Das Licht der Hajeps - Entscheidungen (German Edition)
allerhöchstens ein mittelgroßes Brot bekommen, denn Sie wissen ja, die Zeiten sind schlecht. Es gibt nur wenige Bäcker, die heutzutage backen! Die meisten Leute holen sich nur Mehl, was Sie allerdings auch auf dem Zettel haben, aber da können Sie nur eine Tüte bekommen, mehr nicht! Und Medikamente ... ha! Sie haben Glück, dass ich neulich noch ein paar bekommen habe, die sind erst im Preis gestiegen, was glauben Sie! Ganz zu schweigen von der Zahnpasta und den Süßigkeiten. He, und die zwei Lutscher! Wohl für Kinder, was?“
Er grinste breit.
Margrit winkte hastig ab. „Habe keine Kinder.“ Und ihr Blick huschte dabei ängstlich zu dem Hajep. „Die sind für mich. Ich lutsche so gern, wissen Sie!“
Pomadenmaxe grinste noch immer. „Und diese Pfanne hier“, fuhr er schließlich fort, „ist zum Beispiel gar nichts, nur billiges Blech, genauso die zwei kleinen Töpfe da und das von Kinderhand bemalte Sparschwein ... einfach lächerlich! Und die Uhr“, er ergriff sie mit seinen kurzen, dicken Fingern und betrachtete sie kritisch, „ist ein altes wertloses Model! So was trägt keiner!“
„Das ist nicht wahr!“ wurde Margrit heftig, und der Hajep überließ ihr seinen Platz, damit sie näher bei dem Händler stehen konnte. „Gerade diese Uhr ist besonders wertvoll, das weiß ich aus sicherer Quelle, denn sie ist ein Modell von Cartier.“
Der Händler heftete geringschätzig seinen Blick auf die Uhr. „Cartier?“ wiederholte er und grinste frech. „Wer achtet schon heute auf Marken! Die Uhr muss robust sein. Das ist das Wichtigste!“
„Das ist sie aber!“ entgegnete Margrit. „Cartieruhren sind doch bekannt dafür, und sie ist gleichzeitig auch noch ein Kompass!“
„Kompass!“ wiederholte der Händler verächtlich. Er packte die Uhr zurück auf das Bord, faltete die Hände über seinem dicken Bauch und wiederholte mit treuherzigem Augenaufschlag. „Tja, leider, leider können Sie für all diese wirklich erbärmlichen Dinge nur ein kleines Brot, eine Tüte Mehl und ein Medikament bekommen ... tja, und welches Medikament es dann sein soll, müssen Sie entscheiden!“
„Nur ein Brot!“ wisperte Margrit enttäuscht und kniff die Lider fest zusammen, damit nicht Tränen in ihre Augen steigen konnten. „Nur eine Tüte Mehl, und nur einmal vielleicht die ... die Drabonsalbe?“
Pommi nickte scheinbar mitleidsvoll. Ach, er war wieder ganz in seinem Element und begann bereits, Margrits Sachen in eine Tüte zu packen. „Tja, da kann man nichts machen“, jammerte er. „So sind halt die Preise. Kommen Sie noch ein anderes Mal vorbei und bringen Sie mir mehr. Vielleicht haben Sie“, er betrachtete schon wieder sehr interessiert die Uhr, bevor die auch in der Tüte verschwand, „ja noch ein paar weitere nette Sachen!“
Er zuckte bedauernd mit den Schultern und räumte dann den nächsten Topf vom Bord. Fast gleichzeitig stellte der Hajep eine Tüte Mehl auf die Ablage, die er sich einfach aus der Kiste neben dem Bord gegriffen hatte und dann noch eine und noch eine und noch eine.
Pomadenmaxe blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Genügg ... orrn ... genug Mehl?“ wollte der Hajep jetzt von Margrit wissen.
„Ja“, keuchte sie erstaunt. „Aber das darfst du doch nicht.“
„Wasisch ... was ich nischt darf?“
„Na, klauen, stehlen! Wie diese Jacke zum Beispiel!“ Sie zupfte ihn scheu am Ärmel.
Der Händler nickte. „Und das Käppi!“ fügte er vorwurfsvoll hinzu. „Ein echtes Modell übrigens, hatten einen teuren Geschmack, deine Kameraden! Und die Sonnenbrille ... ist nämlich eine Rarität heutzutage!“
„Ja, du bist leider ein Dieb“, bestätigte Margrit traurig.
„Isch nisch verschtehe?“
„Ach, Sie verstehen ganz gut!“ fauchte der Händler.
Da leuchteten plötzlich die roten Augen des Hajeps auf. „Deep“, krächzte er. „Deep cup, deep pot, deep hole, deep valley, deep lake, deep ozean, deep ...“
„Ach, Unsinn!“ unterbrach ihn Margrit. „Wir meinen natürlich nicht das englische deep. Aber da wir schon bei dieser Sprache sind. Gemeint ist: thief - klaro?“
„Ach deeer!“ murmelte der Hajep gedehnt. Er senkte seine eigenartige Nase, grübelte und schon hob er wieder den Kopf. „Aber wir dieben nisch, wir täuschen!“ erklärte er eifrig
„Nein, wir tauschen!“ sagte sie und plötzlich war sie wieder ganz beruhigt, denn ihr waren die Ohrringe eingefallen, welche sie vorhin gefunden hatte. „He, ich habe hier etwas ganz
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