Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
Vom Netzwerk:
vielleicht kennt Anne einen. Vielleicht bringt sie sogar ihren Mann mit. Der ist arbeitslos und hilft mal hier und da. Im Augenblick arbeitet er auf der Brownsen-Farm, aber das gefällt ihm nicht, die Feuchtigkeit schadet seinem Rheuma.“
    „Danke, Ellen, du bist mir eine große Hilfe.“ Lena sah sich im Raum um. „Aber was ist mit deinem Pub los? Früher herrschte um diese Zeit hier Hochbetrieb.“
    Ellen zuckte mit den Schultern. „Die meisten Leute sind fortgezogen, und die, die hier geblieben sind, haben kein Geld zum Ausgehen. Sie kaufen ihr Bier im Supermarkt und dösen auf der Bank vor dem eigenen Kamin herum.“
    „Schade, dass das Dorf einen so toten Eindruck macht.“
    „Das Dorf ist tot, Lena, das wirst du auch noch merken.“
    „Umso nötiger ist es, dass meine Praxis wieder zu leben beginnt.“
    „Was hast du vor?“
    „Ich werde die Leute besuchen. Ob sie krank sind oder nicht. Ich werde mit ihnen reden, sie ermuntern, ihnen Mut machen, irgendwie werde ich sie schon rausholen aus ihren vier Wänden.“
    „Na, da wünsche ich dir viel Erfolg. Du kennst doch die Highlander, sie gehören nicht gerade zur fröhlichsten Menschengattung.“
    „Sie sind verschlossen, wenn es um Fremde geht, aber sie sind wie ein Urgestein, auf sie ist immer Verlass.“
    „Ja, das stimmt. Verlassen kann man sich auf sie. Das siehst du ja an uns, wir beide kennen uns nur von früher, aber wir verstehen uns noch immer.“
    „Gott sei Dank, wenn ich ehrlich bin, bist du auch die Einzige, die ich um Rat fragen wollte.“
    „Klar, zu mir kannst du immer kommen, selbst wenn ich dir nicht helfen kann.“
    „Danke, Ellen.“
    Lena ging nach draußen und sah sich um. Broadfield war kein geschlossenes Dorf mit einem Mittelpunkt, sondern eine breit gefächerte Ansiedlung mit weit verstreuten Gehöften. Am Rand der Dorfstraße gab es das Pub. Etwas entfernt davon das Gemeindehaus und fast versteckt hinter einem neumodischen Futtersilo eine Kapelle, in der hin und wieder Gottesdienste abgehalten wurden – wenn der Pfarrer von Barcaldine einmal Zeit dafür hatte. Und das ist nun meine Heimat, dachte sie traurig. Wird das auch meine Zukunft sein? Sie stieg in ihren Mini Cooper und startete. Es wird an mir liegen, dachte sie, entweder packe ich diese Zukunft jetzt und sofort an, oder ich verzichte auf ein Leben in dieser so genannten Heimat und gehe nach Glasgow zurück.

Kapitel 7
    Tausend Gedanken gingen Patrick McDoneral durch den Kopf und ließen ihn nicht schlafen, bis er schließlich verärgert aufstand. Draußen kreischten Krähen, und ein paar Wildtauben gurrten am Waldrand. Müde öffnete er das Fenster. Die Luft war frisch, und nach dem gestrigen Regen roch die feuchte Erde nach Moos und Kiefernnadeln. Die Hunde unten in der Diele schüttelten sich, tappten die Treppe herauf und winselten leise vor seiner Tür. Daniel ging hinaus, streichelte sie kurz und lief über den Flur zur Dusche. Wenn er wiederkam, das wusste er, hatten sie sich auf seinem Bettvorleger zusammengerollt und taten so, als schliefen sie tief und fest. Es war jeden Morgen das gleiche Ritual. Heute war er froh darüber, denn Jogas und Basco verscheuchten den Ärger. Während das warme Wasser auf seinen Körper prasselte, dachte er an den Grund für die schlaflose Nacht.
    Wie an jedem Samstagabend war er nach Creagan in das Pub gefahren, um mit seinen Waldarbeitern ein Ale zu trinken. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass bei einem Umtrunk alles behandelt werden konnte, was die Männer bewegte. Während in den Hügeln und im Wald immer nur gefachsimpelt und die Arbeit besprochen wurde, verloren die Männer im Pub eher ihre Zurückhaltung und wurden gesprächig. Und als Vorgesetzter legte er großen Wert auf persönliche Kontakte.
    Aber gestern war das Pub so voll, dass man kaum sein eigenes Wort verstand. Die Männer aus dem Dorf, die nur am Wochenende nach Hause kamen, ein paar Gemeinderäte, der Wirt und zwei Großbauern aus Barcaldine hatten nur ein Thema. Im April würde jemand Neues auf der Mackingtosh-Farm einziehen und die Praxis übernehmen. Doch nicht ein Arzt, wie immer wieder verächtlich betont wurde, sondern eine Ärztin.
    „Eine Zumutung.“
    „Ein katastrophaler Zustand.“
    „Eine hirnlose Idee.“
    So tönte es von allen Seiten.
    Ab und zu mischte sich ein Gemeinderatsmitglied ein und betonte: „Aber wir brauchen einen Arzt. Der alte ist tot, jetzt muss ein Ersatz her. Und die Ärztin ist schließlich seine Tochter. Sie ist hier

Weitere Kostenlose Bücher