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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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momentane Ausbruch des Wahnsinns den Eispickel gesenkt?
    Aber nichts dergleichen hatte einen Mann all die Jahre in der Höhle zurückgelassen, konserviert in Eis und Dauerfrost.
    Dazu gehörte Berechnung. Dazu gehörte Mumm.
    Genauso wie sowohl Berechnung als auch Mumm dazugehörten, einen Selbstmord zu inszenieren.
    Aber es konnte genauso gut alles Unsinn sein, gestand er sich ein, und die Notiz nichts als die reinste Wahrheit.
    Ein Mann konnte Dinge vor seiner Frau und seinen Freunden geheim halten. Ein Mann konnte auch vor sich selbst Dinge geheim halten. Zumindest bis Verzweiflung, Schuld und Angst sich um seine Kehle wanden und ihn erstickten.
    Verfolgte er diesen Fall nicht aus demselben Grund, aus dem er hier im Dunkel, in der Kälte war und in übergroßen Tennisschlägern umherstapfte? Weil er wieder normal sein wollte? Er musste herausfinden, wer er gewesen war, ehe seine Welt über ihm zusammengebrochen war und ihn eingekerkert hatte. Er musste sich wieder aus seinem Kokon befreien und leben.
    Alles deutete auf Selbstmord hin. Das Einzige, was dagegen sprach, waren seine eigenen Instinkte. Und wie konnte er diesen trauen, nachdem er sie so lange hatte ruhen lassen?
    Fast ein Jahr lang hatte er keinen Mordfall mehr bearbeitet, seine letzten Monate auf der Polizeistation von Baltimore hatte er fast nur hinter dem Schreibtisch gesessen. Und jetzt wollte er aus einem Selbstmord einen Mord machen. Wieso? Weil er sich nützlich fühlen wollte?

    Wie ein schweres Gewicht drückte ihn der Gedanke an seine Äußerungen, die er Coben gegenüber gemacht hatte, an seine Befehle, die er seinen Untergebenen erteilt hatte, trotz der Zweifel, die er in ihren Augen las. Und grundlos hatte er Megs Privatheit verletzt.
    Er konnte doch wohl kaum ein kleines Polizeirevier unterhalten, das sich vorwiegend mit Verkehrsverstößen befasste und sich einmischte, wenn die Bewohner beim Kräftemessen übers Ziel hinausschossen – und plötzlich war er der große, fiese Bulle, der einen Mord aufklären wollte, der vor sechzehn Jahren stattgefunden hatte, sowie einen Selbstmord bezweifeln, wie er schöner kaum im Lehrbuch stehen könnte?
    Ja, sicher, er würde diesen namenlosen, gesichtslosen Mörder aufspüren, ihm ein Geständnis abringen und, mit einem großen rosa Band versehen, Coben aushändigen.
    »So ein Unsinn. Du gehst doch hier wohl kaum als Polizist durch, wie kannst du dir da einbilden...«
    Er schweifte ab und starrte trüb in den Schnee, der unter dem Strahl seiner Lampe aufleuchtete. Und auf die Spuren, die seine Oberfläche entstellten.
    »Komisch. Ich scheine wohl im Kreis gegangen zu sein.«
    Obwohl ihm das völlig egal war. Er konnte ziellos die ganze Nacht umherlaufen – ebenso wie er die meisten Tage ziellos herumlief.
    »Nein.« Er schloss seine Augen und brach in Schweiß aus, weil es ihm große körperliche Anstrengung abverlangte, sich von der Leere, die sich vor ihm auftat, wegzureißen. »Nicht dahin zurück. Das ist die Scheiße. Nicht wieder in dieses Loch hinein.«
    Wenn es sein musste, würde er die Antidepressiva schlucken. Yoga machen. Gewichte stemmen. Was immer nötig wäre, aber dahin zurück würde er nicht mehr gehen. Wenn er dieses Mal wieder dort hinabstieg, würde er sich nie mehr freischaufeln können.
    Also atmete er tief durch, öffnete seine Augen und verfolgte seinen Atem, der weiß herausströmte und dann verschwand. »Ich stehe noch immer aufrecht«, murmelte er und blickte wieder in den Schnee.
    Schneeschuhspuren. Neugierig geworden und die Neugierde
nutzend, um das Dunkle zu bannen, machte er einen Schritt zurück und verglich seine Spuren mit denen vor ihm. Sie sahen gleich aus, und es war ein wenig schwierig im Strahl seiner Taschenlampe, einen Unterschied festzustellen – auch in Anbetracht der Tatsache, dass er kein Fährtenleser war.
    Aber er war sich sicher, dass er nicht durch den Wald gestapft und im Kreis gegangen war und jetzt in entgegengesetzter Richtung auf seinen eigenen Pfad stieß.
    »Es könnten Megs Spuren sein«, murmelte er. »Sie könnte jederzeit hier herausgewandert sein, so wie ich jetzt auch.«
    Die Hunde kamen zurückgerannt, flitzten über die Spuren und auf die Lichter des Hauses zu. Weil er der Sache auf den Grund gehen wollte, änderte Nate die Richtung, wobei er fast auf dem Hintern gelandet wäre, und folgte den Spuren.
    Aber sie führten gar nicht durch den Wald. Eine Faust ballte sich in seinem Magen, als er ihnen bis dahin folgte, wo sie Halt

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