Das Leuchten des Himmels
ja.«
»Aber du bist dennoch hier.«
»Es wäre nicht das erste Mal, dass ich nach Leichen suche oder welche finde.« Sie dachte an die Vorräte und die Ausrüstung im Flugzeug. Notfallrationen, Medikamente, Thermodecken. Und betete um die Chance, sie zum Einsatz bringen zu können.
»Halt Ausschau nach Gegenständen. Zelte, Ausrüstung... Körper. Hier gibt es viele Spalten. Ich fliege so nah dran wie möglich.«
Er wollte sie lebend. Er hatte genug vom Tod, genug von der Vergeudung. Er war nicht gekommen, um nach Körpern zu suchen, sondern nach Jungs. Verängstigt, verloren, eventuell auch verletzt, aber Jungs, die er ihren entsetzten Eltern zurückbringen konnte.
Er suchte durch sein Fernglas. Nahm die Abhänge ins Visier, bei denen es einem den Magen umdrehte, die schmalen Kanten, die Wände aus purem Eis. Sich hier zu wundern, weshalb jemand den Drang verspürte, Leib und Leben zu riskieren, sich den grauenhaftesten Bedingungen auszusetzen, Hunger und Leid auf sich zu nehmen, um sich zum Gipfel hochzuarbeiten, brachte gar nichts. Es gab noch viel verrücktere Sportarten.
Er registrierte, wie sie vom Wind durchgerüttelt wurden, wie beklemmend nah das kleine Flugzeug den unversöhnlichen Wänden kam, und schloss die Angst ein.
Er suchte alles ab, bis ihm die Augen brannten, dann senkte er das Fernglas ab, um blinzelnd wieder einen klaren Blick zu bekommen. »Nichts.«
»Es ist ein großer Berg.«
Sie kreiste, er suchte, während sie unentwegt ihre Koordinaten an den Kontrollturm weitergab. Er entdeckte ein weiteres Flugzeug, einen kleinen gelben Vogel, der im Sturzflug nach Westen drehte, und den massigen Rumpf eines Hubschraubers. Der Berg machte alles zwergenhaft. Er wirkte nun nicht mehr klein auf ihn, nicht nach allem, was er darauf entdeckt hatte.
Es gab Formen, die ihm Gestalt verliehen – geriffelte Eisplatten, Schneefelder, schwarze Felsenfäuste, die aus den Wänden herausragten und wie mit Zuckerguss von seltsam zart wirkenden Eisflüssen überzogen waren.
Er entdeckte Schatten, von denen er sich vorstellte, dass sie noch nie von der Sonne entdeckt worden waren, und gemeine Abbrüche, die ins Nichts führten. Einer davon schoss einen Lichtstrahl zu ihm zurück, wie eine vom Kristall reflektierte Sonne.
»Da unten ist was«, schrie er. »Metall oder Glas – es reflektiert. In dieser Spalte.«
»Ich kreise darüber.«
Er senkte das Fernglas, um sich die Augen zu reiben, und wünschte, er hätte seine Sonnenbrille mitgebracht. Die Strahlung war mörderisch.
Sie stieg, ging in die Querlage, und als sie kreiste, sah Nate etwas Farbiges im Schnee aufblitzen.
»Warte. Da. Was ist das? Etwa hundertzwanzig Grad. Herrje, Meg, hundertzwanzig Grad.«
»So ein Scheißkerl. Einer von ihnen lebt.«
Jetzt sah er es, das helle Blau, die Bewegung, die menschliche Gestalt, die wie verrückt mit den Armen wedelte, um Zeichen zu geben. Sie neigte die Flügel, erst rechts, dann links, dann rechts und links.
»Hier ist Beaver-niner-zulo-niner-Alfa-Tango. Ich habe einen entdeckt«, sagte sie in ihr Kopfmikro. »Lebend, gleich oberhalb des Sun Glacier. Ich hole ihn.«
»Du willst landen?«, fragte Burke, als sie ihre Meldung wiederholte und die Koordinaten durchgab. »Da unten?«
»Wenn du eine bessere Stelle findest«, meinte sie zynisch. »Du gehst da raus. Ich kann die Maschine nicht allein lassen – die Seitenwinde sind zu riskant, und es gibt keine Möglichkeit und auch nicht genug Zeit, um sie zu verankern.«
Er starrte hinab, sah die Gestalt stolpern, stürzen, sich überschlagen, taumeln, rutschen, ehe sie still lag, fast unsichtbar jetzt in der weißen Gischt.
»Dann weis mich jetzt ein und mach schnell.«
»Ich gehe runter, du steigst aus, kletterst hoch, holst ihn, bringst
ihn mit. Dann fahren wir alle nach Hause und trinken ein schönes Bier.«
»Knappe Lektion.«
»Keine Zeit für mehr. Bring ihn dazu, dass er läuft. Wenn er nicht kann, dann schleif ihn mit dir. Nimm dir eine Schneebrille. Du wirst sie brauchen. Das ist keine Feinarbeit. Du brauchst nur einen See zu überqueren und ein paar Felsen hochzuklettern.«
»Und das Ganze ein paar tausend Meter über Meereshöhe. Keine große Sache.«
Sie zeigte grinsend die Zähne, als sie kleinere Kämpfe ausfocht, um das Flugzeug stabil zu halten. »Das ist die richtige Einstellung.«
Der Wind zerrte an der Maschine, und sie steuerte dagegen, zog die Nase hoch, richtete die Flügel parallel aus. Sie neigte sich zur Landung, fuhr die
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