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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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Eingang und 78 bis zum klapprigen Datsun des Professors. Für das Wild war der Laserpunkt kaum zu sehen, noch nicht einmal, wenn es dämmerte. Noch am selben Tag, an dem er das Fernrohr in einem Jagdladen gekauft hatte, war Zachary aus Sacramento raus und in die El Dorado Hills gefahren.
    Er hatte sechs Fasane mit sechs Schüssen erlegt. Kein Fehlschuss.
    „Wo bleibt der Opa?“ Kaum war Tan mit seinen Pommes und Zacharys Burger fertig, hatte er schon wieder Hummeln im Hintern. Nervös blätterte er durch ein paar schlecht leserliche Faxe, die er in der Tasche seiner Jeans trug, seit er sie vor drei Tagen vom Chef bekommen hatte.
    Professor Doktor Fabrizio Biaggi. Geboren 1920 in Rom. Studierte Medizin und später Neurologie und Genetik. Seit 1942 in den USA. Es folgte eine Reihe von Wohnorten und Universitäten. Zuletzt hatte Biaggi im Auftrag der Kanadischen Gesundheitsbehörde für die Canadian Biotechnology Advisory Commission gearbeitet, die sich unter anderem mit genmanipuliertem Saatgut und Seuchen beschäftigte. 1982 war er in Rente gegangen, aber noch immer ehrenamtlich für die Behörde tätig.
    Im Gegensatz zu Tan hatte Zachary die Eckdaten vorgestern im Hotelzimmer auswendig gelernt. Er wollte nicht unvorbereitet sein. Bisher hatten sich ihre Zielpersonen aber als – wie hatte Tan es genannt? – pflegeleicht entpuppt.
     
    Sie folgten dem Professor auf dem Highway 17 in Richtung Ottawa, bis der Datsun kurz hinter Arnprior die Schnellstraße verließ und auf einen Schotterweg abbog, der sich zwei Meilen zwischen verblühtem Raps und gelben Gerstenfeldern entlangzog. Blutrot strahlte die tiefstehende Sonne über die Ähren. Zachary fiel zurück, weil er fürchtete, der Professor würde sie hier draußen – bei dem Staub, den sie aufwirbelten – sofort bemerken.
    „Gefällt mir nicht“, nuschelte Tan. „Wo fährt der hin?“
    „Jedenfalls nicht nach Hause.“
    Tan klappte das Handschuhfach auf. Einige Spritzen, noch mit Sicherheitskappe, lagen neben einem Fülleretui aus Holz und ein paar zerknüllten Strafzetteln. Darunter zog Tan einen Revolver und ein Päckchen Patronen hervor. „Ist da links rein.“
    Zachary nickte und rückte weiter vor, um trotz der Staubwolken den Datsun nicht aus den Augen zu verlieren. Durch das heruntergekurbelte Fenster hörte er den Schotter gegen das Blech prasseln. Er folgte dem gewundenen Pfad, bis sie einen schattigen Waldweg erreichten. Schlagartig wurde es kühler. Zachary bog bei einer Bank mit Grillhäuschen ab.
    „Nett hier“, grummelte Tan und ließ die Trommel des Revolvers aufschnappen. Routiniert begann er, ihn zu laden.
    „Wir sollen ihn nicht umbringen, verstanden.“
    „Klar.“ Tan grinste herablassend und warf die Schachtel mit den Patronen zurück ins Handschuhfach. „Nur befragen. “
    „Nur befragen. Genau.“ Zachary hielt an und schaltete den Scheibenwischer ein. Durch die Schlieren, die der Wischer hinterließ, konnte er ein Holzhaus unter dichten Weymouths-Kiefern erkennen. Inzwischen war die Sonne hinter den Bäumen versunken. Lange Schatten fielen über die schmale Lichtung und das Haus. Dunkle Hände der Dämmerung. Zachary sah, wie nach und nach das Licht im ganzen Haus anging. „Vergiss dein Instrument nicht“, ermahnte er Tan, der bereits aus dem Dodge gesprungen war.
    Knurrend beugte sich Tan noch einmal in den Wagen und zog die drei Spritzen und das Fülleretui aus dem Handschuhfach.
    Zachary streckte ihm die Hand über das Dach entgegen. „Und gib besser mir die Waffe.“
     
    Die untergehende Sonne ließ den Himmel merkwürdig strahlen. Ein feurig roter Schein zeichnete sich auf den Wolken ab. Durch die dunklen Äste der Kiefern sahen die roten Wolken wie züngelnde Flammen aus. Zügig näherten sich Zachary und Tan dem Blockhaus. Sie hielten sich am Rand der Einfahrt, außer Sichtweite der Fenster, und drangen wie geübte Soldaten vor.
    Zachary erreichte den Datsun, der akkurat unter einem mit Wein bewachsenen Carport geparkt war. Den Eingang immer im Blick, drückte er sich an der Fahrertür vorbei. Im Haus konnte er den Alten husten hören, dann eine Klospülung. Sofort deutete er Tan, still zu sein. Tapsende Schritte, die in einem der hinteren Zimmer verklangen.
    Er zögerte einen Moment, dann winkte er seinem Partner, ihm zu folgen.
    Geduckt huschten sie unter dem Carport durch, um auf die Rückseite des Hauses zu gelangen. Das Grundstück sah verwildert aus und war kaum noch vom angrenzenden Wald zu unterscheiden.

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