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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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sind und keine Unterstützung mehr bekommen, tauchen sie hier wieder auf, lassen sich durchfüttern und verschwinden wieder.“
    Nachdenklich sah Lena den Bürgermeister an. So schwierig hatte sie sich das Leben hier nicht vorgestellt. Andererseits reizte sie diese Misere. Sie konnte nicht nur als Ärztin helfen, sondern sich mit Leib und Seele einbringen. Mit sozialem Engagement konnte sie vielleicht Auswege finden.
    „Ich denke, ich könnte, nach einer gewissen Zeit der Eingewöhnung, mit der Situation fertigwerden“, versicherte sie selbstbewusst. „Aber als Erstes muss ich mich um die Praxis meines Vaters kümmern. Ich fürchte, das wird nicht ganz leicht, denn eine Ärztin ist nicht unbedingt der Mensch, den die Bauern sehen wollen und dem sie vertrauen.“
    „Das könnte schwierig werden, da haben Sie recht, aber man wird sich an Sie gewöhnen, Miss Mackingtosh, man muss es, denn die Krankheiten und die Gebrechen lassen leider nicht auf sich warten, und nach einer Weile wird man froh sein, Sie hier zu haben.“
    „Davon bin ich überzeugt, sonst würde ich nicht bleiben.“
    Der Bürgermeister war verblüfft. So eine selbstbewusste, intelligente und dabei so schöne junge Frau hatte er in seiner Amtszeit noch nicht erlebt.
    Lena war zufrieden. Nicht glücklich, dafür war die Trauer zu intensiv und die äußeren Verhältnisse noch zu problematisch, aber zufrieden. Sie würde erreichen, was sie wollte: eine gut besuchte Praxis mit einer anerkannten, später vielleicht sogar beliebten Ärztin. Aber das musste die Zeit entscheiden. Vor der Arbeit fürchtete sie sich nicht, wohl aber vor der sozialen Situation in den abgelegenen, weit verstreuten Gehöften. Doch alles Nachdenken nutzte nichts, erst einmal musste sie anfangen, und dann würde man weitersehen.
    Auf der Rückfahrt dachte sie noch einmal an ihr Gespräch mit dem Bürgermeister. Da habe ich ja mächtig angegeben, als ich erklärte, was ich für Vorstellungen von meiner Arbeit habe und wie ich die angehen werde. Aber der Bürgermeister, und hinter ihm steht natürlich das ganze Dorf, soll nicht denken, ich bin eine junge, unbedarfte Frau, mit der man machen kann, was man will. Ich bin zwar nur die Tochter meines Vaters, den sie alle schätzten, aber ich bin auch eine selbstständige Frau, die ein anspruchsvolles Studium hinter sich und mit Erfolg promoviert hat und jahrelang eine angesehene Ärztin im bekanntesten Krankenhaus von Glasgow war.
    In ihrem Cottage angekommen, telefonierte Lena als Erstes mit Daniel Finerfield. Sie wusste, dass er auf ihren Anruf wartete, und sie wollte die Freundschaft auf jeden Fall erhalten.
    Er meldete sich nach dem ersten Klingeln, und als er ihre Stimme erkannte, unterbrach er sie sofort mit den Worten: „Du fehlst uns!“
    Verblüfft fragte Lena. „Wem? Wer ist uns?“
    „Na ich, deine Kollegen, deine Freunde, deine Patienten, und ich glaube, in der Chefetage ist man auch nicht glücklich, dass man deiner frühen Kündigung so schnell zugestimmt hat.“
    „Ihr werdet darüber hinwegkommen.“
    „Glaube ich kaum“, brummte Daniel. „Jetzt erzähl erst mal, wie es dir geht. Ich habe ein paar Mal versucht dich anzurufen, aber dein Handy war immer ausgestellt. Warst du unterwegs?“
    „Ja, ich war in den Highlands. Das Dorf hat eine weitreichende Gemeinde, und die Gehöfte liegen sehr verstreut in den Bergen.“
    „Und – wie ist der erste Eindruck?“
    „Ich glaube, ich werde das schaffen.“
    „Erzähl.“
    Lena berichtete von ihrer Fahrt, von dem Dorf und dem Gespräch mit dem Bürgermeister. Nur den Ranger verschwieg sie. Der war bedeutungslos bei der Suche nach ihrer Zukunft. Zumindest dachte sie das.
    „Ich habe bald ein freies Wochenende, wenn du willst, komme ich dich besuchen. Ich bin doch daran interessiert, wie und wo meine Lena lebt und arbeitet. Hast du Zeit? Würdest du dich über meinen Besuch freuen?“
    „Ich werde mir die Zeit nehmen. Und ich freue mich natürlich, dich zu sehen. Aber besorg dir eine gute Straßenkarte, Broadfield ist nicht auf jeder eingezeichnet.“
    „Ich werde dich finden, du entgehst mir bestimmt nicht“, versicherte er lachend.
    Lena atmete auf. Sie wusste, dass sie sich auf Daniel verlassen konnte. Und dieses Wissen war wichtig für sie. Ich brauche ihn bestimmt sehr oft, wenn ich hier medizinisch nicht weiterkomme, überlegte sie. Er und die Kollegen werden mir sicherlich helfen, wenn ich mit komplizierten Fällen zu tun habe. Es ist nicht leicht, so ganz

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