Das Licht der Hajeps - Entscheidungen (German Edition)
er jetzt schlicht und knapp und wies dabei mit dem Kinn nach Margrit, die ihre Schultern ergeben fallen ließ, da er sie trotz Verkleidung und ausgefallener Augenbrauen und Wimpern doch wieder erkannt hatte.
Aber Rodrigo hatte anscheinend etwas dagegen. „Nein, das du machst nix!“ hörte Margrit zu ihrer Erleichterung hinter sich. „Wehe, du sie anfasst, sonst ...“
„Was sonst?“ näselte Nireneska ziemlich herablassend.
„Sonst bist tot, verstehst?“ zischelte Rodrigo richtig lebensmüde.
Irgendwie musste einer von Rodrigos Männern inzwischen Hilfe aus dem Lager geholt haben, denn plötzlich traten noch weitere Zigeuner schwer bewaffnet hinter dem Wohnwagen hervor.
Nireneska fühlte sich wohl in seinem Stolz getroffen, von Lumantis bedroht zu werden, denn er zischelte etwas kaum Hörbares im Befehlston seinen Männern zu. Einer von ihnen haschte deshalb nach Margrits Arm, den sie aber noch rechtzeitig wegziehen konnte. Fast gleichzeitig knallte es und jener Hajep brach, tödlich im Gesicht getroffen, zusammen.
Alles Weitere ging so rasend schnell, dass Margrit erst viel später rekonstruieren konnte, was genau passiert war. Sie sah Blitze aus hypermodernen Waffen in die armen Zigeuner hinein zucken und wie gefällte Bäume stürzten sie auf den Waldboden. Aber auch Gewehrsalven hinter dem Wohnwagen knatterten los und mähten fast gleichzeitig eine Reihe Hajeps herunter wie gereiftes Korn.
Nireneska hatte, weil er sich geistesgegenwärtig auf den Boden warf, dabei noch Glück gehabt, nur ein kleiner Streifschuss ließ seine Wange bluten. Unter Feuerschutz brachte er sich erst einmal hinter einem mächtigen Baumstamm in Sicherheit, denn er und seine Männer waren leichtsinnigerweise nicht mit Blunaskas ausgerüstet, weil sie sich so haushoch überlegen fühlten.
Einige Zigeuner zogen sich während des Schusswechsels in die Wohnwagen zurück, um dort in Deckung zu gehen und Margrit krabbelte mitten im Getümmel auf allen Vieren zu einer großen Wassertonne, um sich dahinter zu verbergen. Niemand achtete dabei auf sie. Zu groß war plötzlich die Sorge um das eigene Leben geworden.
Sie riss einem sterbenden Hajep, der neben der Tonne zusammen gebrochen war, eine kleinere Waffe, weil sie diese besser an ihrem Körper verstecken konnte, vom Gürtel. Die Zigeuner waren wahnsinnig tapfer. Immer wieder wurden ihre Schüsse mit einem eigenartigen Zischeln und Prasseln beantwortet, mindestens zwölf Hajeps lagen inzwischen tödlich getroffen am Boden und Margrit robbte weiter am Boden Richtung Wald.
Leider kamen weitere Hajeps Nireneska zur Hilfe, die aber diesmal in Deckung blieben. Es sausten aber auch Lais umher.
Das ganze Zigeunerlager hinter dem Wohnwagen hatte sich inzwischen in Panik in Bewegung gesetzt, aber das schien nicht all zu viel zu nutzen, denn die Lais jagten den etwa vierzig Wohnwagen hinterher.
Neu hinzu gekommenen Hajeps flitzten immer wieder an Margrit vorbei oder sprangen einfach über den Busch, hinter welchem sie inzwischen kauerte. Es schien überall im Walde das reinste Chaos zu herrschen.
Als Margrit sich wieder hinter einen Baum geschleppt hatte, vernahm sie plötzlich Autogebrumm, quietschende Reifen, und dann waren ein Bersten, Zischeln, Knistern und schließlich schreckliche Schreie zu hören. Margrit sah Rauch über den Baumwipfeln aufsteigen. Feuer zuckte, züngelte wild empor. Verdammt, die Flammen zerfraßen jetzt bestimmt den Wohnwagen oder sogar mehrere davon! Margrit roch, obwohl sie nicht atmen wollte, verbranntes Fleisch! In der Nähe von Margrit wurde es nun erheblich stiller. Lediglich in der Ferne tobte der fürchterliche Kriegslärm. Noch mehr Lais segelten wie muntere, kleine Punkte über den Baumwipfel dahin.
Schließlich erhob sich ein Trestin in die Lüfte und dann noch eines. Es waren die beiden Militärflieger, mit denen es Margrit heute schon so oft zu tun gehabt hatte. Ja, Hajeps waren für ihre gründlichen Rachefeldzüge bekannt! Margrits Vorhaben, bei den Zigeunern Zuflucht zu finden, war also auf furchtbare Weise gescheitert und sie ahnte, dass man jetzt wieder am Suchen nach ihr war.
Darum verwarf sie ihren ersten Gedanken, sich weiter Richtung Berge zu begeben und wollte lieber eine Abkürzung nehmen, um auf der ehemaligen Schnellstraße ein Fahrzeug anzuhalten, um mitgenommen zu werden. Sie hoffte, dass die Maden schon um diese Zeit wegen der Kartoffelernte unterwegs waren. Etwa eine Viertelstunde wartete sie dann vergeblich am Straßenrand.
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