Das Leuchten des Himmels
müssen. Fällt dir bestimmt nicht schwer.« Sie steuerte die Treppe an. Sie wollte duschen, und dann würde sie endlich ihre Sachen zusammenpacken und nach Hause gehen.
Dieses Mal war es Charlene, die ihr nachlief.
»In einer Stunde kommt noch einmal ein Ansturm. Die Leute kommen, um was zu trinken, um...«
»Ob du’s glaubst oder nicht, das ist mir egal.« Sie hätte Charlene am liebsten die Tür vor der Nase zugeknallt, aber ihre Mutter war schon drin und schlug sie hinter sich zu.
»Dir war immer alles egal. Und mir ist es egal, dass es dir egal ist, aber das bist du mir schuldig.«
Vergiss die Dusche, sie würde sofort packen. »Schreib mir die Rechnung.«
»Ich brauche Hilfe, Megan. Warum kannst du mir nicht einfach aushelfen, ohne dabei so biestig zu sein?«
»Das Biestige habe ich von dir geerbt. Ist nicht mein Fehler.« Sie riss eine Schublade auf und zerrte alles, was sich darin befand, heraus und warf es aufs Bett.
»Ich habe hier was aufgebaut. Du hast davon profitiert.«
»Auf dein Scheißgeld pfeif ich.«
»Ich spreche nicht von Geld.« Charlene nahm Kleider vom Bett und warf diese in die Luft. »Ich spreche von diesem Lokal hier. Es bedeutet etwas. Dir hat es zwar nie etwas bedeutet, du konntest es gar nicht erwarten, davon- und von mir wegzukommen, aber es bedeutet etwas. Wir haben schon in der Zeitung, in Zeitschriften und in Reiseführern gestanden. Ich beschäftige hier Leute, die auf ihren Lohn warten, damit sie was zum Essen auf ihrem Tisch haben und ihren Kindern was zum Anziehen kaufen können. Ich habe Gäste, die jeden Abend herkommen, weil es etwas bedeutet.«
»Dir ja«, stimmte Megan ihr zu. »Aber mit mir hat das nichts zu tun.«
»Genau das hast du dauernd gesagt.« Wütend kickte sie eine Jeans vom Boden. »Du siehst aus wie er, du sprichst wie er.«
»Auch dafür kann ich nichts.«
»Er konnte auch nie für etwas. Mann, eine Pechsträhne beim Pokern, da werden wir diese Woche wohl kein Geld haben. Ich brauch ein bisschen Freiraum, Charlene, du weißt doch, wie das ist. In ein paar Tagen werde ich zurück sein. Irgendwas findet sich schon, hör auf, an mir herumzunörgeln. Aber jemand musste doch die Rechnungen bezahlen, oder?«, herrschte Charlene sie an. »Jemand musste doch die Medizin bezahlen, wenn du krank warst, oder mit dem Geld rausrücken, um dir Schuhe zu kaufen. Und wenn er mir sämtliche Wildblumen mitbrachte, die er im Sommer pflücken konnte, mir schöne Lieder und Gedichte schrieb, konnte ich damit doch kein Essen auf den Tisch bringen.«
»Ich bringe Essen auf den Tisch. Ich kaufe mir meine eigenen Schuhe.« Doch sie hatte sich etwas abreagiert. »Das soll nicht heißen, dass du nicht gearbeitet hast. Du hast darüber hinaus noch
jede Menge Tricks angewandt, aber das ist dein Leben. Du hast bekommen, was du wolltest.«
»Ich wollte ihn. Verdammt. Ich wollte ihn.«
»Ich auch, also haben wir in dem Punkt beide verloren. Und wir können nichts mehr dagegen tun.« Sie war hier, um ihre Sachen zu holen, rief Meg sich in Erinnerung. Aber jetzt musste sie raus. Sie ging zur Tür, zögerte.
»Ich habe mit Boston telefoniert und seine Mutter gesprochen. Sie wird... sie wird dich nicht daran hindern, Anspruch auf die Leiche zu erheben, ihn hier zu begraben.«
»Du hast sie angerufen?«
»Ja. Das ist erledigt.« Sie öffnete die Tür.
»Meg. Megan, bitte. Warte einen Moment.« Charlene setzte sich auf die Bettkante, inmitten der verstreut liegenden Kleider. »Ich danke dir.«
Du meine Güte. »Es war doch nur ein Anruf.«
»Aber wichtig.« Charlene faltete die Hände im Schoß und starrte darauf. »Es bedeutet mir so viel. Ich war so wütend auf dich, weil du nach Anchorage gefahren bist, um... ihn zu sehen. Dafür, dass du mich ausgeschlossen hast.«
Meg schloss die Tür und lehnte sich dagegen. »Das habe ich nicht getan.«
»Ich war keine gute Mutter. Anfangs wollte ich eine sein. Ich hab’s versucht. Aber es war ständig so viel zu tun. Ich wusste nicht, dass so viel zu tun sein würde.«
»Du warst ziemlich jung.«
»Zu jung, vermutlich. Er wollte mehr.« Jetzt blickte sie hoch und zuckte mit den Schultern. »Er hat dich wahnsinnig geliebt, und er wünschte sich mehr Kinder. Ich sorgte allerdings dafür, dass es nicht dazu kam. Ich wollte einfach nicht noch mal alles durchmachen, fett und müde werden und diesen Schmerz ertragen. Und dann noch so viel um die Ohren haben. Und nie war Geld da, wenn man welches brauchte. Er drängte darauf, und ich
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