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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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wieder auf Start zurückstellen wollen. Wir fürchten uns vor dem Rückfall in alte Gewohnheiten, wir meiden den alten Kiez. Wir akzeptieren den Trennungsschmerz. Fliehen weit und schnell. Tauchen unter. Kommen nicht zurück. Robert hatte mehr als nur einen Koffer in Berlin gelassen – sein ganzes Leben. Die Lebenden und die Toten. Und Nagy wusste davon. Natürlich, Robert gehörte ihm schließlich.
    Berlin war Vergangenheit, ein harter Grund, den Nagy mit »Unfällen« und verschwundenen Konkurrenten gepflastert hatte.
    »Ich wollte immer wieder mal in den Reichstag«, sagte Nagy. »Es heißt, dass sie dort die Inschriften der russischen Soldaten, die das Gebäude 1945 besetzten, nicht entfernt haben. Worte in Stein gemeißelt. Denkmalpflege. Ihr Deutsche besitzt eine seltsame Moral euren Feinden gegenüber. Ihr bewahrt sogar die Worte von Geistern auf. Weißt du, was ich glaube? Dass die Geister dieser Soldaten dort immer noch herumspuken. Berlin ist voll von ihnen. Die Engländer haben ihre Gespenster aufs Land in ihre Herrenhäuser und Schlösser verbannt. In Berlin aber sitzen sie an jeder Straßenecke und führen ein urbanes Dasein.«
    »Ich glaube nicht an Gespenster«, sagte Robert.
    »Das solltest du aber.«
    Robert dachte an Mikosch: an seine Flucht mit dem Geldeines Ungeheuers. Was ging nur in dem Mann vor, dass er nicht nur sein Leben versaute, sondern auch Robert in Schwierigkeiten brachte?
    »Berlin ist eine große Stadt«, sagte Robert, »eine Menge Menschen auf einem Haufen, wo soll ich da ansetzen? Ich weiß nicht genug über den Mann.«
    »Ich weiß genug. Eine geschiedene Frau, eine Tochter, er hat beide seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie leben in Berlin. Naheliegend, dass er zu ihnen will.«
    »Wozu brauchst du dann mich, wenn du weißt, wo du ihn antriffst?«
    »Ja. Wozu? Es würde doch genügen, ein paar Schläger loszuschicken, oder? Sie könnten seine Exfrau befragen. Oder die Tochter.«
    Sagte es und wartete auf eine Reaktion Roberts. Was zwischen den Zeilen lag: Die Befragungen wären nichts anderes als Einschüchterungen, Bedrohungen. Schlimmstenfalls Folter. Gangsterkram wie aus einem schlechten B-Picture. Nagy trat heutzutage im Gewand eines Geschäftsmannes auf, aber darunter schimmerte dunkel die Natur der Bestie durch. Robert hielt sich zurück. Das war der Vorteil, wenn man massiv war, Dinge prallten einfach so ab.
    Nein, nicht wirklich. Nicht, wenn man dabei zusah, wie einem Mann der Kopf abgeschlagen wurde.
    Nagy zwinkerte fröhlich.
    »Ich schicke dich, weil ich deine Art, Probleme zu lösen, mag. Du redest, du verhandelst. Dein Wort ist dein Schwert. Die Kerle da draußen beherrschen zwar das Alphabet, aber ihre Worte haben keine Bedeutung, weil das, was sie ausmacht, in ihren Fäusten liegt. Wenn sie jemandem drohen, dann auf eine primitive Art und Weise. Was ab und an auch notwendig ist. Säbel und Entermesser, Robert. In diesem Fall will ich das Florett. Vermeide die groben Sachen und benutze deinen Verstand.«
    »Du meinst, ich kann ihn einfach mit Reden überzeugen, dir das Geld zurückzugeben. Und sich an dich auszuliefern.«
    »Betrachte es als eine Herausforderung. Ich schätze, du wirst bei den Frauen ansetzen müssen. Sie führen dich zu der Ratte, und dann …«
    Nagy bewegte die Hand, zog einen Schlussstrich.
    Robert begriff: Mikosch gehörte schon nicht mehr den Lebenden an. Irgendwo in Berlin lief ein toter Mann herum.
    »Keine Sorge, du musst dir nicht die Finger an ihm schmutzig machen. Wenn es so weit ist, übernimmt ein anderer. Du trittst einfach beiseite und schaust woanders hin.«
    Damit war klar, wen Nagy meinte. Wenn Blut floss, dann verließ sich ein Mann wie Bela Nagy immer noch auf seinen eigenen Stamm von Blutsäufern. Robert hatte vor allem von einem Mann gehört. Einem Tschetschenien-Veteran.
    Wenn Robert Nagys Top-Kurier war, dann war dieser Russe sein Top-Killer. Ein Mann, der immer dann gerufen wurde, wenn es galt, lose Enden abzuschneiden.
    Das war Mikosch jetzt. Ein loses Ende.

KAPITEL
ACHT
    In letzter Zeit waren Grischas Tage wie ausgelöscht. Er nahm keinen Raum mehr in der Welt ein. Als hätte man ihn ausgestanzt und aus dem Bild entfernt – wieso also war er immer noch hier? War er das? Nahm irgendjemand noch Notiz von ihm? Noch war er kein Geist, er plauderte durchaus noch mit den Leuten, aber ihm lag nicht mehr viel daran. Er suchte jetzt zu oft nach den letztlich immer gleichen Floskeln, einstudierter Kram, nichts davon besaß Tiefe,

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