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Das Licht des Nordens

Das Licht des Nordens

Titel: Das Licht des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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ein Sanatorium, wo ich mit so viel Drogen vollgepumpt werde, daß ich nicht mal mehr weiß. wie ich heiße, geschweige denn schreiben kann.«
    Â»Das kann er doch nicht machen.«
    Â»Doch. Er hat viel Macht und einflußreiche Freunde.«
    Â»Wohin gehen Sie?« fragte ich voller Angst um sie. Sie lehnte sich zurück und stieß eine dichte Rauchwolke aus. »Meine Großmutter hat mir ein wenig Geld hinterlassen. Es ist als Treuhandvermögen angelegt, und mein Mann kann nicht darüber verfügen. Es ist nicht viel, aber immerhin etwas. Und ich habe mein Auto und ein paar Schmuckstücke. Das alles werde ich in Geld umsetzen und nach Paris gehen. Den Schmuck werde ich nicht sonderlich vermissen, mein Auto allerdings schon.« Sie nahm noch einen Zug an ihrer Zigarette und drückte sie dann auf einem Teller auf dem Tisch aus.
    Â»Morgen fahre ich in die Stadt zurück. Ich nehme die Hauptstraße bis McKeever und dann die Moose River Road bis Port Leyden. Von dort aus kann ich auf Seitenstraßen bis Rome und dann direkt nach New York fahren. Ich möchte kein Risiko eingehen, zufällig Teddy zu begegnen. Der Wagen ist groß genug. um meine Kleider und ein paar Bücherkisten unterzubringen. Das ist alles, was ich brauche. Den Rest meiner Sachen schicke ich zu meiner Schwester. In ihrem Haus werde ich mich verstecken, bis ich den Wagen verkauft habe. Und sobald ich in Frankreich bin, bemühe ich mich um die Scheidung. Teddy wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, aber ich hoffe. ich kann ihn so wütend machen, daß er seine Meinung ändert. Noch ein paar Gedichtbände, und die Sache sollte mir gelingen.« Miss Wilcox lächelte, als sie das sagte, aber ich sah, wie die Zigarette zwischen ihren Fingern zitterte.
    Â»Tut mir leid«, sagte ich.
    Â»Was denn?«
    Â»Daß ich Sie angeschrien hab. Ich war egoistisch.«
    Sie drückte meine Hand und sagte: »Du bist alles mögliche, Mathilda Gokey, aber egoistisch bist du nicht.«
    Ein paar Minuten saßen wir schweigend da, Miss Wilcox hielt meine Hand und rauchte. Ich wollte diesen Raum nie mehr verlassen. Auch meine Lehrerin nicht. Aber ich wußte, je länger ich bliebe, desto länger hielte ich sie vom Packen ab. Und nächsten Morgen mußte sie fort sein.
    Â»Ich muß los«, sage ich schließlich. »Weaver wartet draußen auf mich. Wir müssen um sechs zurück sein. sonst kriegen wir Schwierigkeiten.«
    Â»Nun, das dürfen wir nicht zulassen, Mattie. Du brauchst deinen Lohn. Vielleicht kannst du mich eines Tages in Paris besuchen. Oder, wenn alles gut geht. kann ich über kurz oder lang wieder nach Hause kommen. Und dann essen wir auf dem Campus des Barnard zusammen zu Mittag.«
    Â»Das glaube ich nicht, Miss Wilcox«, antwortete ich, die Augen zu Boden gerichtet.
    Â»Aber warum denn nicht?«
    Â»Ich geh nicht aufs College. Ich bleibe hier.«
    Â»Mein Gott, Mattie, warum?« fragte sie und ließ meine Hand los.
    Ich brauchte eine Weile, um zu antworten. »Royal
    Loomis hat mich gebeten, ihn zu heiraten«, brachte ich schließlich heraus. »Und ich hab ja gesagt.«
    Miss Wilcox sah aus, als wäre alles Blut aus ihren Adern gewichen. »Ich verstehe«, sagte sie. Sie wollte noch mehr sagen, aber ich schnitt ihr das Wort ab.
    Â»Hier sind Ihre fünf Dollar zurück«, sagte ich und zog den Geldschein aus meiner Rocktasche. »Danke. Miss Wilcox, das war sehr großzügig, aber ich werde sie nicht brauchen.«
    Â»Nein, Mattie, das behältst du. Wenn man jung verheiratet ist, ist man oft knapp bei Kasse. Das behältst du für dich selbst und benutzt es für Papier und Stifte.«
    Â»Danke«, sagte ich, weil ich wußte, daß sie das von mir erwartete. Gleichzeitig wußte ich, daß es wahrscheinlich für Saatgut oder Hühner verwendet würde. aber niemals für Papier und Stifte.
    Â»Paß auf dich auf, Mattie«, sagte meine Lehrerin, als sie mich zur Tür brachte.
    Â»Sie auch, Miss Wilcox.«
    Als ich auf den Einspänner stieg, verabschiedete sie sich von Weaver. Sie umarmte ihn und ermahnte ihn. an der Columbia fleißig zu studieren. Sie erklärte ihm. daß sie einige Zeit in Paris verbringen werde und daß er sie dort besuchen solle. Ich drehte mich um, als wir abfuhren, und sah ihre Silhouette im Türrahmen. Sie erschien mir klein. Klein, fragil und wehrlos. So hatte sie

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