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Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Falls
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Schuld. Ich kochte innerlich. Als wenn es für die Siedler nicht schon schwer genug wäre, sich mit dem Anbau von Früchten auf dem schlammigen Grund und der Zucht von Meerestieren für die Topsider ihren Lebensunterhalt zu verdienen! Musste da nun auch noch eine Bande von faulen, nichtsnutzigen Verbrechern ihre harte Arbeit zunichtemachen?
    Von allen Seiten stießen verstörte Fische gegen mich. Delfine, die herbeigeschwommen waren, weil sie sich eine schnelle Mahlzeit erhofft hatten, warnten sich nun gegenseitig, sich zu beeilen. Bald würden auch die großen Raubfische kommen, angezogen von den letzten Zuckungen der sterbenden Tiere. Wenn ich nicht schleunigst von hier wegkam, würde auch ich der Fressorgie zum Opfer fallen. Aber ich konnte nicht gehen, ohne wenigstens den Versuch unternommen zu haben, die Stromversorgung wieder in Gang zu bringen. Vielleicht ließ sich der Fehler ja ganz leicht beheben. Und vielleicht würde eine Meerjungfrau vorbeischwimmen und mir helfen. Die Chancen standen für das eine so gut wie für das andere.
    Mithilfe meiner Stirnlampe fand ich die Stromleitung, die von dem eingefallenen Haus in das Seetangfeld führte. Der Tauchcomputer an meinem Handgelenk zeigte mir die Wassertemperatur an, die für tropische Fische inzwischen schon zu niedrig war. Wenn sie nicht bereits tot waren, dann würden sie es bald sein. Ich folgte der Stromleitung in das grüne Dickicht hinein bis zum Hauptgenerator.
    Plötzlich bewegten sich die Tangwedel vor mir. Etwas Großes kam durchs Feld auf mich zu. Ich stellte den Motor des Mantaboards ab und ließ mich auf den Meeresboden gleiten. Dann befestigte ich die Sicherungsleine an meinem Gürtel, ließ das Board treiben und zog den Elektroschocker aus dem Halfter. Ich konnte nicht das gesamte Feld überblicken, aber ich spürte deutlich, dass da etwas durch den Tang pflügte. Und es wurde immer schneller. In Panik wich ich zurück, nur um festzustellen, dass hinter mir nichts war. Ich war am Rand des Feldes angelangt und stand im Freie n – für jeden sichtbar.
    Im Tang wimmelte es jetzt von Leben. Als die Wedel vor mir sich zur Seite bogen, trieb eine Masse toter Fische auf mich zu und nahm mir die Sicht. Ich schlug mit den Händen danach, um den Schwarm zu teilen, denn die Kadaver waren zu wenige, um sich dahinter zu verstecken.
    Als die toten Fische zur Seite trudelten, sah ich etwas auf mich zukommen. Noch ehe mir klar wurde, was es war, erstrahlte die Farm in grellem Licht.
    Der Strom war wieder da.
    Ich bedeckte die Augen, blinzelte und versuchte mich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen. Ich spähte durch die gespreizten Finge r – und fuhr entsetzt zusammen. Vor mir schwebte eine Leiche. Sie steckte noch in ihrem Taucheranzug und war bleich und aufgedunsen.
    Angewidert trat ich einen Schritt zurück, aber dann hielt ich inne und riskierte einen zweiten Blick. Die geschwollenen Arme und die aufgeblähte Brust deuteten darauf hin, dass der Tod schon vor einiger Zeit eingetreten war. Je näher die Leiche auf mich zutrieb, desto weniger menschlich kam sie mir vor. Im Helm schimmerte ein kahler, bleicher Schädel, der aussah, als hätten Neunaugen jeden Tropfen Blut aus ihm herausgesaugt. Die Haut war weißer als weiß. Mit Ausnahme der kohlrabenschwarzen Augen. Die Pupillen, die Iris, das Weiße im Aug e – alles war schwarz. Wie klaffende Löcher in einem Schädel.
    Es überlief mich eiskalt, denn ich erkannte: Das war kein aufgedunsener Leib, das waren Muskelpakete. Ich befand mich keineswegs Auge in Auge mit einer Leiche. Nein, die entsetzliche Visage, die ich vor mir sah, gehörte Shade, dem Anführer der Seablite-Gang. Und er war quicklebendig.

9

    Ich schwamm mit aller Kraft rückwärts. Shade hatte den Kopf in den Nacken gelegt und schien abzuwägen, ob es sich überhaupt lohnte, mir nachzujagen. Noch mehr tote Fische trieben zwischen uns, sodass ich Shade nicht mehr richtig erkennen konnte. Hastig zog ich das Mantaboard heran und schwang mich darauf. Ich war mir sicher, dass mich seine hohl wirkenden Augen verfolgten.
    Die Strömung trieb die toten Fische nach oben. Ich drehte mich kurz um, sah aber nichts außer Seetang. Dann raste ich mit dem Mantaboard los. Der Strom war wieder da, weshalb sollte ich also noch hierbleiben? Vielleicht würden einige der Pflanzen den Temperatursturz überleben. Das Licht fiel auf ein paar halb aufgefressene Fische, die von der Strömung hin und her gewiegt wurde n – das war alles, was von der Zucht

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