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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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meine Hand ins Feuer.“
    „Ist schon gut, Mister, ein Verletzter genügt.“
    Verblüfft sah Lena den Wildhüter an. Soviel Zustimmung hatte sie von dem introvertierten Mann gar nicht erwartet. „Danke.“ Und an den Sergeant gewandt sagte sie: „Meine Praxis ist in Broadfield. Sie erreichen mich dort, wenn Sie noch Fragen haben. Ich muss jetzt zurück, es warten noch andere Patienten auf mich.“ Sie reichte den drei Männern die Hand und dachte: Schön wär’s, wenn da wirkliche Patienten auf mich warten würden. Sie und Patrick stiegen in den Land Rover, und während der Wildhüter den Wagen wendete, um sie zurück auf ihre Farm zu bringen, fuhren die Beamten mit der Befragung der Waldarbeiter fort. Auf dem schmalen Waldweg kamen ihnen die ersten Reporter regionaler Zeitungen entgegen.
    Auf Paso Fernando angekommen, schlich sich Lena durch die Hintertür ins Haus. Ihre feinen, modisch gekleideten Patienten, die tatsächlich noch immer ihr Wartezimmer bevölkerten, mussten sie nicht mit den hautengen Leggins, den ungekämmten Haaren und mit dem von Waldarbeit und Krankenhilfe verschwitzten T-Shirt sehen.
    Wenig später begrüßte sie ihre Patienten bewusst fröhlich, um den Depressionen keine Wachstumschancen zu geben. Sie wusste, dass sie diese Patienten ernst nehmen musste, immerhin standen Depressionen als Volkskrankheit ganz oben auf der Liste ernsthafter Befindlichkeiten. Also versuchte Lena, mit einer leichten, Optimismus verbreitenden Art auf ihre Patienten einzuwirken.
    Dass sie erfolgreich damit war, hatte man inzwischen auch im Broklenbeg-Sanatorium erkannt. In einem langen Gespräch mit der Klinikleitung waren die Landärztin und die Fachärzte zu dem Ergebnis gekommen, ganz einfach die Natur in die Therapien einzubeziehen. Wanderungen, Lagerfeuerromantik, Picknicks und Tierbeobachtungen standen fortan auf dem Behandlungsprogramm, das sich so schnell in den Einzugsgebieten der näher gelegenen Städte herumsprach, dass das Sanatorium die Bettenzahl erhöhen und Baumaßnahmen in die Raumplanungen einbeziehen musste. So bekam das Sanatorium zufriedenere Patienten und eine volle Belegung, Broadfield Geld in die Gemeindekasse und die Landärztin Patienten, die sie vor blauen Flecken auf der Seele bewahren konnte.
    Als Lena an diesem ereignisreichen Tag den letzten Patienten verabschiedet hatte und die Haustür schließen wollte, damit Sandy endlich frei in der Wohnung herumlaufen konnte, wurde die Gartentür noch einmal geöffnet. Erstaunt sah Lena ihrem Besucher entgegen. Harry, der Vorarbeiter, kam den Weg entlang, auf dem Arm ein kleines, weinendes Mädchen. „Entschuldigen Sie, Dr. Mackingtosh, ich hatte heute erst so spät Feierabend, und dann habe ich meine Anna gefunden. Sie ist in eine Flaschenscherbe getreten, und die steckt noch in der Schuhsole und im Fuß. Meine Frau wollte Colleen holen, aber ich bin mit Anna gleich hergekommen.“
    Das Kind hatte die Arme um den Vater geschlungen und den Kopf an seiner Schulter versteckt. Hemmungsloses Schluchzen schüttelte den kleinen Körper.
    „Wie alt ist Anna denn?“
    „Vier Jahre. Immer schmeißen die Leute leere Flaschen aus den Autos, und Kinder treten dann rein. Wir wohnen nämlich an so einem Parkplatz für Highlandwanderer, die dann zu Fuß weitergehen.“
    Lena sah sofort, dass das Kind schwer verletzt und der Vater am Rande seiner Kräfte war. Am Morgen der Unfall im Wald, jetzt die Verletzung des Kindes, das konnte selbst einem Waldvorarbeiter die letzten Kräfte rauben. Die runde Scherbe hatte sich so durch die Schuhsohle und in das Fleisch gebohrt, dass man den Schuh nicht ausziehen, die Scherbe aber auch mit bloßen Fingern nicht entfernen konnte. „Kommen Sie schnell herein“, sagte Lena und leise zu Amy gewandt: „Holen Sie das Zangenbesteck, warmes Wasser, die Desinfektionsmittel und jede Menge Verbandsstoff. Und dann brauche ich Sie.“
    Als alles bereit lag, bat sie: „Amy, setzen Sie sich auf das Behandlungsbett und nehmen Sie das Kind so auf den Schoß, dass es nicht zusehen kann.“ Und zum Vater: „Ist die Kleine gegen Tetanus geimpft?“
    Er hob die Schultern: „Das weiß ich nicht. Ist das vorgeschrieben?“
    „Nein.“
    „Dann glaube ich es nicht, sie hat nur die Impfungen, die vorgeschrieben sind.“
    Lena sah, dass der große Mann mit den Tränen kämpfte. „Sie können sich danebensetzen und Annas Hand halten. Sie können aber auch draußen warten.“
    Der blasse Vater setzte sich neben sein Kind und griff nach

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