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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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unbeholfen, wie aus der Übung, seine Zunge klatschte gegen ihre, sie ekelte sich, sie dachte: Er ist nicht mein Vater, mein Vater ist fort. Seine rauen Hände wanderten über ihreBrüste. Er flüsterte in ihr Ohr. Er bat sie, ihm die Hose zu öffnen. Ihre Finger erledigten beflissen diese Aufgabe; sie wichste ihn so, wie wenn man mit dem Tuch in der Hand den Hausflur wischt. Er weinte ein wenig, als er in ihre Hand kam.
    Im Bad wusch sie sich die Hände und schrie stumm ihr abartiges Gesicht im Spiegel an. Die alte Matratzen-Polly grinste düster zurück. Danach ging er ins Bad, um sich zu waschen. Sie zog sich derweil aus und mischte die K.-o.-Tropfen in sein Weinglas. Sie tranken. Er konnte seinen Blick nicht von ihrem Körper lösen, Narben zogen sich wie zerstörerische Netzwerke über dessen Landkarte.
    »Wer hat dir all das angetan?«, fragte er. Sein halbsteifer Schwanz fiel zusammen, die Lust war einer Besorgnis und einer aufrichtigen Traurigkeit gewichen, wie sie merkte, er war doch ein guter Mensch, aber es war bereits zu spät, um alles abzublasen.
    Er sagte: »Mir ist so schlecht«, und sie führte ihn zum Bett, gerade noch, weil sie nicht wollte, dass er auf dem Boden aufschlug, er war viel schwerer als sie. Er brach zusammen, sein Blick ein ausgeleerter Eimer Erstaunen und Angst.
    Sie schickte eine SMS ab.
    Mevissen und Beck trugen Handschuhe und zwei große Adidas-Sporttaschen bei sich. Sie gingen mit der Effizienz von geübten Einbrechern vor. Als sie Mevissen so beobachtete, wie er das Hab und Gut eines anderen Menschen, mit dem ihn nichts verband, einsackte, ekelte sie sich einen Moment zu lange vor ihm. Sein Blick traf den ihren, und er wusste es. Beck zeigte ihnen grinsend den Schmuck der Toten. Sie hasste ihn dafür. Mehr noch hasste sie sich selbst.
    In der Küchenschublade fand Beck ein nettes, großes Messer. Gute Qualität, etwas Japanisches. Samurai-Scheiße. Er steckte es ein. Es war nicht geplant, eher so als spräche die glatte scharfe Kontur der Klinge zu ihm.
    Auf uns beide wartet noch Arbeit.
    Mevissen steckte seinen Kopf durch die Tür.
    »Wir gehen.«
    Beck blieb an den Bildern hängen. Eine schöne, aparte Frau. »Wo ist denn dieses Täubchen?«
    »Sie ist tot«, sagte Polly.
    Beck grabschte daraufhin nach den Fotos und warf sie zu Boden, trampelte das Glas der Bilderrahmen kaputt.
    »Was soll das?«, fauchte Polly, sie hatte die ganze Zeit neben dem bewusstlosen Mann gesessen, um seine Atmung zu überwachen.
    Nutzloses Miststück, dachte er. Er kam auf sie zu, sehr, sehr schnell , und rammte sein Gesicht beinahe in ihres hinein.
    »Hast du ein Problem?«
    Mevissen sagte: »Es reicht, wir müssen weg, hört auf damit.«
    Polly hielt Becks Blick stand, obwohl sie am liebsten noch einmal gekotzt hätte. Beck grinste verzerrt. Er sah auf den alten Mann runter. Sah auf das große Kopfkissen. Seine Hand griff danach.
    NEIN, schrie es in Polly.
    Mevissen berührte Becks Schulter. Der wirbelte herum. »Lass das, Doc. Fass mich nicht an, als wäre ich deine Schlampe.«
    »Was hast du denn vor? Willst du ihn töten?«
    »Und wenn?«
    »Der Kerl ist hinüber. Er wird sich später an nichts erinnern.«
    »An deine Freundin schon.«
    Polly sagte: »Wenn du ihn anrührst, geh ich zu den Bullen.«
    Beck sagte: »Du? Du gehst zu den Bullen. Um was? Um was zu tun?«
    Mevissen trat einen Schritt zurück, und Beck sah, wie dessen linke Hand in seine Jackentasche glitt. Er wusste von dem Springmesser dort.
    Du bist nicht schnell genug, Doc, glaub mir.
    »Da ist einer ja ganz schön Muschi-hörig geworden«, sagte er.
    »Sei still«, sagte Mevissen.
    Auf dem Bett gab Nils Klausner ein Stöhnen von sich.
    »Jetzt haben wir ihn wach gemacht«, sagte Beck spöttisch.
    »Wir gehen«, sagte Mevissen. Die Hand in der Jackentasche verborgen. Beck spürte den Todestrieb in sich herangaloppieren wie eine entfesselte, panische Herde von Pferden.
    »Okay«, sagte er.
    Die Pferde brannten, weil er sie mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Ihre entsetzlichen Laute waren nicht von dieser Welt.
    »Hab mich danebenbenommen, Doc«, sagte Beck mit ruhiger Stimme.
    Brennende Pferde, die ihre flammenden Spuren durch die tiefe schwarze Nacht zogen, sich zerstreuten, zusammenbrachen, krepierten. Herrlich.
    »Nimmst du meine Entschuldigung an?«
    »Ja. Jetzt lass uns hier verschwinden.«
    Beck nickte. An Polly verschwendete er kein Wort.
    Er wusste nie ganz genau, wann seine Maschine angeworfen wurde, aber wenn es

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