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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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dem Fluss und dem See in die Höhe, und er konnte sehen, welche Fortschritte der Eisbruch genommen hatte, sah den stetigen Vormarsch des Frühlings. Wo die Sonne auf den Schnee schien, zeigten sich grüne Flecken. Über einen Abhang stürzte ein Wasserfall, aus dessen Tiefen Eis glitzerte.
    Unter ihnen zog eine kleine Elchherde über ein Feld. Der Himmel über ihnen schwang sein wildes blaues Band.
    »Jacob war im Februar hier.« Meg schielte zu ihm hinüber. »Ich möchte das aus dem Weg räumen – vielleicht aus unser beider Köpfen. Als mein Vater nicht mehr da war, hat er mich oft besucht. Ich weiß nicht, ob mein Vater ihn darum gebeten hat, oder ob er es von sich aus tat. Es mag hin und wieder ein paar Tage gegeben haben, an denen ich ihn nicht gesehen habe. Aber keinesfalls eine Woche am Stück, nicht lange genug, um mit meinem Vater auf den Berg zu steigen. Ich wollte, dass du das erfährst, für den Fall, dass du ihn bitten musst, dir zu helfen.«
    »Es ist lange her.«

    »Ja, und ich war ein Kind. Aber daran erinnere ich mich. Als ich an diese Zeit zurückgedacht habe, ist es mir wieder eingefallen. In jenen ersten Wochen nach der Abreise meines Vaters habe ich von Jacob mehr gesehen als von Charlene. Er nahm mich zum Eisfischen und zum Jagen mit, und als ein Sturm aufkam, blieb ich ein paar Tage bei ihm. Ich erzähle dir das, damit du ihm vertrauen kannst, mehr nicht.«
    »In Ordnung.«
    »Und jetzt sieh mal nach steuerbord.«
    Er schaute nach rechts und sah, wie sie am Rand der Welt dahinflogen, über einen Kanal aus blauem Wasser, der viel zu nah zu sein schien. Aber ehe er Einwände erheben konnte, sah er einen riesigen Block dieser blau-weißen Welt abbrechen und ins Wasser stürzen.
    »Du meine Güte.«
    »Das ist ein aktiver Flutgletscher. Und was du hier siehst, nennt man kalben«, erklärte sie, als weitere Eisbrocken abbrachen und stürzten. »Auf mich wirkt es eher wie eine Geburt als ein Tod.«
    »Es ist wunderschön.« Er klebte jetzt fast an der Windschutzscheibe. »Unglaublich. Mein Gott, einige davon sind so groß wie ein Haus.« Er lachte lauthals, als wieder einer in die Luft sprang, und bemerkte kaum das Flattern des Flugzeugs, als dieses in eine Turbulenz geriet.
    »Die Leute zahlen mir gutes Geld dafür, dass ich sie hierher fliege und sie sich das anschauen können, aber dann kleben sie mit ihren Augen die meiste Zeit am Sucher ihrer Videokamera. Das empfinde ich als hinausgeschmissenes Geld. Wenn sie das im Film sehen wollen, dann sollten sie sich lieber einen ausleihen.«
    Es war nicht nur das, was er zu sehen bekam, das Spektakel. Es war dieser Zyklus – gewalttätig, unvermeidbar, irgendwie mythisch. Dieser Anblick – gezackte Brocken blauen Eises, die sich in die Luft hoben. Die Geräusche – Krachen, Donnern, Kanonenschläge. Das beim Aufprall hochgischtende Wasser und das zu einer glänzenden Insel nach oben steigende Weiß, das dann auf dem aufgewühlten Fjord dahinströmte.
    »Ich muss hier bleiben.«

    Sie zog die Maschine in die Höhe und flog einen Kreis, damit er einen anderen Blickwinkel bekam. »Hier in der Luft?«
    »Nein.« Er drehte sich um und grinste sie an, wie sie ihn noch selten erlebt hatte. Locker, entspannt und glücklich. »Hier. Ich kann auch nirgendwo anders mehr sein. Es ist gut, das zu wissen. Und es gibt noch etwas, was vielleicht nicht schlecht wäre, wenn du es wüsstest. Ich liebe dich.«
    Sie lachte, als das Flugzeug in der stürmischen Luft zu schaukeln begann, durchflog mit Karacho die Turbulenz und schoss durch den Kanal, während um sie herum Eis herabstürzte.

27
    Charlene hatte den Frühling in Alaska immer geliebt. Freute sich, wenn die Tage sich zunehmend ausdehnten, länger und länger wurden, bis sie nur noch Licht waren.
    Sie stand in ihrem Büro am Fenster und schaute hinaus auf die Straße, während die Arbeit unerledigt auf ihrem Schreibtisch lag. Geschäftig liefen, fuhren, gingen, kamen die Leute. Stadtbewohner und Touristen, Landbewohner, die zum Einkaufen hergekommen waren oder weil sie Gesellschaft suchten. Vierzehn ihrer zwanzig Zimmer waren belegt, und in der folgenden Woche würde sie drei Tage lang ganz ausgebucht sein. Danach würde das starke, schier unendliche Licht die Leute anziehen wie Honig die Fliegen.
    Den ganzen April bis in den Mai und dann weiter, bis der erste Frost kam, würde sie arbeiten wie ein Hund.
    Und sie arbeitete mit Begeisterung und hatte es gern, wenn es gerammelt voll war bei ihr, liebte den

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