Das Leuchten des Himmels
Lärm und das Durcheinander und das Geld, das die Leute daließen.
Sie hatte sich schließlich was aufgebaut, oder etwa nicht? Sie hatte gefunden, was sie gesucht hatte, jedenfalls das meiste davon. Ihr Blick streifte den Fluss. Boote trieben darauf und glitten zwischen den schmelzenden Eisinseln hindurch.
Dann wanderte ihr Blick weiter über den Fluss hinaus zu den Bergen. Weiß und blau und zaghaft, äußerst zaghaft sprossendes
Grün zu ihren Füßen. Ihre Gipfel weiß, auf ewig weiß in dieser gefrorenen, fremden Welt.
Sie war nie auf die Berge gestiegen. Und sie würde es nie tun.
Der Ruf der Berge hatte sie nie erreicht. Andere Dinge schon. Pat etwa. Dieser Ruf hatte sich ihres ganzen Seins bemächtigt, wie Trompetenklang, als er donnernd in ihr Leben trat. Noch keine siebzehn, erinnerte sie sich, und noch Jungfrau. Hatte sie, die auf diesen flachen Feldern Iowas festsaß, nicht nur darauf gewartet, dass einer kam und sie herauszog?
Das typische Bauernmädchen aus dem mittleren Westen, das verzweifelt fliehen wollte. Dann war er gekommen und hatte mit seinem Motorrad diese dröge Luft aufgewirbelt und dabei so gefährlich und exotisch und... anders ausgesehen.
O ja, er hatte sie gerufen, erinnerte sich Charlene, und sie hatte seinen Ruf erwidert. Sich in diesen kalten Frühlingsnächten nach draußen geschlichen, um zu ihm zu laufen und sich nackt mit ihm im weichen grünen Gras zu wälzen, frei und sorglos wie ein Welpe. Und so wahnsinnig verliebt. Diese brennende, sengende Liebe, die man vermutlich nur mit siebzehn empfand.
Als er ging, zog sie mit ihm, verließ die Familie, die Freunde und enteilte – auf dem Rücken einer Harley – der Welt, die sie kannte, um eine neue zu erobern.
Noch einmal siebzehn sein, überlegte sie, und so wagemutig. Sie hatten gelebt. Und wie sie gelebt hatten! Waren gegangen, wohin sie wollten, hatten getan, was ihnen gefiel. Durch Weideland und Wüste, durch Städte und winzige Orte.
Und alle Straßen hatten hierher geführt.
Dann wurde alles anders. Wann wurde es anders?, überlegte sie. Als sie merkte, dass sie schwanger war? In ihrer Einfalt waren sie ganz außer sich über das Baby gewesen. Aber alles war anders geworden, als sie mit dieser Saat in ihr hier angekommen waren. Als sie ihm sagte, sie wolle bleiben.
Aber ja doch, Charley, kein Problem. Dann bleiben wir eben eine Weile hier.
Aus der Weile war ein Jahr geworden, dann zwei, dann ein Jahrzehnt, und mein Gott , sie war diejenige gewesen, die sich veränderte. Die diesen wunderbaren, unbekümmerten Jungen gedrängt
und angestachelt hatte, an ihm herumgenörgelt und ihn aufgehetzt hatte, doch endlich ein Mann zu sein, das zu werden, wovor er weggelaufen war. Verantwortungsbewusst, gesetzt. Gewöhnlich.
Er war geblieben, mehr Megs zuliebe, das wusste sie, mehr ihrer Tochter zuliebe, die sein Abbild war, als der Frau wegen, die ihm dieses Kind geschenkt hatte. Er war geblieben, aber heimisch war er nie geworden.
Und das nahm sie ihm übel. Nahm es Meg übel. Was hätte sie auch sonst tun können? Sie war nicht dazu geschaffen, es anders zu machen. Sie war doch die gewesen, die arbeiten musste. Die dafür sorgen musste, dass was zu essen auf den Tisch kam, sie ein Dach über dem Kopf hatten.
Und sie wusste, dass er, wenn er wegging, um sich Arbeit zu suchen, sich eine Auszeit zu nehmen, auf diese blöden Berge stieg, dass er dann auch zu Huren ging.
Die Männer waren scharf auf sie. Sie konnte jeden bekommen, den sie haben wollte. Aber der Einzige, den sie wirklich haben wollte, der war bei den Huren.
Was waren seine Berge anderes als Huren? Kalte weiße Huren, die ihn von ihr weggelockt hatten? Bis er in einer dringeblieben war und sie allein gelassen hatte.
Aber sie hatte überlebt. Es sogar besser getroffen, als nur zu überleben. Sie hatte hier gefunden, wonach sie gesucht hatte. Das meiste davon.
Jetzt hatte sie Geld. Sie hatte ihr Geschäft. Sie hatte Männer, junge, harte Körper in der Nacht.
Warum also war sie so unglücklich?
Allzu tiefes Nachdenken war ihr unangenehm, sie mochte nicht in sich gehen und sich über das, was sie dort fand, den Kopf zerbrechen. Sie wollte leben. Sich bewegen, in Bewegung bleiben. Wann man tanzte, brauchte man nicht nachzudenken.
Leicht verärgert über das Klopfen an ihrer Tür, drehte sie sich um. »Kommen Sie herein.«
Als sie sah, dass es John war, straffte sich ihr Gesicht, und sie setzte ganz automatisch ihr Lächeln auf. »Na du, schöner Mann. Ist die
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