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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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fiel ihm das Gummihuhn ein. Ohne das Gebet abzuwarten, das Olivia leise murmelte, rannte Ian ins Haus zurück, um Zeros Lieblingsspielzeug zu holen.
    Er wusste nicht genau, warum er es tat, aber er drückte das dumme, zerkaute Huhn kurz an seine Lippen. Dann legte er es zu Zero in die Kiste, zwischen seine Pfoten, auf dass Zero ewig mit ihm spielen möge.
    „Er soll sich nicht so einsam fühlen“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Olivia, die neben ihm stand. „Wo immer er auch hingeht.“
    Er schluckte die Tränen herunter. Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf.
    Was, wenn Zero zu den Geistern gebt, die ihn umgebracht haben?
    Ians Magen verkrampfte sich. Was, wenn er auch so eine Kreatur werden und ihn heimsuchen würde? Ohne einen weiteren Blick auf seinen toten Hund zu werfen, lief er zurück zum Haus. Ihm wurde endgültig schlecht.
    Er schaffte es bis zur Terrasse, dann erbrach er sich. Das war alles zu viel für ihn. Die Begegnung im Hangar. Das Fiepen und der Schmerz. Sie waren ihm gefolgt. Zu ihm nach Hause. Zu Zero.
    Am ganzen Körper zitternd, hockte Ian auf den Steinen der Terrasse und starrte auf die weißen Plastikbeine der Gartenstühle. Seine Gedanken wirbelten durcheinander, während Olivia liebevoll mit ihm sprach.
    Die Geister haben Zero getötet.
    „Verboten, ein so großes Tier im Garten … und das Huhn, das verrottet doch nicht“, hörte er Peter schimpfen. Doch Ian war zu gelähmt, um ihm etwas entgegenzuschleudern.
    Seine Augen brannten, sein Mund tat weh und langsam wandelte sich seine Trauer in Wut.
    Sie haben deinen Hund umgebracht.
    Olivia wollte ihm aufhelfen, aber er schlug ihre Hand beiseite. Sie hatte von den Geistern gewusst! Sie hatte ihn belogen über die Krankheit seines Vaters!
    Tief sog er die Luft ein und erhob sich. Es muss eine Erklärung für all das geben, sagte er sich. Es muss.
    Sie sind hinter dir her. Sie haben dich im Hangar angegriffen und nun haben sie Zero getötet. Die Geister werden auch dich töten, Ian.
    Aber ich werde ihnen zuvorkommen. Ich werde herausfinden, wer diese Geister sind. Und dann werde ich sie erlösen. Ein für allemal erlösen und dann werden sie nie mehr wiederkommen. Sie werden niemanden mehr umbringen.
    Ian ballte die Fäuste.
    Ich werde sie aufspüren.
    Ich werde sie jagen.
    Ich werde sie vernichten.

17
    „Wie lange war er draußen?“, schrie Alva gegen das Getöse des Helikopters an, der direkt vor den Stelzen der Basis gelandet war. Ihre Frage wurde vom Lärm der Rotoren geschluckt. Ohne eine Antwort abzuwarten, stürzte sie zur Trage, die Professor Dr. Greenlight und Dozer, der Leiter der Station, durch den Schnee trugen. Sie hatten Daniel in eine silberne Folie und in eine Heizdecke gewickelt. Dozer, ein muskulöser Mann um die vierzig, der leicht als Holzfäller hätte durchgehen können, hatte noch immer eine Zigarre zwischen seinen Zähnen, obwohl der Stummel längst vereist war. Er hatte sich seine Skimaske auf die Stirn hochgeschoben und wie immer eine Stinklaune.
    „Er hat verdammtes Glück gehabt“, knurrte Dozer und stieß Alva beiseite, um mit der Trage durch die kleine Luftschleuse zu passen. „Was hatte er überhaupt da draußen zu suchen?“
    Alva zog ihre Jacke zu und schloss die Tür mit einem kräftigen Fußtritt. Der eisige Wind wurde abgeschnitten und Ruhe kehrte ein.
    „Wie lange?“, fragte sie ein weiteres Mal und folgte hustend den beiden Männern.
    „Zwei Stunden. Wir hätten ihn fast nicht gefunden. Der Schnee hatte ihn schon zugedeckt“, entgegnete Professor Greenlight und zog sich die Skimaske vom Gesicht. Seine Wangen und sein grauer Schnauzer waren klitschnass, nur seine Glatze schimmerte wie frisch lackiert. Alva folgte ihm im Laufschritt. Mit Entsetzen sah sie, dass Daniels Bein blutverkrustet war. Gefrorenes Blut klebte auch an seiner Hose, die von den Männern aufgerissen worden war und von der Trage herunterbaumelte.
    Dozer bemerkte ihren Blick. „Wahrscheinlich hat er sich am Schneemobil verletzt. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, Dr. Ohlström. Lassen Sie uns durch.“
    „Erfrierungen?“, fragte Alva in ihrer gewohnt knappen, sachlichen Art. Sie hustete abermals und zog eine Packung Taschentücher aus ihrem Overall. Ihr Gesicht war blass, doch ihre Nase vom ewigen Schnäuzen rot angelaufen.
    „So weit wir sehen können, hat er nichts Ernstes, Alva. Wirklich“, beruhigte sie der ältere Greenlight. „Er wird wohl alle Finger und Zehen behalten. Seine Nase ist auch

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