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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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herausschälten. Nur für ihn natürlich. Er erkannte sie alle … Sandra, Carla, Agnes, Uschi, Monika, Edda und Margot. Verbargen sich diese Fotzen etwa da oben im Himmel, wo ihre Körper doch inzwischen in der Hölle verschimmeln sollten? Ja, schaut ruhig runter, dachte er und streckte ihnen den Mittelfinger entgegen, was soll’s, was soll’s, ich bin Kummer gewohnt. Dass man ihn beobachtete, vielmehr: dass er sich beobachtet fühlte, war kein Spleen, sondern ein psychischer Defekt, den er durchaus als solchen begriff.
    Der Killer war paranoid, und das machte ihm Angst. Er hatte diese wirklich lästige Angewohnheit, sich ständig umzusehen. Natürlich fiel so ein Verhalten auf. Einmal, als es ganz schlimm war und Beck keine zwei Schritte tun konnte, ohne sich den Hals zu verrenken, sprach ihn ein zufällig vorbeischlurfender Penner darauf an.
    »Was gibt’s, Kumpel«, begann er, als würden sie sich schon Ewigkeiten kennen, »suchst du jemanden, oder kleben dir die Bullen am Arsch, oder was ist los mit dir?«
    »Ich hab meine Mami verloren und finde sie nicht mehr«, sagte er aus einer Laune heraus. Der grauhaarige, graubärtige, stinkende Menschenmüll, der sich auf einen Rollator stützte, an dem ein halbes Dutzend mit Leergut vollgestopfte Taschen hingen, sagte: »Du bist doch schon ein großer Junge« und zogweiter. Nahm den Wahnsinn des Killers in seinem Rücken nicht mal wahr. Leute gibt’s!
    Das bin ich, du Arschloch, du solltest mal sehen, wie GROSS ich bin, wenn die Hexen begreifen, was Sache ist, dachte Beck. Aber natürlich würde ihn niemals ein anderer außer seinen Opfern in Aktion erleben – und wenn, dann würde diese Person nichts mehr davon berichten können.
    Was den Penner anging, von Beck hatte er nichts zu befürchten: Solche Kerle überlebten den Winter ohnehin meistens nicht, jedes Jahr kratzten die Behörden ein paar von den Straßen. Der Typ war tot, ohne es zu wissen. Das unterschied ihn von Beck. Beck wusste, dass er selbst schon tot war. Ein toter Mann, eine Totgeburt. Ein wandelnder Toter inmitten von Lebenden. Und das war ja unter anderem ein Teil seines Problems. Er fühlte sich schlecht, aber das machte ihm keine allzu großen Sorgen; er kannte ja ein Mittel dagegen. Allerdings störte ihn die kurze Zeitspanne, zwischen Edda und Margot lagen mehrere Monate, und wenn er jetzt wieder etwas unternähme … im Gegensatz zu anderen unterschätzte er die Bullen nicht. Er nahm ihre Arbeit durchaus ernst, deswegen lief er überhaupt noch draußen herum. Und trotzdem war er wieder unterwegs … mal abgesehen von der anderen Sache, die er laufen hatte … nun, das hier war seine ganz persönliche Angelegenheit.
    Mevissen zum Beispiel würde das hier gar nicht verstehen … aber wäre er auch überrascht, erstaunt, entsetzt? Nicht wirklich, dachte Beck, nicht wirklich.
    Beck spürte einen Blick in seinem Rücken – so wie man das sich nähernde Messer eines Mörders spürt. Er ging vorerst weiter und unterdrückte den Impuls, sich umzudrehen und auf seinen Verfolger loszustürmen. Seine Hände verkrampften sich so heftig, dass sie schmerzten, und er hob sie an sein Gesicht und hauchte in sie hinein. Suchte nach einem Schaufenster, suchte nach Spiegeln, endlich kam er an einem Geschäft vorbei, Damenmode,Nuttenklamotten, er blieb stehen und gab den interessierten Voyeur und wartete und sah den anderen gespiegelt auf der gegenüberliegenden Straßenseite dahinstolpern. Amateurhaft und idiotisch. Eine lächerliche Type.
    Und ein Gesicht, das er wiedererkannte.
    Markowitz wich einer mit schweren Einkaufstaschen beladenen Frau aus, die zwei quengelnde Kinder hinter sich herdirigierte, rutschte beinahe auf einer Eisplatte aus, stolperte ein-, zweimal, rieb sich das durch die schneidende Kälte wunde Gesicht warm, bohrte in den vom Wind gepeinigten Augen und als er wieder nach dem Typen sehen wollte – nichts. Dabei verfolgte er ihn schon eine ganze Weile durch die Stadt.
    Dass er ihn wiedergefunden hatte … tja, wie ließ sich das erklären? Vielleicht durch Eddas ihn leitende Hand? Er hatte Co Bao in der Wohnung zurückgelassen, das gute Mädchen hatte ihn nicht gehen lassen wollen, und tatsächlich, sein ramponierter Zustand war nicht für diese Art Wetter gemacht. Scheiß drauf, sagte er sich, früher habe ich die ganze verdammte Stadt innerhalb eines einzigen Tages durchquert … früher, wie viel früher denn?
    Jedenfalls wollte er es versuchen. Die Worte des Bullen hatten ihn

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