sie sich. »Wer sind all diese Leute?«
Julie beobachtete, wie David Cooper aus seinem Wagen stieg, innehielt und das Haus ihrer Mutter betrachtete. Dann überquerte er den Rasen und sah zu den dicken Ästen des Flamboyantbaums hinauf, drehte sich um und bewunderte den Blick über die Moreton Bay. Er war etwa Ende dreißig, mittelgroß und hatte ziemlich langes Haar, das ihm bis zur Sonnenbrille in die Stirn hing. Seine Jeans waren gebügelt, das zitronengelbe Hemd hatte kurze Ärmel, und er trug ein Päckchen in der Hand. Als er zur Vordertreppe ging, trat Julie hinaus auf die Veranda, um ihn zu begrüßen.
»Hallo, ich bin Julie. Ihnen gefällt die Aussicht?«
»Was für ein hinreißendes altes Haus! Gut zu wissen, dass es noch ein paar gibt, die man nicht verfallen lässt, allerdings sind nur wenige so schön wie dieses. Hallo, ich bin David.« Er trat zu ihr auf die Terrasse, und Julie stellte fest, dass er größer war als gedacht. Sie nahm seine ausgestreckte Hand und schüttelte sie. Dann reichte er ihr das Päckchen.
»Das Buch. Wie versprochen.«
»Danke. Sie bekommen es zurück, sobald Mum und ich es gelesen haben.«
»Nein, behalten Sie es. Ich habe fotokopiert, was ich brauche, und finde, das Original gehört in Bettes Familie.«
»Oh, dann vielen Dank. Kommen Sie doch rein, meine Mutter hat Ihnen zu Ehren einen Kuchen gebacken.«
»Wie reizend. Ich bin beeindruckt.«
Lächelnd öffnete Julie die Eingangstür. »Mum ist nicht gerade berühmt für ihre Backkünste, es ist also nur ein schlichter Ananaskuchen.«
»Klingt großartig.«
Auf der hinteren Veranda stellte Caroline gerade einen Krug Wasser auf den Tisch. »Hallo, schön, Sie kennenzulernen. Ich bin Caroline Reagan. Möchten Sie lieber Tee, Kaffee oder Eistee?«
»Eistee klingt wunderbar.« David Cooper musterte das zwanglose luftige Arrangement aus Rohrmöbeln, bunten Kissen und einer Kletterpflanze, die den Blick auf den üppig grünenden Garten verdeckte. »Das erinnert mich an die Kolonialhäuser der Pflanzer in den Tropen.«
»Reiner Zufall. Das Haus war schon in diesem Stil gehalten, bevor meine Mutter überhaupt wusste, wo Malaya liegt«, erwiderte Caroline. »Aber setzen Sie sich doch und erzählen uns etwas über sich.«
»Ich hole den Eistee«, erbot sich Julie und überließ David Cooper dem Verhör ihrer Mutter. Als sie zurückkam, waren beide in einer angeregten Unterhaltung begriffen. Julie stellte die Gläser mit den frischen Minzblättern hin und goss Eistee darauf. Ihre Mutter strahlte sie an.
»Wusstest du, dass Davids Familie aus
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