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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts Nora
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hatte, hob Meg ab.
    Er hörte das Kreischen des Windes und der Motoren und fragte sich, ob sie nun doch noch in Stücke gerissen wurden.
    »Du musst uns sagen, wo deine Freunde sind.«
    »Ich kann es Ihnen zeigen.« Zähneklappernd versuchte er, die erste Tasse Kaffee zu halten, die Nate ihm einschenkte.
    »Komm, lass mich sie halten. Trink einfach.«
    Beim Trinken kamen ihm die Tränen. »Ich habe nicht gedacht, dass ich es schaffe. Dass sie dort oben sterben würden, weil ich es nicht hinunter zum Flugzeug schaffe.«
    »Du hast es aber geschafft.«
    »Das Flugzeug war nicht da. Er war nicht da.«

    »Wir aber. Wir waren doch da.« Sich mühsam gegen die ruckartigen Bewegungen des Flugzeugs behauptend, hob Nate noch einmal vorsichtig die Kaffeetasse.
    »Wir schafften es fast bis zum Gipfel, aber Scott wurde krank, und Brad stürzte. Sein Bein ist verletzt. Wir kamen zur Höhle, wir fanden die Höhle und gingen hinein, ehe der Sturm losging. Wir blieben da drinnen. Da ist ein toter Mann.«
    »Das hast du gesagt.«
    »Ich denke mir das nicht aus.«
    Nate nickte. »Du wirst es uns zeigen.«

9
    Nate hasste Krankenhäuser. Sie katapultierten ihn sofort zurück in die Dunkelheit. Nachdem er verletzt worden war, hatte er viel zu viel Zeit in einem verbracht. Genug Zeit, damit Schmerz und Trauer und Schuld sich zur gähnenden Leere der Depression verbinden konnten.
    Er hatte ihr nicht entfliehen können. Er hatte sich nach der Leere des Schlafs gesehnt, aber der Schlaf brachte Träume, und Träume waren schlimmer als die Schwärze.
    Tatenlos hatte er gehofft, er würde sterben. Einfach lautlos hinweggleiten. Doch selbst Hand an sich zu legen, das hatte er nicht in Betracht gezogen. Das hätte zu viel Anstrengung gekostet, zu viel Tatendrang.
    Keiner hatte ihm wegen Jacks Tod Vorwürfe gemacht. Er hätte es sich gewünscht, aber stattdessen hatten sie ihn mit Blumen und Mitgefühl, sogar mit ihrer Bewunderung überschüttet. Und das hatte ihn wie Blei hinuntergezogen.
    Therapiegespräche, Beratung, Antidepressiva – nichts davon vermochte, ihn zu erreichen. Er hatte alles mechanisch mit sich geschehen lassen, nur um sich die Ärzte und die besorgten Freunde vom Hals zu schaffen.
    Monatelang ging das so.
    Jetzt war er wieder in einem Krankenhaus und spürte die weichen,
klebrigen Finger der Hoffnungslosigkeit an sich zupfen. Es war leicht, so viel leichter, dem nachzugeben, sich gehen zu lassen und wieder ins Dunkel zu sinken.
    »Chief Burke?«
    Nate starrte auf den Kaffee in seiner Hand. Schwarzer Kaffe. Er wollte ihn nicht. Konnte sich nicht erinnern, wie dieser da hingekommen war. Für Kaffee war er viel zu müde. Aber auch zu müde, um aufzustehen und ihn wegzuschütten.
    »Chief Burke?«
    Er blickte auf und konzentrierte sich auf ein Gesicht. Weiblich, Mitte fünfzig, braune Augen hinter kleinen, schwarz gerahmten Brillengläsern. Er konnte sich nicht erinnern, wer sie war.
    »Ja, Verzeihung.«
    »Steven würde Sie gern sehen. Er ist wach und klar.«
    Langsam kehrte das Bild zurück, wie Gedanken, die durch Schlamm sickern. Die drei Jungen, der Berg. »Wie geht es ihm?«
    »Er ist jung und kräftig. Er litt an Flüssigkeitsverlust, und vielleicht verliert er ein paar Zehen – aber gut möglich, dass er sie auch behält. Er hat also Glück gehabt. Die anderen beiden werden gerade gebracht. Ich hoffe, dass es auch ihnen gut geht.«
    »Dann hat man sie also geholt. Vom Berg geholt.«
    »Ja. Sie können ein paar Minuten mit Steven sprechen.«
    »Danke.«
    Als er ihr folgte, durchdrangen ihn die Geräusche und Gerüche der Notaufnahme. Die Stimmen, das Klappern, das quengelige Schreien eines Kindes.
    Er betrat das Untersuchungszimmer und sah den Jungen in einem Bett liegen. Unter den Flecken auf seinen Wangen hatte er wieder ein wenig Farbe bekommen. Sein blondes Haar war verfilzt, und in seinen Augen lag Besorgnis.
    »Sie haben mich runtergeholt.«
    »Nate Burke. Der neue Polizeichef von Lunacy.« Da Steven seine Hand ausstreckte, nahm Nate sie, vorsichtig darauf bedacht, nicht seine Injektionsnadel zu drücken. »Deine Freunde sind auf dem Weg hierher.«
    »Das habe ich gehört. Aber keiner will mir sagen, wie es ihnen geht.«

    »Das werden wir erfahren, sobald sie hier sind. Sie wären nicht unterwegs, wenn du uns nicht gesagt hättest, wo sie sich aufhalten, Steven. Das wiegt fast die Dummheit auf, überhaupt erst da raufzugehen.«
    »Damals hielten wir das für eine gute Idee.« Er versuchte ein schwaches Lächeln.

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