Das Leuchten des Himmels
Verwaltungssümpfe und Hintertürchen eines Großstadtbetriebs verfügte. Autopsieergebnisse: noch nicht eingetroffen. Laborergebnisse: stehen noch nicht zur Verfügung.
Die Tatsache, dass der Chief of Police von Lunacy aus dem Bauch heraus behauptete, dass Maxwell Hawbaker ermordet worden war, hatte dort kaum Gewicht.
Er könnte den einfachen Weg wählen und sich davon runterziehen lassen. Doch Nate glaubte, jetzt lange genug den einfachen
Weg gegangen zu sein. Oder er könnte seinen Untergebenenstatus nutzen und die Situation meistern.
Doch an seinem Schreibtisch sitzend, während draußen vor dem Fenster weich und stetig der Schnee fiel, wollte Nate nicht so recht erkennen, wie er sie meistern konnte.
Er verfügte über wenige bis gar keine Hilfsmittel, wenig bis gar keine Autonomie, eine Mannschaft so grün wie Klee und eine Beweiskette, die mit ihrem knochigen Finger direkt auf Selbstmord zeigte.
Was aber nicht bedeuten sollte, dass er hilflos war, sagte er sich, als er aufstand, um herumzulaufen. Um seine Falltafel zu studieren. Um sich in die Kristallaugen von Patrick Galloway zu vertiefen.
»Du weißt, wer dich auf dem Gewissen hat«, murmelte er. »Also lass uns herausfinden, was du mir sagen kannst.«
Parallelermittlungen, entschied er. Dies war der Weg, den er verfolgen würde. Als würden Coben und er getrennte Ermittlungen entlang der gleichen Verfahrensstränge führen.
Anstatt seinen Kopf durch die Tür zu stecken, kehrte er an den Schreibtisch zurück und benutzte die Gegensprechanlage. »Peach, rufen Sie doch drüben im Lodge an und sagen Sie Charlene, ich möchte mit ihr reden.«
»Sie möchten, dass sie herkommt?«
»Das ist richtig, ich möchte, dass sie herkommt.«
»Nun, es ist immer noch Frühstückszeit, und Charlene hat Rose nach Hause geschickt. Ken meint, das Baby könne ein wenig früher als erwartet kommen.«
»Sagen Sie ihr, sie soll rüberkommen, sobald es möglich ist, und dass ich sie nicht lange aufhalten werde.«
»Sicher, Nate, aber es wäre doch sicherlich einfacher, Sie gingen einfach rüber und...«
»Peach. Ich möchte sie hier haben, und zwar vor der Mittagszeit. Kapiert?«
»Ist ja gut, ist ja gut. Kein Grund, grob zu werden.«
»Und sagen Sie mir Bescheid, wenn Peter von der Streife zurückkommt. Ich muss auch mit ihm reden.«
»Sie sind ja geradezu geschwätzig heute.«
Sie legte auf, ehe er darauf etwas entgegnen konnte.
Er wünschte, er hätte von den Schneeschuhabdrücken bessere Fotos. In der Zeit, die er gebraucht hatte, um zurück in die Stadt zu fahren, sich eine Kamera zu nehmen und wieder zurück zu Meg zu fahren, war frischer Schnee gefallen. Er wusste auch nicht, was ihm ein paar Schneeschuhspuren sagen konnten, und so zögerte er, sie aufzuhängen.
Aber so wie sie da stand, war es seine Falltafel.
Er tappte im Dunkeln, wie er auch in der vergangenen Nacht im Dunkeln durch den Wald getappt war. Aber wenn man unentwegt weiterging, kam man schließlich irgendwo an. Er nahm sich ein paar Reißzwecken und heftete die Fotos fest.
»Chief Burke.« Offenbar hatte Peach ihre Lektion verstanden, denn sie klang sehr förmlich durch die Gegensprechanlage. »Richter Royce ist hier, und er würde Sie gern sprechen, wenn Sie nicht allzu beschäftigt sind.«
»Gewiss.« Er packte seine Karodecke, die er als provisorische Abdeckung seiner Tafel mitgebracht hatte. »Schicken Sie ihn rein«, sagte er und warf die rot-schwarze Decke über die Tafel.
Richter Royce war fast kahl, trug aber die dünnen weißen Haare, die kranzartig seinen Schädel umrundeten, lang. Auf seiner spitzen Hakennase saß eine Brille mit dicken Gläsern. Ein höflicher Mensch hätte seine Figur vielleicht als stattlich bezeichnet, die Brust war breit, der Bauch wohl gerundet. Seine Stimme klang trotz seiner neunundsiebzig Jahre so kraftvoll und durchdringend wie in den Jahrzehnten auf dem Richterstuhl.
Seine kräftige schlammfarbene Cordhose rauschte, als er Nates Büro betrat. Dazu trug er eine passende Cordweste über einem braunen Hemd. Und einen völlig aus dem Rahmen fallenden Schmuck in Form eines goldenen Rings im rechten Ohr.
»Möchten Sie einen Kaffee, Judge?«
»Da sage ich nie nein.« Er ließ sich mit einem pfeifenden Seufzen in einem Stuhl nieder. »Da haben Sie aber ein schönes Schlamassel am Hals.«
»Wie es aussieht, haben es die Staatsbeamten am Hals.«
»Erzählen Sie mir doch keinen Mist. Zwei Stück Zucker in den Kaffee. Keine Milch. Carrie Hawbaker kam
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