Das Licht der Hajeps (German Edition)
hervorlugte den Atem, beide verharrten ungläubig dort, wo sie waren. Dann jedoch stieg Tobias vom Hocker herab und schlich neugierig an das Ding heran. Es war ein silbrig schimmerndes, schmales, flaschenartiges Rohr, das Tobias nun vorsichtig aus dem Brei herauszog. „He, das is ja gar nix! Sieht ja bloß so aus, wie früher.“
„Was früher, Tobias?“
„Na, Tante Mariannas Nagellack!“ sagte er tief enttäuscht. „Is’ was für Tussis!“ seine Stimme bekam einen geringschätzigen Unterton. „Kannste haben!“
„Au ja“, krächzte Julchen, wischte es kurz an ihrem Pullover sauber und ließ es in ihrer Hosentasche verschwinden.
„Das nächste, was wir finden, behalte aber ich!“ knurrte Tobias und kletterte leise ächzend nochmals auf den Schemel. „Aber erst … erst ess’ ich ein paar Kirschen.“
„Ich auch, ich auch!“ jubelte Julchen begeistert von unten. „Schmecken Kirschen?“ setzte sie ziemlich kleinlaut hinzu.
„Glaub’ schon, hab mal ‘n paar gegessen!“ erklärte er fachmännisch und zog den Schnodder in der Nase hoch. Seine kurzen Fingerchen wollten gerade nach dem nächsten Kirschglas greifen, als sein Blick auf ein kleines, flaches Metallstück, das ihm auf der Ablagefläche des Bordes entgegenschimmerte, fiel. Er fand das noch viel hübscher als das kleine Fläschchen, welches er vorhin aus dem Kirschbrei hervorgeholt hatte, fühlte sich plötzlich wie ein Schatzsucher und wisperte daher ehrfurchtsvoll und verzückt. „Da is’ noch was, Jule … ganz ohne Scheiß!“
„Zeigen - zeigääään!“ jubelte Julchen zu ihm hinauf und klatschte wieder ziemlich wild in ihre Händchen.
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Margrit hörte wenig später lautes Geschrei von nebenan, kaum dass sie den alten Verbandskasten endlich gefunden, geöffnet und ihre Hand zur Hälfte gewickelt hatte. ‚Tobias!‘ schoss es ihr zu Tode erschrocken durch den Kopf. ‚Was ist mit ihm?‘
Muttchen und Margrit jagten fast gleichzeitig so schnell aus verschiedenen Zimmern zu ihm hinüber durch den kleinen, engen Flur, dass sie fast zusammenprallten, sich gegenseitig den Weg versperrten.
Margrit zwängte sich, das herabhängende Ende des Verbandes hatte sich dabei um ihre Hüften geschlängelt, als erste durch die schmale Tür der winzigen Kammer.
Da stand der arme Tobias mitten im Raum und schluchzte gemeinsam mit Julchen um die Wette. „Ich krieg’ ihn nich mehr aus … nie!“ schniefte er. „Scheiße! Wie hab’ ich ihn nur angekriegt? Weiß es nich mehr! Er is ja auch so ganz anders als der Flutschi!“
„Stümmt!“ piepste Julchen, die sich jetzt zur Hälfte hinter der Oma versteckt hielt. „Flutschis Farbe is’ hübscher!“
„Was ist hier mit Flutschi?” krächzte Margrit entgeistert und starrte auf ein etwa mantelknopfgroßes, leuchtendes Ding, das Tobias etwas zittrig in der ausgestreckten Hand hielt.
„Na, der … das Dings!“ nuschelte er.
„Wer?“ wiederholte Margrit und versuchte dabei, nervös wie sie war, das Ende des Verbandes von ihren Hüften zu bekommen, doch es rutschte nur etwas höher um ihre Taille.
„Na, der“, versuchte nun auch Julchen zu erklären, „der Käfer!“
„Der Käfer!“ keuchte Margrit verdutzt und wickelte sich ausgesprochen hektisch endlich den Rest des Verbandes um die Hand.
„Ja, die Jule hat da nämlich ein Bein von ihm gesehen!“ Er zog den Schnodder in der Nase hoch.
„Es war ein ganz langes, haariges Bein, Mamms!“ wisperte Julchen schon wieder hinter ihrer Oma hervor. „Und sah ganz … gaanz doll ekelig aus, bäh!“ Sie machte eine kleine Pause und schüttelte sich. „Und … und deer Käfer, deer heiß Flutschi … is ein Geheimnis!“
„Ihr habt ihn also damals doch nicht freigelassen, das arme Tier!“
„Aber der Flutschi spricht nich’ mit mir … neee … daas macht der nich!“
„Ist eigentlich auch nicht gerade typisch für einen Käfer!“ murrte Margrit.
„Horch, Mamms! Der hier spricht! Da! Die reden mit mir schon die ganze Zeit, die da in dem wabbeligen Geldstück! Ich soll mich endlich beruhigen, haben die gesagt! Aber ich … ich weiß immer noch nich, wie ich das machen soll”, schluchzte Tobias plötzlich wieder lauthals los, „denn ich bin ja gar nicht unruhig, oder?“
Alles nickte beklommen.
„W… wartet“, er brachte für einen Moment seinen üppigen Tränenstrom zum Stoppen und strich mit dem Zeigefinger sacht über ein kaum sichtbares quadratisches Feld an der rechten Seite, „ich stell ihn mal
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