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Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Titel: Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix R. Paturi
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wird. Dass diese dann auch noch relativ stabil sind, also wie gewachsenes Fleisch wirken, verdanken sie der Tatsache, dass während der Herstellung durch Pressen und Gefrieren die Eiweiß-Salz-Fermentpampe zum Gerinnen gebracht wird. Sollte das Klebefleisch am Ende nicht ganz der gewünschten Geschmacksrichtung entsprechen, keine Sorge, dann versetzt es der Hersteller noch meist mit künstlichen Gewürz- und Aromastoffen. Guten Appetit!
    Übertroffen wird das alles nur noch durch Surimi. Das klingt japanisch und suggeriert Gesundheit, denn jedes Kind weiß hierzulande, dass viele Japaner uralt werden, weil sie so viel Fisch und andere Meerestiere essen, zum Beispiel Sushimi, was ja ganz ähnlich klingt. Surimi, so macht uns der Handel weis, sei Krebsfleisch. Ist es aber nicht. Fabriziert wird es so: Man nehme beliebige Fischreste, wie sie bei der Produktion von Fischstäbchen oder Filets anfallen, zermahle sie und wasche aus dem Brei anschließend die Eiweißbestandteile heraus. Die werden dann entwässert und mit Bindemittel, Gewürzen und künstlichen Aromen vermengt und anschließend in Stangen oder auch fantasievolle Formen wie die kleiner Körper toter Garnelen, Krabben oder Hummer gepresst, in denen sie   – man denkt unwillkürlich an Kunststoffe   – aushärten. Ach so: Zuvor wurde die blasse, fast rein weiße Masse noch schön rosa eingefärbt, damit die Illusion kleiner Meereskrebse noch etwas perfekter ist. Über den Gesundheitswert mancher synthetischer Lebensmittelfarbstoffe lässt sich hitzig diskutieren. Und neuerdings kommen recycelte Fischabfälle, industriell kunstvoll umgeformt, sogar als panierte Tintenfischringe auf den Markt!

Antigaskrieg-Kinderwagen
    Die Wurzeln einer skurrilen britischen Erfindung aus dem Jahr 1938 reichen bis 1914 zurück. Damals kamen französische Militärs auf die glorreiche Idee, deutsche Soldaten mit dem Tränengas Xylylbromid zu vertreiben, das die Pariser Polizei entwickelt hatte. Giftig war es nicht, aber es bewährte sich als aggressivesReizgas. Wir wollen euch ja nicht gleich umbringen, nur ein wenig reizen, war eine Devise, auf die sich alle Parteien des Ersten Weltkriegs in Den Haag geeinigt hatten. Damit war Frankreich gegenüber Deutschland zunächst im Vorteil. Denn die Truppen des Deutschen Reichs konnten nicht »zurückreizen«, sie verfügten nicht über die geeigneten Rohstoffe zur Reizgaserzeugung. Aber Not macht erfinderisch. Schon ein Jahr später, bei der Schlacht von Ypern in Flandern, gasten auch die deutschen Soldaten   – und zwar mit dem tödlichen Chlorgas, das in großen Mengen als Abfallprodukt der Industrie anfiel. Nach der Haager Landkriegsordnung war Giftgas zwar verboten, aber das Reichskriegsministerium deklarierte Chlorgas kurzerhand zum Reizgas um. Bis zum Waffenstillstand von 1918 kam es in Tausenden Tonnen zum Einsatz. Das war die Geburt der chemischen Kriegsführung.
    Mutterliebe im Krieg: Der grabesschwarze und gasdichte Kinderwagen macht’s möglich.
    Als sich nun Ende der 1930er-Jahre ein neuer Krieg über Europa zusammenbraute, fürchtete man sich in vielen Ländern natürlich vor einer Neuauflage der Kampfgasangriffe. Die Gasmasken, die in aller Eile schon im Ersten Weltkrieg entwickelt wurden, waren inzwischen sichtlich verbessert und in manchen Ländern auch an die Zivilbevölkerung ausgegeben worden. So weit, so gut. Aber konnte man so eine Maske auch einem Baby über das Gesichtchen stülpen?   – Wohl kaum. Das brachte einen findigen Briten auf die Idee, einen kampfgasdichten Kinderwagen zu konstruieren. Eine wahrhaft dämliche Erfindung. Stellen Sie sich einmal vor, Mami möchte mit ihrem Kleinen einen Ausflug an die frische Luft machen oder es vielleicht zum Einkaufen mitnehmen. Warum sonst sollte man ein Baby in einer schwarzen Kiste auf Rädern durch die Straßen schieben? Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder es gibt gerade keinen Gasangriff oder der Feind bläst Chlorgas oder Schlimmeres durch die Straßen. Im ersten Fall ist es reichlich sinnlos, das Baby in einer kindersargartigen geschlossenen Kiste zu transportieren, im zweiten fragt es sich, warum man mit ihm überhaupt einen Ausflug unternimmt. Aber wenn man es schon tut, dann sollte man sich wohl besser nicht in die Lage des Kleinen hineinversetzen.
    Alarmsirenen heulen ohrenbetäubend und warnen vor dem Angriff. Da nimmt Mami ihr verstörtes Baby aus dem Bettchen und verfrachtet es in eine schwarze Holzbox. Das Kind wehrt sich, strampelt mit Armen

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