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Das Leuchten der schottischen Wälder

Das Leuchten der schottischen Wälder

Titel: Das Leuchten der schottischen Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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dessen Hand. „Ist besser, ich bleibe in ihrer Nähe.“
    Lena nickte. „Amy, machen Sie das Bein so weit wie möglich frei, ich will den Fuß örtlich betäuben und dann dem Kind eine Beruhigungsspritze in den Arm geben.“
    Als die Mittel wirkten und das Kind ruhiger wurde, schnitt Lena mit einer Haushaltsschere und einem Küchenmesser den Schuh so auf, dass nur noch die Sohle am Fuß haftete. Endlich konnte sie die Wunde sehen. Die Scherbe steckte so tief im Fleisch, dass sie operativ entfernt werden musste.
    Anna war eingeschlafen, und Amy legte das Kind auf das Bett. Dem Vater wurde übel, so dass sie ihn nach draußen führen musste. Dann bereitete sich Lena auf den Eingriff vor, Amy half ihr dabei. Mit wenigen Schnitten öffnete sie die Wunde so weit, dass die Scherbe herausgezogen werden konnte, reinigte die Stelle, versorgte sie mit einem infektionshemmenden Puder und nähte die Wundränder zusammen. Dann verband sie den Fuß und legte eine kleine Schiene an, damit das Kind nicht aus Versehen wie gewohnt auftrat.
    Müde und mit leichten Rückenschmerzen richtete sich Lena schließlich auf und zog den Kittel, die Gummihandschuhe und die OP-Haube aus.
    „Wenn keine Entzündung kommt, haben wir das gut gemacht“, sagte sie zu Amy. „Holen Sie den armen Vater rein, die Kleine wacht gleich auf.“
    Harry, noch immer sehr blass, näherte sich vorsichtig seiner Tochter. „Ich musste die Scherbe herausoperieren. Die Wunde ist gut versorgt, sie dürfte schnell heilen. Aber die Kleine darf nicht darauf herumlaufen. Kommen Sie bitte morgen wieder, damit ich den Fuß kontrollieren kann. Und hier ist ein Medikament gegen die Schmerzen. Fünf Tropfen auf etwas Zucker, wenn es nötig ist.“
    Harry, unfähig zu sprechen, nickte nur. Dann nahm er sein Kind auf den Arm und ging. Schon am Gartentor angekommen, drehte er sich aber doch noch einmal um. „War ein bisschen viel heute“, sagte er, „und Dankeschön auch.“
    Vom nächsten Morgen an kamen die Patienten in Lenas Praxis, auf die sie so verzweifelt gewartet hatte. Es hatte sich noch am Abend in den Dörfern herumgesprochen, wie kompetent, umsichtig und hilfsbereit die neue Ärztin war.

Kapitel 18
    Patrick McDoneral war hundemüde. Er hatte einen langen, schweren Tag hinter sich. Zuerst die Unfallmeldung, die ihn frühmorgens im Hotelbett überraschte. Dann der hektische Aufbruch und die Fahrt von Glasgow zurück zum Benderloch, und vor allem die Angst, ob sein Arbeiter den Unfall überlebte.
    Kaum an der Unfallstelle eingetroffen musste er die Verhöre durch die Polizei, die Gespräche mit den anderen Arbeitern und später mit den Ärzten in der Klinik, in die er anschließend wieder gefahren war, über sich ergehen lassen. Bange Stunden der Ungewissheit folgten, dann endlich die erlösende Nachricht, dass Charles gerettet werden konnte. Und wieder die Fahrt zurück und dann zu Charles’ Familie, die schon von dem Unfall unterrichtet worden war, aber nicht wusste, wie es ihrem Mann und Vater ging.
    Die Frau saß mit den vier Kindern am Küchentisch, als er eintraf. Blass vor Angst und Kummer starrten sie ihm entgegen, als er das Cottage betrat. Es roch nach Seifenlauge und abgestandener Gemüsesuppe, und er kämpfte gegen die Übelkeit in dem dunklen, ungelüfteten Raum.
    Die vom Efeu überwucherten Fenster ließen keinen Sonnenstrahl durch die Scheiben, und die geschlossenen Türen sperrten die frische Luft des späten Nachmittags aus.
    Er zog sich einen Stuhl an den Tisch, um nicht so überragend groß neben ihnen zu stehen, wandte sich an die Frau und nickte den Kindern zu. „Ihrem Mann geht es besser. Er wird durchkommen. Ein Arm und ein Bein sind zwar gebrochen und ein paar Rippen gequetscht, aber sonst keine inneren Verletzungen. Ich soll Sie alle grüßen.“
    Den Gruß hatte er eigenständig hinzugefügt, denn der Mann lag noch in Narkose, als er die Station verließ. Aber, dachte der Ranger, so ein paar persönliche Worte tun der Familie gut.
    „Wann kommt er nach Hause?“, flüsterte die Ehefrau ängstlich.
    „Ein paar Wochen wird es schon dauern, fürchte ich. Aber ich schicke Ihnen alle paar Tage einen Mann, der hier nach dem Rechten sieht und Ihnen hilft, wenn Sie schwere Arbeiten haben.“
    „Kann Charles denn später wieder im Wald arbeiten?“
    Patrick zuckte mit den Schultern. „Wir müssen abwarten, wie er sich erholt. Aber er wird bei mir immer eine Arbeit bekommen, da brauchen Sie keine Angst zu haben.“
    „Und wer bezahlt das

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